Eine Bühne der Lebensfreude

Das elfte Marienplatzfest ist vier Tage lang mit Live-Musik und Kultur- und Kreativprogramm für Kinder wieder ein Magnet für Tausende.

Eine Bühne der Lebensfreude

„Das Fest wird uns guttun“, sagt Reiner Bocka vom Organisationsteam.

Von Heidemarie A. Hechtel

Stuttgart - So muss man dieses ereignisreiche Stuttgarter Wochenende genießen: Die unternehmungslustige Dame aus Leonberg macht es vor. „Wollen Sie auch zum Marienplatz?“, fragt sie beim Umsteigen am Charlottenplatz. Und plaudert munter weiter. Dass sie schon beim Festival der Kulturen am Marktplatz war, sich dann auf dem Fischmarkt mit Lachs gestärkt hat und jetzt das Marienplatzfest nicht versäumen will. Da kommt schon der 14er und entlässt nach drei Stationen den nächsten Schub an Festbesuchern an die Oberfläche. Vier Tage lang ist das Rondell im Süden der Stadt wieder eine Bühne der Lebensfreude. Mit Kultur- und großem Kreativprogramm für die Kinder. In der urbanen Kulisse schöner alter Fassaden. Für die Nachtruhe der Bewohner sorgt zu später Stunde die Silent Disco mit Kopfhörern und dem Beat von Rock und Pop auf die Ohren.

„Dieses Fest wird uns, der Stuttgarter Gesellschaft und allen, die mitfeiern, gut tun“, schreiben Reiner Bocka und sein Marienplatzfest-Team im Vorwort ihrer Programmbroschüre. Und sagen auch deutlich, warum ihnen diese Einladung so wichtig ist: Weil nicht nur Umweltkatastrophen, Kriege, Hungersnöte und Vertreibungen den Alltag verdüstern, sondern auch „extreme Ansichten Teil unserer Gesellschaft geworden sind“. Dagegen setzen sie einen Appell: „Zeigt miteinander, dass die Welt ein guter Platz für alle sein kann.“ Nachhaltig und umweltbewusst. Das ist ganz im Sinne von Esky Bail, der Stuttgarter Künstlerin, die mit ihrer Freundin Petra gekommen ist und die Atmosphäre „wunderbar“ findet: „Mich begeistern die vielen jungen Leute hier.“

Sie sitzen auf den Stufen, sie hocken auf den Sitzinseln aus Paletten, gedrängt, aber ohne zu drängeln, oder sie lassen sich einfach auf dem Boden nieder. Jeshim und Umut, die Freundinnen aus Böblingen, schlürfen einen giftgrünen Drink. „Das ist ein Matcha“, erklären sie. Grüner Tee, mit pürierter Mango aufgepeppt, als Drink des Sommers angesagt. Christian, Florian und Simon, ein Trio aus Heslach, bleiben mit ihrem Radler-Bier bodenständig.

Auf 300 000 Euro beziffert Reiner Bocka, der Wirt vom Café Galao, der dieses Fest 2012 erfunden hat und zum elften Mal veranstaltet, den nötigen Etat: „Für die ganze Technik, Möblierung, Mitarbeiter wie Aufbauhelfer und 200 Leute an den Bars“. Nachdem ein Defizit nach Corona beinahe das Aus gebracht hätte, fördert jetzt die Stadt zu 75 Prozent die Gagen der Bands. Das seien etwa 65 000 Euro. Und der Rest? „Der finanziert sich über den Getränkeverkauf“ erklärt Bocka und macht damit deutlich, warum es unfair ist, wenn sich Besucher vorher im nahen Supermarkt mit Getränken eindecken. „Wir verlangen keinen Eintritt. Und haben moderate Getränkepreise.“