Der CO2-Preis gilt als wichtiges Instrument für den Klimaschutz. Ab 2027 könnten deshalb die Kosten für Gas und Öl steigen. Politiker fordern eine soziale Abfederung.
Wer die Umwelt mit seinem CO2-Ausstoß belastet wird schon jetzt zur Kasse gebeten. Ab 2027 gilt das auch für den Autoverkehr und das Heizen.
Von Knut Krohn
Im Kampf gegen den Klimawandel erlahmen in Europa die Kräfte. Selbst deutliche Warnungen wie im Bericht der Europäischen Umweltagentur (EEA), der am Montag veröffentlich wurde, werden immer häufiger in den Wind geschlagen. In dem Papier steht, dass zunehmend hohe Emissionen und Luftverschmutzung die Umwelt weiter schwer belasten. Von einer besorgniserregenden Entwicklung ist die Rede.
Europa hat eine historische Verantwortung
Peter Liese platzt angesichts solcher Meldungen der Kragen. „Wir haben in diesen Tagen eine historische Verantwortung, was den weltweiten Klimaschutz angeht“, betont der umweltpolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament mit Blick auf Europa. Was den CDU-Politiker bestürzt ist, dass inzwischen sogar China konkrete Klimaziele vorlegen kann, doch innerhalb der EU die Bestrebungen in vielen Mitgliedstaaten stärker werden, die Vorgaben für den Umweltschutz aufzuweichen.
Als eines der wichtigsten Instrumente im Kampf gegen den Klimawandel sieht Peter Liese den Emissionshandel (ETS1), ein marktwirtschaftliches Instrument zur CO2-Bepreisung. Vereinfacht gesagt muss jeder, der CO2 ausstößt, dafür eine Berechtigung kaufen, ein sogenanntes Zertifikat. Deren Zahl soll mit den Jahren sinken, was ihren Preis nach oben treibt. Die Idee dahinter: Klimaschädliches Verhalten soll auf diese Weise unattraktiv gemacht werden. Klimaschonende Technologien wie E-Auto und Wärmepumpe werden im Vergleich günstiger.
Der Emissionshandel ist ein bekanntes Instrument
Der CO2-Preis ist kein neues Instrument. In Deutschland gilt er seit 2021. Bislang ist der Preis allerdings festgesetzt und nicht dem Emissionshandel unterworfen. Auf europäischer Ebene gibt es den Emissionshandel bereits seit 2005 für Kraftwerke, Industrieanlagen und den Luftverkehr.
Ab dem 1. Januar 2027 steht nun eine Veränderung an, die unmittelbare Konsequenzen für die Verbraucher haben dürfte. Ab diesem Zeitpunkt soll der europäische Emissionshandel als ETS2 auch auf die Sektoren Verkehr und Gebäude ausgeweitet werden. Das bedeutet auch, dass der CO2-Preis nicht mehr festgelegt ist, sondern sich am Markt frei bildet. Eine Sache ist dabei nach Meinung der meisten Experten klar: Langfristig dürfte der CO2-Preis höher liegen als heute. Das hätte zur Folge, dass Tanken und Heizen mit fossilen Brennstoffen teurer werden.
In den EU-Staaten regt sich Widerstand
Doch in den EU-Mitgliedsländern regt sich Widerstand. Denn die Politik befürchtet, dass sich viele Haushalte die zu erwartenden Preisaufschläge für Öl und Gas nicht leisten können – und gleichzeitig kein Geld haben, sich ein Elektroauto oder eine Wärmepumpe zu installieren. In ihren Augen könnte sich der ETS2 zu einer Art Konjunkturprogramm für Populisten entwickeln. Aus diesem Grund soll die Maßnahme zusätzlich eine starke soziale Komponente enthalten. Das heißt, dass die Verbraucher von den Einnahmen aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten direkt profitieren.
Das dürfe aber nicht nach dem Gießkannenprinzip geschehen, warnt Peter Liese. „Menschen mit mittlerem oder niedrigem Einkommen müssen deutlich stärker von der Förderung profitieren als in der Vergangenheit“, fordert der CDU-Politiker“, zum Beispiel durch gezielte Unterstützung von Leasing für bezahlbare Elektroautos.“ Rückhalt für diese Position bekommt er aus der eigenen Partei. Dennis Radtke, sozialpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion und CDA-Chef unterstreicht, dass etwa energetische Sanierungen eines Hauses nicht auf dem Rücken der Mieter ausgetragen werden dürften. „Daher müssen die Einnahmen aus dem Europäischen Emissionshandelssystem sozial gerecht verteilt werden“, sagt Radtke.
Die Haushalte müssen entlastet werden
Beide CDU-Politiker sind der Überzeugung, dass schon jetzt über die zu erwartenden Preissteigerungen geredet werden müsse. Sonst bestehe die Gefahr, dass Populisten das Thema aufgreifen und damit auch dem Klimaschutz schaden würden. Aber sie wissen auch, dass Reden allein nicht genügen dürfte. Aus diesem Grund wirbt Peter Liese für das sogenannte Frontloading. „Die Europäische Kommission muss mithilfe der Europäischen Investitionsbank einen Mechanismus etablieren, damit die Staaten ihre zukünftigen Einnahmen jetzt schon nutzen können“, erklärt der Umweltpolitiker. So könnten sich auch finanziell schwächere Haushalte über eine gezielte Förderung schon jetzt mit umweltfreundlichen Alternativen wie Wärmepumpen auf die steigenden Kosten vorbereiten. Denn die Vergangenheit habe gezeigt, dass über Erfolg oder Misserfolg einer Maßnahme oft der Geldbeutel entscheide.