Eine Zeit zwischen Hoffen und Bangen

Robin Schmetzer bekommt eine Stammzelltherapie in Thailand und stellt nach der Rückkehr immer wieder Fortschritte fest

Robin Schmetzer aus Weissach im Tal hat eine Stammzelltherapie in Thailand bekommen. Der Unterweissacher, der an der unheilbaren Krankheit Spinozerebelläre Ataxie Typ 2 (SCA Typ 2) leidet, ist mittlerweile wieder zurück. „Mir geht es gut, besser als vorher“, sagt der 18-Jährige. Die Therapie ist allerdings nur ein Schritt auf einem langen Weg, auf dem es um kleine Erfolge und die Beseitigung von Erschwernissen geht.

Eine Zeit zwischen Hoffen und Bangen

Er hat eine harte Zeit hinter sich, aber es scheint, sich gelohnt zu haben: Der an einer unheilbaren Krankheit leidende Robin. Foto: A. Becher

Von Ingrid Knack

WEISSACH IM TAL. Auf der Suche, wer Robin helfen könnte, stieß Robins Familie über eine Facebook-Gruppe auf Beike Biotechnology. Für Robin war die einzige Hoffnung auf mehr Lebenszeit eine Stammzelltherapie, die in Bangkok bei Beike Biotechnology möglich gemacht wird. Die Familie versprach sich davon, den Verlauf der Krankheit ein wenig aufhalten zu können. So wie dies bei anderen in Thailand behandelten Patienten passiert ist, mit denen sie in Kontakt getreten war. Auch deren Zustand war zuvor zunehmend schlechter geworden. Verantwortlich dafür ist der ständige Verlust von Nervenzellen im Gehirn/Rückenmark. Ziel der Therapie ist es, das Absterben der Nerven zu stoppen. Und zwar mit Stammzellen. Kombiniert wird das Ganze mit funktioneller Medizin und Rehabilitation. Um unterstützende Therapien wie Physiotherapie, Ergotherapie oder transkranielle Magnetstimulation anbieten zu können, kooperiert Beike Biotechnology mit dem Better Being Hospital (BBH) in Bangkok.

Mit seinen Eltern flog Robin Anfang August nach Thailand. Ohne sie hätte er den zwölfstündigen Flug und all die Reisestrapazen nicht bewältigen können. Am Flughafen in Bangkok wurden sie vom Klinikpersonal abgeholt, das auch einen Rollstuhl dabei hatte. Untergebracht war die Familie in einem Apartment, das zehn Minuten von der Klinik entfernt liegt. Morgens wurden die Schmetzers mit dem Bus abgeholt und abends wieder zurückgefahren.

„Wir sind mit offenen Armen empfangen worden. Es ist kein Vergleich zu Deutschland. Wir sind rund um die Uhr betreut worden. Die medizinische Versorgung ist eins A“, erzählt Robins Mutter Sabrina Clauss-Schmetzer. Und sie sagt: „Sie haben Robin behandelt wie einen König.“

Dass die Menschen in Thailand „sehr freundlich und vor allem hilfsbereit“ sind, gab Robin ein gutes Gefühl. Auch wenn er jeden Tag erschöpft war. Dann bekam der an einer unheilbaren Krankheit leidende Patient seine erste Stammzellbehandlung übers Rückenmark. Dies ging nicht ohne Nebenwirkungen ab. Starke Kopfschmerzen stellten sich ein, und der 18-Jährige zitterte heftig. Sein behandelnder Arzt beruhigte ihn. Das sei normal. Erstverschlimmerung nennt man das. Dreimal musste Robin über Nacht in der Klinik bleiben.

„Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass es besser wird“

„Sitzen fast nur in unserem Appartement und in der Klinik, das geht einem echt an die Nerven“, postete Robin eines Tages in Facebook. „Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass es besser wird. Aber Zweifel sind leider auch immer wieder bei mir da. Ich geb’ hier echt alles. Auch wenn es manchmal echt heftig anstrengend ist, denn ich will endlich, dass es besser wird. Die Therapien sonst hier helfen wirklich gut.“ Vor allem die Physiotherapie hebt er hervor. Aber auch Ergotherapie, Logopädie, Magnetfeldtherapie, Aquatherapie, Ernährungstherapie und Akupunktur stehen auf dem Behandlungsplan. Die Schmetzers machten während der rund vier Wochen eine schwere Zeit zwischen Hoffen und Bangen durch. „Nach einer Woche fragten wir uns: Ist das richtig, was wir da tun?“, so Robins Mutter. Doch Patienten aus Ländern wie Kuwait, Brasilien, Portugal, Polen, Südafrika und England vertrauten wie die Schmetzers den Ärzten in Thailand. Das gab Mut.

Messbare, positive Ergebnisse

nach 25 Tagen

Was die Stammzellbehandlungen gebracht haben, konnte Robin noch nicht sagen, als er Anfang September vor der Heimreise stand. Dreimal hatte er über eine Vene, fünfmal übers Rückenmark Stammzellen von einem Menschen aus China erhalten – jedes Mal verbunden mit einer Vollnarkose. Doch seine Eltern fanden, dass er schon sicherer gehe als früher. In punkto Zittern hat sich allerdings merklich nichts getan. Ein Arzt indes versicherte, dass es dauere, bis die Stammzellen „ihren Platz gefunden“ hätten – ein Prozess, der sich bis zu neun Monaten hinziehen könne.

Eine Geduldsprobe. „Bin wohl einfach ein bisschen ungeduldig. Naja, morgen fliegen wir wieder nach Hause und ich freue mich sehr auf meine Geschwister...“, postete Robin vor dem Abflug. Aber da waren auch die positiven Zahlen. Zu Beginn und am Ende der Therapie gab es Messungen. Nach 25 Tagen in der Hand der Ärzte und Therapeuten haben sich Robins Gang und sein Gleichgewichtsgefühl um 20,6 Prozent verbessert, die Kraft um 30,2 Prozent und die Stimme um 17,7 Prozent.

Daheim angekommen ließ Robin alle, die mit ihm bangten und noch bangen, wissen: „Mir geht es auch wirklich besser. Mein Gleichgewicht ist irgendwie sicherer geworden. Leider ist mein Zittern aber immer noch nach wie vor da, aber trotz allem fühle ich mich gut.“ Seine Mutter freut sich: „Robin kann wieder alleine essen und einen Becher halten, ohne dass er etwas verschüttet.“

Nach nur vier freien Tagen ging Robin gleich wieder arbeiten. Er absolviert gerade eine Ausbildung als Industriemechaniker in einem Sulzbacher Betrieb. Und dann gelang ihm etwas, was er schon lange nicht mehr konnte: Er schaffte es, einen Faden in eine Nähnadel einzufädeln und eine Hose zu flicken. „Mir sind die Tränen runtergelaufen“, sagt Sabrina Clauss-Schmetzer. Vor dem Aufenthalt in Asien habe ihre Sohn „extrem Hilfe gebraucht.“ Nun werde es Woche für Woche besser.

Ein Facebookpost Robins vier Wochen nach der Therapie hört sich so an: „Es sind nun vier Wochen vergangen, seit ich wieder von Bangkok zurück bin, und ich muss echt sagen, mein Zustand hat sich deutlich verbessert. Mein Gleichgewicht und das Laufen sowie das Zittern ist viel besser als noch vor acht Wochen. Am Anfang in Bangkok hatte ich so meine Zweifel, aber jetzt bin ich und auch meine ganze Familie vollkommen überzeugt, dass es das Beste war, was mir passieren konnte (...) Ich bin sehr glücklich und dankbar, dass mich so viele Menschen unterstützt haben und mir ein besseres Lebensgefühl dadurch geschenkt haben. Auch wenn ich weiß, dass diese Krankheit voranschreitet und die Ärzte in Bangkok mich gerne in zwei Jahren wiedersehen möchten, um die Therapie zu wiederholen, damit mein Zustand möglichst gleich bleibt. Trotz allem werde ich mein Leben jetzt, so gut es geht, genießen und lasse die Krankheit nicht mein Leben bestimmen.“