Ende einer Diebeskarriere vor Gericht

29-Jährige bereits wegen Diebstahl in Haft – Stuttgarter Landgericht setzt Haftstrafe zu Bewährung aus

Ende einer Diebeskarriere vor Gericht

Von Bernd S. Winckler

BACKNANG. Elf einschlägige Vorstrafen. Elf dreiste Parfum-Drogerie-Diebstähle, verübt mit ihrem Freund, einem Algerier. Schaden: Fast 8000 Euro. Jetzt saß die 29-jährige ledige Mutter aus Backnang erneut auf der Anklagebank einer Strafkammer am Stuttgarter Landgericht. Sie war nach elf Verurteilungen wieder rückfällig geworden. Und wieder war es ein Diebstahl von Parfum in einer Backnanger Drogerie.

Die Vorstrafenliste, die die Vorsitzende Richterin der 33. Strafkammer gestern vorgelesen hat, füllt mehrere Ordner. Bereits als 17-Jährige begann die kriminelle Laufbahn der Frau mit Diebstählen in Backnanger, Waiblinger und Gaildorfer Drogerien. Fast immer mit dem gleichen Trick: Während ihr Freund vor dem Geschäft wartete und sozusagen ihre Flucht absicherte, hatte die Frau in den Auslagen der Geschäfte zu den teuersten Parfums gegriffen und diese in eine zuvor umgebaute Tragetasche gelegt. Die Tasche war mit einer Alufolie ausgekleidet, um zu verhindern, dass die Sicherheitsetiketten am Ausgang Alarm schlagen. Draußen wurde dann das Diebesgut dem Freund übergeben. Falls ihr ein Ladendetektiv folgte, konnte die Frau nachweisen, dass sie keine Beute dabei hat.

Wie viele solcher Diebstähle erfolgreich abliefen, ist nicht bekannt. Bekannt hingegen ist, dass die heute 29-Jährige in elf solcher Fälle erwischt wurde. Dabei gab es auch in einigen dieser Fälle Rangeleien mit Verkaufspersonal und Ladendetektiven, bei denen es auch Verletzte gab. Immer dann, wenn die Angeklagte sich bei der Personenüberprüfung wehrte und zurückschlug oder zu Beleidigungen griff. So zuletzt bei einem Parfum-Diebstahl in einem Backnanger Geschäft im April 2016. Wieder hatte ihr Freund vor dem Laden ihre Flucht abgesichert. Die ging jedoch nach dem Diebstahl von zwei Parfum-Päckchen im Wert von über 600 Euro schief, weil am Ausgang die Alarmeinrichtung aktiv wurde. Der Detektiv, der die Frau aufhalten wollte, wurde von ihrem Freund vor der Ladentüre mit einem Faustschlag niedergeworfen und verletzt. Das Backnanger Amtsgericht schickte die 29-Jährige für zwei Jahre hinter Gitter.

Kaum aus der Haft entlassen, folgte der nächste Diebstahl

Nach der Entlassung wurde sie allerdings wieder rückfällig – Tat Nummer zwölf im Vorstrafenregister: Am 5. Oktober letzten Jahres holte sie sich aus derselben Backnanger Drogerie, die sie zuvor jahrelang heimgesucht hatte, wieder eine Parfum-Packung im Wert von 91 Euro. Wieder war die mit Alufolie präparierte Tasche im Spiel. Nur der Freund fehlte. Der befindet sich momentan auf der Flucht, gegen ihn besteht ein internationaler Haftbefehl. Der Diebstahl wurde bemerkt, die Angeklagte erneut festgenommen. Laut dem erstinstanzlichen Urteil des Backnanger Amtsgerichts sollte sie dafür jetzt vier Monate in eine Gefängniszelle. Bewährung wegen der zahlreichen Vorstrafen ausgeschlossen, heißt es in diesem Urteil, gegen das die 29-Jährige in Berufung ging, sodass die 33. Strafkammer in Stuttgart gestern als letzte Instanz tätig wurde. Bewährung oder nicht? Immerhin ist die Angeklagte seit einigen Monaten Mutter zweier Kleinkinder. Und sie hat geschworen, keine Diebstähle mehr zu begehen, denn sie habe jetzt Arbeit und eine Aufgabe als Mutter. Das war bei den früheren Taten nicht der Fall, sie musste durch die Diebstähle den Lebensunterhalt bestreiten.

Die letzte Instanz des Stuttgarter Landgerichts gewährte der 29-Jährigen jetzt die „Letzte Chance“ – und setzte die vier Monate Haft erneut zur Bewährung aus, mit Aufsicht eines Bewährungshelfers. Ob es das wirkliche Ende einer Diebeskarriere ist, bleibt abzuwarten.