Eine Zugmaschine kehrt heim

Martin Tasche schenkt der Stadt Backnang sein Kaelble-Fahrzeug  –  Jede freie Minute hat er in die Restauration gesteckt

Ein wahres Highlight war im Technikforum geboten, als Martin Tasche mit seiner Kaelble-Zugmaschine vorfuhr. Das rot lackierte Prachtstück ist einst auf einem Schrottplatz in Hannover gelandet, wo Tasche sie fand und in der Folge liebevoll restaurierte. Nun schenkte er sie der Stadt Backnang.

Eine Zugmaschine kehrt heim

Bei ihrer Ankunft zog die signalrot lackierte K632ZB15 Zugmaschine alle Blicke auf sich.Fotos: A. Becher

Von Renate Schweizer

BACKNANG. Sie ist groß und entschieden stämmig. Ihre 270 PS ziehen im ersten Gang auf der Ebene 325 Tonnen und auf Steigungsstrecken immer noch 115 Tonnen. Über ihr eigenes Gewicht spricht keiner, vermutlich bringt sie ganz schön Pfunde auf die Waage. Und doch hat sie etwas entschieden Goldiges mit ihren großen Kullerscheinwerfern, wie ein überdimensioniertes Kinderspielzeug – man kann sie lieben, man muss sie geradezu lieben und sie kommt zurück nach Backnang um zu bleiben. Wer sie ist? „Meine Kaelble“ nennt Martin Tasche sie zärtlich, ihr voller Name lautet Kaelble–DB–Zugmaschine K 632 ZB 15.

87 Exemplare dieses Fahrzeugs hat die Firma Kaelble hergestellt, die Maschine war die vorletzte der Baureihe und erblickte 1971 das Licht der Backnanger Fertigungshalle. Jahre schwerer Arbeit bei der Deutschen Bundesbahn in Hannover folgten. 1984 wurde sie dort nicht mehr gebraucht. 1986 fand Martin Tasche sie auf dem Schrottplatz, bereit zur Ausschlachtung – funktionstüchtige
Kaelblemotoren waren immer noch im Schiffsbau begehrt. Sieben Jahre lang hat er jede freie Minute in „seine Kaelble“ investiert, erzählt er vergnügt, „da musste die Frau allein in den Urlaub fahren“. Aber am Ende, als es ans Lackieren ging, kam Frau Tasche wieder ins Spiel: „In dieser Farbe will ich die nicht“, kommentierte sie das Bundesbahngraugrün der Zugmaschine, „mach sie rot!“ Und er machte sie rot, leuchtend indisch-rot, ein echter Knaller.

Und nun verschenkt er sie an die Stadt Backnang. In der alten Produktionshalle des Technikforums drängen sich Kaelble-Veteranen, Technikfreunde, Heimat-und-Kunstvereinsmitglieder, Fördervereinsmenschen, Technikforumsehrenamtler und sonst Interessierte um das Prachtstück. Geradezu feierlich wird die Stimmung, als der Original-Kaelble-Namenszug auf der Kühlerhaube – die nicht nach vorne sondern nach rechts und links seitlich geöffnet werden kann – angebracht wird. „Die Ersatzteile müssen wir tatsächlich verstecken“ erzählt Kulturpädagogin Antje Huber, die Technikforumbeauftragte der Stadt Backnang. „Es gibt eine deutschlandweite Kaelble-Fangemeinde, die sammeln alles: Originalarbeitskleidung, Werkzeug, sogar Putzlappen, wenn nur Kaelble draufsteht.“ Sie sucht noch einen Paten für die Zugmaschine, der sich um sie kümmert, sie pflegt und liebt – schließlich hat sie dem edlen Spender gerade öffentlich versprochen, dass sein Baby in Backnang in guten Händen und bestens versorgt sein wird. Martin Tasche überreicht dem strahlenden Ersten Bürgermeister Siegfried Janocha den vergilbten Fahrzeugbrief, das Ersatzteilbuch (ein dicker, akribisch geführter Ordner) und die Betriebserlaubnis. „Sieben Jahre Zeit haben Sie da reingesteckt“ brummt da einer, anerkennend und womöglich ein winziges Bisschen neidisch, „und wieviel Geld hat es Sie gekostet, so ungefähr?“ „Das will ich gar nicht wissen“ erklärt Tasche rundheraus. „Sonst wird nämlich meine Frau verrückt. Das darf nicht passieren.“

Antje Huber, die sich schon lange so eine Zugmaschine für Backnang gewünscht hat, weiß trotzdem, was die Kaelble auf dem freien Markt in etwa gekostet hätte: zwischen 45000 und 50000 Euro. „Das hätten wir uns nie leisten können. Und jetzt kriegen wir sie einfach geschenkt.“

Eine Zugmaschine kehrt heim

Martin Tasche hat die Zugmaschine restauriert und führte sie den Besuchern vor.

Info

Wer die K 632 ZB 15 und jede Menge andere Exponate (auch aus Gerberei, Spinnerei, Funk- und Satellitentechnik) sehen und womöglich anfassen möchte, kann das zu den Öffnungszeiten des Technikforums tun: Sonntag 14 bis 17 Uhr und Dienstag 9 bis 12 Uhr. Eintritt ist frei und Teile klauen streng verboten. Schulklassen sind zu (kostenlosen) Sonderführungen eingeladen, Terminvereinbarung
unter 07191/894-452.