Einschulung: Viele Schulen verbieten Fotos

Schulleitungen im Rems-Murr-Kreis: Gefahr sei zu groß, dass Bilder fremder Kinder im Internet landen – Eltern werden über Datenschutz informiert

Einschulung: Viele Schulen verbieten Fotos

Schulen reagieren seit dem Start der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im vergangenen Jahr aus Angst vor Datenschutzklagen immer öfter mit generellen Foto- und Filmverboten. Symbolfoto: stock-adobe/Marco2811

Von Celine Dieterich

WAIBLINGEN. Seit der neuen europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sind viele Schulen unsicher, ob auf Einschulungsfeiern noch Fotos gemacht werden dürfen. Dabei gilt die DSGVO hier gar nicht zwangsläufig. Viele Grundschulen im Rems-Murr-Kreis verbieten den Eltern dennoch grundsätzlich das Fotografieren. Das Kultusministerium hingegen appelliert an Eltern und Schulen, „miteinander zu sprechen“.

Der Ernst des Lebens beginnt mit sechs. Dann nämlich wird der Schulranzen gepackt, die Schultüte überreicht, und die ganze Familie fährt gemeinsam zur Schule. Nicht nur für Kinder ist der Einschulungstag ein wichtiges Ereignis in ihrem Leben, sondern auch bei dem einen oder anderen Elternteil fließt eine Träne, wenn das kleine Baby auf einmal groß genug ist, um in die Schule zu gehen. Da wird man auch gerne mal nostalgisch und schaut sich die Bilder von der eigenen Einschulung an. Dies wird allerdings bald nicht mehr möglich sein. Seit der neuen Datenschutzverordnung gibt es bei den Schulen im Rems-Murr-Kreis eine große Verunsicherung, was und vor allem wer noch fotografiert werden darf. In manchen Ländern wie zum Beispiel Sachsen-Anhalt gibt es deshalb schon an vielen Schulen ein Fotografierverbot. Vom Bildungsministerium des Landes Baden-Württemberg gibt es generell kein offizielles Bilderverbot. Ministeriumssprecher Fabian Schmidt betont, dass dies immer noch eine Hausrechtsfrage ist. Das heißt, dass jede Schule selbst entscheiden muss, ob das Fotografieren erlaubt ist. Zudem ist klar, dass jeder ein Recht auf das eigene Bild hat. Dies wird im Rems-Murr-Kreis ganz unterschiedlich gehandhabt. Die meisten Grundschulen verbieten es aber. So zum Beispiel die Wolfgang-Zacher- Schule in Waiblingen: Matthias Kleinert begründet: „Ich weiß nicht, ob andere Kinder darauf sind und wie weit jemand reinzoomt.“ Dafür macht die Schule ein gemeinsames Gruppenfoto von den Kindern, bei denen die Eltern eine Einverständniserklärung abgegeben haben. Das Problem ist vor allem, dass die Eltern die Bilder schnell auf Instagram oder allgemein ins Internet stellen.

Allerdings ist nicht nur aus mutmaßlichen Datenschutzgründen das Bildermachen an vielen Schulen verboten. So erklärt Renate Hartmann, dass auch viele Eltern nicht möchten, dass Bilder gemacht werden. Vergangenes Jahr habe es an der Salier-Grundschule in Waiblingen, an der sie Schulleiterin ist, einen „großen Aufschrei“ gegeben, weshalb die Eltern nun ein generelles Verbot wollen. Renate Hartmann bewertet die Diskussion um das Thema Bilderverbot zwar als sinnvoll, findet es aber sehr schade, dass nun gar keine Bilder mehr gemacht werden dürfen denn: „Die Kinder haben keine Erinnerung“ an ihren ersten Schultag. Auch Sieglinde Baumgart von der Talschule in Backnang-Waldrems empfindet diese Entwicklung eher als traurig. So hält sie es zwar für sinnvoll, wenn Kinder nicht auf Bildern sind. Allerdings sagt auch sie, dass die Einschulung „mit sehr vielen Erinnerungen gekoppelt ist“ und man sich die Bilder gerne später noch anschaut. Die Backnanger Schuldirektorin bittet deshalb bei der Einschulungsfeier darum, dass keine Bilder und Videos gemacht werden. Nachher im Klassenzimmer sind Fotos vom eigenen Kind allerdings erlaubt. In Schorndorf ist das Fotografieren bei der Einschulung an den meisten der neun Grundschulen erlaubt, so Karin Fehrenbach, die geschäftsführende Schulleiterin der Schorndorfer Schulen, Nur eine Schule habe das Bildermachen untersagt. In einer zweiten Schule dürfe nur das eigene Kind fotografiert werden. In allen Schulen werde am Elternabend vor der Einschulung über die Datenschutzverordnung informiert. Falls dieser Elternabend schon im Juli stattgefunden hat, wird bei der Einschulungsfeier selbst nochmals darauf hingewiesen, so Fehrenbach. Bilder dürfen nur privat verwendet werden und nicht auf Facebook, Instagram und Co. hochgeladen werden. Fabian Schmidt und das Kultusministerium appellieren an alle, gegenseitig Rücksicht aufeinander zu nehmen: „Es soll um die Kinder gehen.“ Die Leute sollten „normal miteinander schwätzen“ und dann eine „Lösung für alle“ finden. Klar ist aber, dass jeder ein Recht auf das eigene Bild hat und auf Bildern nur drauf sein darf, wer das auch will.

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Datenschutzgrundverordnung gilt hier gar nicht

Aus Angst vor Datenschutzklagen reagieren Schulen seit dem Start der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im vergangenen Jahr immer öfter mit generellen Foto- und Filmverboten.

„Dabei gilt die DSGVO in solchen Fällen gar nicht“, weiß Falko Pütz, Anwalt und Datenschutzexperte aus Aalen. Wenn Eltern Bilder vom großen Tag ihrer Kinder machen, um diese dann in ein Fotoalbum zu kleben oder auch digital im Kreis der Familie zu teilen, ist das eine reine Privatangelegenheit, eine sogenannte Haushaltsaufnahme. Selbst wenn noch weitere Kinder außer den eigenen fotografiert werden: Solange diese Aufnahmen „durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten“ (Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO) entstanden sind, ist alles in Ordnung. So bestätigt es auch der Sprecher der Landesstelle für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg, Wolfram Barner.

Wenn Schulen kategorisch mit Fotoverboten auf die gesteigerten Anforderungen der DSGVO reagieren, müssen Eltern das jedoch akzeptieren. „Die Schule hat Hausrecht“, bestätigt Falko Pütz. Normalerweise landen fremde Kinder nur als „Beiwerk“ zum eigenen Kind auf dem Bild. Bei Porträtaufnahmen fremder Kinder sollte man ja allein schon aus Anstandsgründen das Einverständnis der Eltern und des Kindes einholen. Aber auch den „ausschließlich persönlichen und familiären Tätigkeiten“ sind Grenzen gesetzt. Die Fotos mit den eigenen und anderen Kindern dürfen ins Fotoalbum geklebt werden. Selbst das Posten in einer kleinen familiären WhatsApp-Gruppe wäre noch in Ordnung, meint Falko Pütz. Auch wenn man sich, so wendet Wolfram Barner ein, bei Diensten in Drittländern über das in vielen Fällen mindere Datenschutzniveau im Klaren sein sollte. Das Zwischenspeichern in der Cloud könnte schon problematischer sein, dazu müssten die Fotos wie wichtige persönliche Dokumente mit einem Passwort vor fremdem Zugriff gesichert sein.

Wer aber die Fotos und Videos öffentlich zugänglich macht, sei es mit einem Upload auf ein öffentliches Forum, auf eine Webseite oder eine Plattform wie Facebook oder Instagram, hat den Datenschutz am Hals.