Proteste nach Schüssen auf Schwarzen bei US-Polizeieinsatz

dpa Kenosha. Vor drei Monaten starb der Afroamerikaner George Floyd. Nun sollen bei einem Polizeieinsatz mehrere Schüsse in den Rücken eines Schwarzen abgegeben worden sein - vor den Augen von dessen Kindern. Für viele ist es der jüngste Beweis für Rassismus und Polizeigewalt.

Proteste nach Schüssen auf Schwarzen bei US-Polizeieinsatz

Mehrere Schüsse in den Rücken eines Schwarzen bei einem Polizeieinsatz im US-Bundesstaat Wisconsin haben Entsetzen und Protest ausgelöst. Dabei wurden auch Autos in Brand gesetzt. Foto: Morry Gash/AP/dpa

Mehrere Schüsse in den Rücken des schwarzen Amerikaners Jacob Blake bei einem Polizeieinsatz im US-Bundesstaat Wisconsin lösen Entsetzen und Protest aus. In Kenosha kam es die zweite Nacht in Folge zu Ausschreitungen. Autos wurden in Brand gesetzt, wie auf TV-Bildern zu sehen war.

Die „Chicago Sun Times“ berichtete am Dienstag unter Berufung auf Blakes Vater, dass dessen Sohn infolge der Schüsse von der Hüfte abwärts gelähmt sei. Die Ärzte wüssten nicht, ob die Schäden von Dauer seien.

Viele in den USA sehen den umstrittenen Einsatz als jüngstes Beispiel für Rassismus und Polizeigewalt in den USA. Der Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis (Minnesota) Ende Mai hatte landesweite Proteste ausgelöst. Die Debatte spielt auch im US-Wahlkampf eine zentrale Rolle.

Auf einem am Sonntag im Internet verbreiteten Video war zu sehen, wie Blake zu einem Auto geht, gefolgt von zwei Polizisten mit gezogenen Waffen. Als der Mann die Fahrertür öffnet und sich hinein beugt, fallen mehrere Schüsse. Nach Angaben des Anwalts der Familie, Ben Crump, saßen im Auto Blakes Kinder im Alter von drei, fünf und acht Jahren.

Die beteiligten Beamten wurden beurlaubt. Das Justizministerium von Wisconsin als leitende Ermittlungsbehörde kündigte an, binnen 30 Tagen einen Bericht vorzulegen.

Unklar blieb zunächst, was vor dem auf Video aufgezeichneten Geschehen passiert war. Anwalt Crump erklärte, Blake sei es gewesen, der einen Streit geschlichtet habe. Dann hätten die Polizisten ihre Waffen auf ihn gerichtet. Zunächst sei Blake von einer Elektroschockpistole getroffen worden. Als er im Auto nach seinen Kindern habe sehen wollen, sei ihm mehrfach in den Rücken geschossen worden.

Sein Sohn habe „acht Löcher“ in seinem Körper, zitierte die „Chicago Sun Times“ Jacob Blake Senior. „Was rechtfertigte all diese Schüsse?“, habe dieser gesagt. „Was rechtfertigte es, dies vor meinen Enkeln zu tun?“

Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Joe Biden forderte eine sofortige, umfassende und transparente Aufklärung. Aus dem Weißen Haus hieß es, Justizminister William Barr habe den Fall im Blick.

Infolge des Polizeieinsatzes kam es in der Stadt Kenosha in Wisconsin zu Protesten und Ausschreitungen. Fotos zeigten ausgebrannte Autos und Müllwagen. Auch einige Gebäude in der Stadt, in der rund 100.000 Menschen leben, standen in der Nacht zum Dienstag zeitweise in Flammen. Darunter soll Medienberichten zufolge neben Geschäften auch ein Gebäude des Justizvollzugsministeriums des Bundesstaats gewesen sein. Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein.

Wisconsins Gouverneur hatte am Montag den Einsatz der Nationalgarde autorisiert, um örtliche Einsatzkräfte zu unterstützen. Für die Nacht von Montag auf Dienstag war das zweite Mal in Folge eine Ausgangssperre verhängt worden. Tagsüber gab es unter anderem in New York Protestdemonstrationen mit Hunderten Teilnehmern.

Auf Twitter machten einige Prominente ihrer Empörung Luft. „Und ihr fragt euch alle, warum wir sagen, was wir über die Polizei sagen!! Kann mir bitte jemand sagen, was zum Teufel das ist????!!! Noch ein weiterer schwarzer Mann wird zur Zielscheibe“, schrieb Basketball-Star LeBron James.

Sängerin Camila Cabello forderte weitreichende Veränderungen und die Festnahme der Polizisten. „Wir fordern eine neue Welt“, schrieb die 23-Jährige auf Twitter. „Wir brauchen ein Zeichen, dass diese Regierung genug Einfühlungsvermögen hat und sich genug um Menschlichkeit sorgt, um etwas dagegen zu unternehmen.“

© dpa-infocom, dpa:200825-99-294451/6

Proteste nach Schüssen auf Schwarzen bei US-Polizeieinsatz

Polizisten stehen dicht zusammen. Als Reaktion auf den Vorfall am Vortag kam es in der Stadt zu Protesten. Foto: Morry Gash/AP/dpa

Proteste nach Schüssen auf Schwarzen bei US-Polizeieinsatz

Ein Demonstrant steht mit einem Transparentvor einem brennenden Müllwagen. Foto: David Goldman/AP/dpa