Ein Pop-up-Store für die Ausbildung

Mit einem Stand auf der Königstraße wirbt die IHK für die Ausbildung. Wie kommt die Idee bei jungen Menschen in Stuttgart an und wie blicken sie auf ihre Zukunft?

Ein Pop-up-Store für die Ausbildung

Der Pop-up-Store der IHK mit VR-Brille und Glücksrad

Von Valentin Schwarz

Stuttgart - Amina Mangs erster Eindruck von Stuttgart ist ein ungewöhnlicher. „Ich mag, dass es hier so ruhig ist“, sagt die 19-Jährige über die Stadt des Autolärms und der Dauerbaustellen. Mang ist im Trubel von Berlin aufgewachsen – im Vergleich wirkt selbst Stuttgart wie ein beschauliches Fleckchen. Allerdings eines, in dem Mang gute Zukunftsaussichten sieht. „Hier gibt es viele Unternehmen, viel Industrie.“

Deshalb will sie nun nach Stuttgart ziehen und eine Ausbildung beginnen. Bei einem Vorab-Besuch macht sie an einem Pop-Up-Store der Industrie- und Handelskammer (IHK) auf der Königstraße Halt, direkt neben dem Schlossgarten. Dort erhalten Jugendliche und junge Erwachsene bis zum 31. Juli täglich von 10 bis 18 Uhr Beratung rund um das Thema Ausbildung: Welche Berufe gibt es? Wie bewerbe ich mich? Sind aktuell noch Plätze frei? Als Stuttgart-Neuling ist das für Amina Mang genau das Richtige.

Sie hat den Container auf der Königstraße gezielt angesteuert. Der Pop-up-Ansatz richte sich aber auch an Laufkundschaft, sagt IHK-Beraterin Maike Fleischer, die den Store leitet. „Wir wollen da sein, wo die Jugendlichen sind.“ Deutschlandweit haben Betriebe seit Jahren große Probleme, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Stuttgart bildet absolut keine Ausnahme. Maike Fleischer und ihr Team arbeiten deshalb daran, junge Menschen für diese Form des Berufseinstiegs zu begeistern.

Um das Ganze aufzulockern, ist vor dem Container ein Berufe-Glücksrad als Eisbrecher aufgebaut. Außerdem können die Jugendlichen mithilfe einer VR-Brille einer Fachinformatikerin oder einem Kaufmann über die Schulter schauen. Für die harten Fakten stehen Beraterinnen und Berater der IHK sowie der Agentur für Arbeit parat.

Bei Marlen Strobel und Victoria Walz kommt das Konzept gut an. Die beiden 17-Jährigen aus Kirchheim unter Teck wollen sich zeitnah auf einen Ausbildungsplatz bewerben und sind bei einem Besuch in Stuttgart an dem Stand hängengeblieben. „Das ist ein guter Ort, weil man hier immer vorbeiläuft“, sagt Marlen Strobel über die Lage auf der Königstraße. Und Victoria Walz fügt hinzu: „So etwas ist interessanter als Berufsberatung in der Schule.“ Eingeholt haben sich die beiden einen allgemeinen Überblick, in welche Richtung es für sie gehen soll, wissen sie noch nicht.

Das ist bei Amina Abdulaahi und Melina Mai anders. An dem Berufsrad des Pop-up-Stores drehen sie nur, um zu sehen, ob der Zufallstreffer mit ihrer tatsächlichen Wahl übereinstimmt. Schließlich haben die 23-jährige Verwaltungsfachangestellte Abdulaahi und die 24-jährige Speditionskauffrau Mai bereits eine Ausbildung hinter sich – und blicken inzwischen skeptisch auf die Arbeitswelt. Zwar sagt Mai: „Finden kann man in unseren Berufen in der Region immer etwas.“ Allerdings kritisiert sie, dass häufig eine Lücke zwischen Versprechen und Wirklichkeit klaffe. Ein Beispiel: „Viele Arbeitgeber werben mit Gleitzeit.“ Aber wenn sie durch interne Strukturen praktisch trotzdem dazu gezwungen sei, bis 17 Uhr im Büro zu bleiben – obwohl sie gerne schon um 8 Uhr anfange –, dann bringe ihr das nichts.

Abdulaahi ergänzt, dass es ihr vor allem auf die Work-Life-Balance ankomme. Deshalb mache es ihr „schon Angst“, dass Friedrich Merz den Acht-Stunden-Tag auflösen wolle. Das Vorurteil der faulen Jugend lässt Mai nicht gelten. Denn: „Unsere Eltern konnten nach 20 oder 30 Jahren im Berufsleben ein Haus abbezahlen, obwohl nur ein Elternteil gearbeitet hat.“ Das sei heute für die meisten nur ein Wunschtraum. Deshalb wundere es sie nicht, wenn sich junge Menschen stärker auf das Leben außerhalb der Arbeit konzentrieren wollen.