Ein Leben wie ein Märchen

Hans-Christian Hoth begeistert in Backnang mit der Biografie von Hans Christian Andersen

Ein Leben wie ein Märchen

Setzt die Biografie von Hans Christian Andersen in Szene: Hans-Christian Hoth. Foto: J. Fiedler

Von Carmen Warstat

BACKNANG. Das Gastspiel des Kabarettisten, Schauspielers und Autors Hans-Christian Hoth im Foyer des Bürgerhauses stand unter dem Titel „Andersen – ein Irrer, ein Verliebter, ein Poet“. Es wurde vom Publikum begeistert aufgenommen und mit Bravo-Rufen bedacht.

Unvergleichliche Märchen für kleine und große Leser hat der weltberühmte dänische Autor Hans Christian Andersen, der sich gern HC Andersen nannte, verfasst, darunter „Die kleine Meerjungfrau“ und „Die Prinzessin auf der Erbse“, „Die Schneekönigin“ und „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“, „Des Kaisers neue Kleider“ und „Däumelinchen“. Sein eigenes Leben hat der sensible und fantasievolle Künstler trotz aller Tragik als „ein hübsches Märchen, so reich und glücklich“ bezeichnet und seine Autobiografie passenderweise „Das Märchen meines Lebens“ genannt.

Mit diesem Zitat beginnt Hoths Solo-Aufführung, die einen Blick auf eine außergewöhnliche Vita werfen und auch einige der zauberhaften Andersen-Gedichte präsentieren wird. Zumindest der soziale Aufstieg des dänischen Autors trägt in der Tat märchenhafte Züge: 1805 in die ärmlichsten Verhältnisse hineingeboren wird Andersen aus der dänischen Provinz in die Welt hinausziehen, zum gefeierten Schriftsteller und wohlhabend werden. Hans-Christian Hoth stellt in seinem Programm zunächst das Kind eines jungen Schuhmachers und einer alkoholkranken Wäscherin vor, das die Verhältnisse, die es später beispielsweise im „Mädchen mit den Schwefelhölzern“ beschreiben wird, bestens kennt.

Hoth imaginiert mit seinem Spiel Andersens frühe Kindheitserinnerungen „wie halb vergangene Träume“. Er weiß, seinen Protagonisten frei von Larmoyanz zu zeigen und sein Publikum schon hier – etwa durch die Darstellung einer alten Wahrsagerin – zu erheitern. Dem späteren Dichter sei vom Vater schon früh aus den Geschichten aus Tausendundeiner Nacht vorgelesen worden, später habe er selbst sehr viel gelesen und sei kaum mal auf der Straße gewesen. Bücher ziehen ihn magisch an, ebenso die Welt des Theaters. Er beschließt mit 14, sich aus dem kleinen Geburtsort Odense auf der Insel Fünen in Richtung Kopenhagen aufzumachen, um am königlichen Theater Sänger, Tänzer und Schauspieler zu werden. Aber, Hans-Christian Hoth fasst sich kurz: „Andersen taugt nicht zum Schauspieler.“ Zwar „ging ich weiterhin zur Singschule“, aber die Tage dort sind gezählt und der Abschied vom Theater mit 17 folgerichtig.

In Jonas Collin, einem hohen Beamten, findet der junge Mann einen seiner Förderer und zweiten Vater, dessen Familie er zeitlebens verbunden bleibt. Einen frühen literarischen Erfolg feiert er mit dem traurigen und doch federleichten Gedicht „Das sterbende Kind“, das – von Hoths berührender Stimme sanft wie ein Hauch rezitiert – das Publikum im Foyer des Bürgerhauses tief berührt. „Einen so tiefen und vollendeten Kniefall vor der kindlichen Natur hatte noch nie ein Dichter gewagt – selbst Goethe mit seinem Gedicht ‚Der Erlkönig‘ nicht“, schreibt der Andersen-Biograf und Namensvetter Jens Andersen 2003, es sei „ein wirklich epochemachender Text“.

Einen kurzen Blick wirft Hoth auch auf Andersens (eher nicht oder kaum vorhandenes) Liebesleben. Sicher hat der Dichter sich mehrfach und intensiv verliebt, tatsächlich wohl aber nie eine Beziehung gelebt. Es ist dies Gegenstand von allerlei Spekulationen in der Andersen-Forschung, auf die der Bühnenkünstler Hans-Christian Hoth dankenswerterweise kaum eingeht. Stattdessen widmet er sich Andersens Beiträgen zur (beziehungsweise seinen Reaktionen auf die) Literaturkritik und erntet hier noch einmal den amüsierten Applaus des entzückten Publikums.

HC Andersen stirbt 1875 in Kopenhagen an Leberkrebs und hinterlässt 168 Märchen sowie etwa 1000 Gedichte. 1913 wird ihm in Kopenhagen mit der Skulptur der kleinen Meerjungfrau ein Denkmal gesetzt, das heute als Wahrzeichen der Stadt gilt. Der wichtigste internationale Kinderbuchpreis ist der Hans-Christian-Andersen-Preis, der auch als der kleine Nobelpreis bezeichnet wird.