Ein Verlust für Tiere in Not

Die Tierrettung Rems-Murr hat nach dem Tod der Gründerin die Aktivität eingestellt. Für den örtlichen Tierschutzverein bedeutet das vermehrte Einsätze. Vor allem die Koordination der vielen Akteure geht damit verloren.

Ein Verlust für Tiere in Not

In dem ersten Jahr ihrer Aktivität hat die Tierrettung Rems-Murr eigenen Angaben zufolge 594 Einsätze absolviert. Unter anderem kümmerten sich die Ehrenamtlichen um eine frei laufende Ziege, Vogelnestlinge und Waschbärenjunge. Fotos: Tierrettung Rems-Murr

Von Lorena Greppo

BACKNANG. Als im Juni 2018 der Verein Tierrettung Rems-Murr gegründet wurde, war die Resonanz groß und durchweg positiv. Innerhalb weniger Tage fanden sich über einen Facebook-Aufruf Hunderte Unterstützer, die Seite im sozialen Netzwerk hatte bald mehr als 1000 Likes und im ersten Jahr verzeichnete die Tierrettung bereits 594 Einsätze. Seit die Initiatorin jedoch im Juli 2019 verstarb, ist es ruhig geworden um den Verein. „Auf den Verein bezogen stehen wir vor einem Scherbenhaufen und es wird ein paar Monate dauern, alles neu zu strukturieren“, hieß es kurz darauf auf der Facebook-Seite. Man werde sich jedoch weiter einbringen und nach Möglichkeit auch Einsätze fahren – das Tierwohl liege den Mitgliedern schließlich am Herzen. Auf eine kürzlich gestellte Nachfrage, ob denn der Verein nun aufgelöst sei, kam die Antwort: „Es wurde immer noch kein Nachlassverwalter beauftragt.“ Ein Mitglied bestätigt aber auf Anfrage: „Der Verein ist tot.“ Nur offiziell aufgelöst sei er noch nicht. Zwar bestehe die Möglichkeit einer Neugründung, aber die verbliebenen Mitglieder seien „etwas verbittert“.

Jan Franke, Einsatzleiter der Tierrettung Unterland, hatte die Gründung des Vereins im Rems-Murr-Kreis ursprünglich angeregt – aus dem einfachen Grund, dass dort diesbezüglich noch eine Lücke klaffte. „Ich habe aktiv nach jemandem gesucht, der im Rems-Murr-Kreis etwas zum Wohl der Tiere aufbauen will.“ Denn auch wenn die Tierrettung Unterland grundsätzlich auch die westlichen und nördlichen Gemeinden des Rems-Murr-Kreises abdeckt, ist das in der Praxis nur schwer umsetzbar. „Wir sind dort nicht wirklich gut aufgestellt, wir haben nur ein Mitglied in Aspach“, erklärt Franke. Die räumliche Entfernung mache die Einsätze dahingehend schwierig, dass die Tierretter oft mehr als eine halbe Stunde für die Anfahrt brauchen. In Notfällen sei das einfach zu viel. In diesem Jahr habe man daher im Kreis nur drei Einsätze gehabt.

Beim Tierheim kommen nun deutlich mehr Anrufe an.

Dass sich die Tierrettung Rems-Murr gründete, war für Franke daher anfangs eine frohe Kunde. „Ich habe ihnen alles an Wissen zur Verfügung gestellt, das ich durch mein Engagement hatte.“ Nur hätte die Verantwortliche einfach zu schnell zu viel gewollt und anstatt einer fruchtbaren Zusammenarbeit ihre Vorstellungen durchgesetzt. Auch innerhalb des neu gegründeten Vereins hatte dies schnell zu Verwerfungen geführt (wir berichteten). Die Tierrettung Unterland mit Sitz in Neckarsulm gibt es seit fünf Jahren, sie verfügt über drei Einsatzautos, zwei Anhänger und ein Boot und ist in sieben Landkreisen im Einsatz. Viele Mitglieder sind ausgebildete Tierrettungssanitäter. Jan Franke weiß, wie viel Arbeit es braucht, damit solche Strukturen geschaffen werden. „Das geht einfach nicht in einem Vierteljahr“, sagt er im Hinblick auf die Ambitionen im Rems-Murr-Kreis. Zudem müsse klar zwischen Tierrettung und Tierschutzverein getrennt werden: „Da kann man nicht einfach die Kätzchen privat bei Mitgliedern unterbringen.“ Er sei jederzeit bereit, unterstützend anzupacken, wenn es neue Bemühungen um eine Tierrettung im Rems-Murr-Kreis gebe, sagt Franke. Aber nachdem der erste Anlauf ein „Griff ins Klo“ war, mache er selbst keine Anstalten, dies anzuregen.

Auch für den Tierschutzverein Backnang und Umgebung ist die Entwicklung, die die Tierrettung Rems-Murr genommen hat, bedauerlich. Durch den Einsatz der Tierretter sei der Tierschutzverein deutlich entlastet worden, auch habe die Zusammenarbeit in der Regel sehr gut funktioniert, erzählt Tierheimleiterin Marion Bentrup. Seit die Tierrettung Rems-Murr ihre Aktivität eingestellt hat, verzeichne man wieder eine Zunahme an Einsätzen, „vor allem bei verletzten Wildtieren, Jungvögeln, aber auch beim Einfangen von gefundenen, zugelaufenen oder verletzten Katzen und Kleintieren“. Genaue Zahlen würden nicht erhoben, doch „im Sommer kommen viele Anrufe wegen Igel, Jungvögeln oder auch verletzter Wildvögel, welche dringend Hilfe benötigen“.

Was tut man am besten, wenn man ein herrenloses Tier, möglicherweise noch verletzt, auffindet? Weil je nach Fall eine Vielzahl von Akteuren involviert sind, ist für den Laien nicht auf Anhieb zu erkennen, wer in welchen Fall zuständig ist. Der Tierschutzverein Backnang hat auf seiner Website die richtigen Anlaufstellen für die verschiedenen Fälle gesammelt (Übersicht in der Infobox). Allerdings ist auch Bentrup nicht in allen Fällen sicher, wer zu verständigen ist: „Bei Wildtieren ist die Zuständigkeit meines Wissens leider nicht wirklich geregelt.“ Ansonsten sei der Tierschutzverein, beziehungsweise das Tierheim, dann der richtige Ansprechpartner, wenn es sich um gefundene, nicht verletzte Haustiere wie Hund, Katze, kleine Heimtiere (Kaninchen und Co.) handelt und wenn diese vom Finder ins Tierheim gebracht werden können. Ist das nicht der Fall, könne man bei der entsprechenden Kommune um Hilfe bitten: „Die Gemeinden sind innerhalb ihrer Arbeitszeiten für aufgefundene Tiere zuständig sowie deren Transport ins Tierheim und bei verletzten Tieren zum Tierarzt. Außerhalb der Gemeindezeiten ist die Polizei zuständig“, erklärt die Tierheimleiterin.

Ein Verlust für Tiere in Not

Ein Verlust für Tiere in Not

Wichtige Telefonnummern für die Tierrettung

Unter der Notrufnummer 112 erreicht man die zentrale Leitstelle für Polizei, Notarzt und Feuerwehr. Von dieser Nummer sollte man nur in ernsthaften und dringlichen Notsituationen Gebrauch machen – etwa bei Wildunfällen.

Rund um die Uhr ist zudem das Polizeirevier Backnang unter der Telefonnummer 07191/909-0 zu erreichen. Je nach Kommune ist womöglich ein anderer Polizeiposten zuständig. Die Beamten sollten beispielsweise bei verletzten Fundtieren in Kenntnis gesetzt werden.

Der Tierschutzverein Backnang und Umgebung ist tagsüber unter 07193/6585 erreichbar. Bei unverletzten Fundtieren können die Verantwortlichen weiterhelfen.

Bei einem Tiernotfall im Haushalt erhält man über die tierärztliche Notfallrufnummer 0700/08437668 Rat.

Ebenfalls rund um die Uhr erreichbar ist die Tierklinik Dr. Roland Erath in Leutenbach unter 07195/8407.

In die Gemeinde im westlichen und nördlichen Rems-Murr-Kreis rückt auch die Tierrettung Unterland aus. Diese ist unter 07132/8599719 zu erreichen.

Bei Verstößen gegen das Tierschutzgesetz ist das Veterinäramt zuständig. Dieses ist erreichbar unter 07191/8954062.