Empfindliche Haftstrafe für räuberischen Diebstahl

Weitere Straftaten konnten dem 24-jährigen Maler vor dem Backnanger Schöffengericht nur zum Teil nachgewiesen werden

Empfindliche Haftstrafe für räuberischen Diebstahl

Von Hans-Christoph Werner

BACKNANG. Ein Lächeln liegt auf dem Gesicht des Angeklagten, als er mit Fußfesseln und in Handschellen hereingeführt wird. Und so bleibt das dann auch die ganze Verhandlung über. Bereitwillig und geradezu frohgemut gibt er auf die Fragen der Richterin Auskunft, erzählt locker aus seinem zwischen Deutschland und Serbien hin- und herwechselnden Leben. Als ob ihm dies alles nichts anhaben könnte. Dabei ist es ja nicht wenig, was dem 24-jährigen Maler vorgeworfen wird. Acht Straftaten trägt die Staatsanwältin in ihrer Anklageschrift vor. Räuberischer Diebstahl ist die gewichtigste davon. Gerade Letzteres gibt er auch zu. Aber dass er Minderjährigen Marihuana angeboten hätte – i wo, die lügen alle. Im Gegenteil: Er, sagt der Angeklagte, werde von Unbekannten auf Drogen angesprochen. Woher das komme, will die Richterin wissen. Er kann’s nicht erklären. „Ich selbst“, sagt die Richterin, „wurde noch nie daraufhin angesprochen, ob ich Drogen verkaufe.“ Einem weiteren Jugendlichen soll er eine Uhr erst abgenommen, dann aber zurückgegeben haben. Später soll er demselben eine Gucci-Tasche abgeluchst haben. Und schließlich soll er eine 39-Jährige, die ihn beherbergt hat, ins Gesicht geschlagen haben. Aber dies und die Sache mit Uhr und Tasche bestreitet der Angeklagte. Umso wichtiger sind zur Wahrheitsfindung die Zeugen.

Im Januar dieses Jahres ist es, dass der Angeklagte einen 17-Jährigen, den er flüchtig kennt, anspricht. Er braucht Geld. Und das ist die Gelegenheit. Er bringt sich in den Besitz des Handys des anderen. Um die 1000 Euro hat es gekostet. Unter Drohungen entfernt er sich von dem Bestohlenen. Der ruft die Polizei an die S-Bahn-Station. Die kann den Angeklagten aus dem Zug holen. Der Bestohlene erhält sein Smartphone zurück.

Nur zum Teil kommt Klarheit in das Geschehen. Offenbar ließ sich der Angeklagte von anderen überzeugen, dass es nicht die feine englische Art ist, einem anderen einfach eine Uhr wegzunehmen. Der Angeklagte händigte sie wieder aus. Zur Taschen-Angelegenheit bleiben Differenzen. Hat der Angeklagte die Tasche dem 18-jährigen Schüler abgenommen? Oder hat dieser sie ihm verkauft? Übrigens: Es ist gar keine echte GucciTasche, sondern ein billiges Plagiat, bei einem Urlaub in Marokko erstanden.

Die Polizei bringt den Besitzer von Uhr und Tasche. Äußerst mühsam gestaltet sich die Vernehmung. Die häufigste Antwort des 18-Jährigen: Weiß ich nicht. Schon bei der Befragung durch die Polizei, so bestätigt später ein Beamter, war das so gewesen. Und die war nur zustande gekommen, weil der Vater des Geschädigten auf eigene Faust ermittelt und die Polizei eingeschaltet hatte. Die Antworten, die der Sohn nicht gab, gab der Vater. Der Vater war es auch, der den Ermittlern ein Bild des angeblichen Täters aus Facebook präsentierte. Nach einer guten halben Stunde wird die Vernehmung des Zeugen abgebrochen. In der Wahrheitsfindung ist das Schöffengericht kaum weitergekommen.

Auch die 39-jährige Hausfrau, die der Angeklagte geschlagen haben soll, muss von der Polizei zum Gerichtssaal eskortiert werden. Dass der Angeklagte sie geschlagen haben soll, gibt sie nur widerwillig zu. Ja, es habe einen Streit gegeben, verbaler Art. Sie sei betrunken gewesen. Wenn’s sein muss: Einmal habe der Angeklagte sie geschlagen. Nach der Anzahl der blauen Flecken im Gesicht, die die Polizei hinterher feststellte, müssen es aber mehrere Schläge gewesen sein.

Für die Staatsanwältin bleibt der räuberische Diebstahl des Smartphones. Die Sache mit der Uhr ist allenfalls eine Unterschlagung. Und was die Tasche angehe, da sei der Tatbestand des Diebstahls erfüllt. Die Schläge gegenüber der 39-Jährigen sind Körperverletzung. Die Taten müssen nach Meinung der Staatsanwältin mit zwei Jahren und zehn Monaten Gefängnis geahndet werden. Die Verteidigerin verweist auf die Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten. Dissozial nennt sie sie. Und meint es deutlich milder mit ihrem Mandanten. Ein Jahr, neun Monate Gefängnis schlägt sie vor. Nach viertelstündiger Beratung urteilt das Schöffengericht: zwei Jahre und drei Monate. Negativ zu Buche schlagen die Vorstrafen des Angeklagten. Wegen zweier ähnlicher Delikte hat er drei Jahre Jugendstrafe abgesessen. Sie hätten ihm nicht zur Warnung gedient.

Weil der Angeklagte die serbische Staatsangehörigkeit besitzt, so wird gemutmaßt, werde er nach Verbüßung der Haft abgeschoben. Doch auch diese Aussicht kann die Stimmung des 24-Jährigen nicht trüben. Sonnigen Gemüts zieht er in Begleitung der Justizbeamten von dannen.