Entspannte Treffen mit Mama oder Papa

„Begleiteter Umgang“ hilft Kindern nach der Trennung der Eltern, einen guten gemeinsamen Weg zu finden. Geschulte Begleiter des Kinderschutzbunds kümmern sich um Familien im Raum Backnang, Schorndorf und Waiblingen.

Entspannte Treffen mit Mama oder Papa

Beim „begleiteten Umgang“ wird darauf geachtet, altersgemäß mit dem Kind umzugehen und auf Augenhöhe zu sprechen. Das heißt für Waltraud Domes-Strobel (rechts) vom Kinderschutzbund auch mal auf dem Boden zu spielen. Foto: J. Fiedler

Von Sabine Kaesser

BACKNANG/SCHORNDORF. „Heute ist wieder Papatag!“, freut sich der kleine Paul, dessen Eltern seit Kurzem geschieden sind. Mithilfe des „begleiteten Umgangs“, einem Angebot des Kinderschutzbunds, kann Paul nun eine möglichst angenehme und sorgenfreie Zeit mit seinem Papa verbringen. Leider waren seine Eltern nach der Trennung zunächst nicht in der Lage, das Besuchsrecht für ihr Kind selbst zu regeln. Mit Unterstützung eines geschulten Begleiters wurde jedoch ein guter Weg gefunden.

Im Jahr 2019 wurden rund 36 Prozent aller Ehen geschieden. Ob Scheidung oder Trennung, es ist ein trauriges Kapitel für alle Beteiligten; mit vielen Verletzungen und Kränkungen, insbesondere wenn es gemeinsame Kinder gibt.

Waltraud Domes-Strobel arbeitet seit vielen Jahren für den Kinderschutzbund. Zunächst ehrenamtlich für vier Jahre, seit zwei Jahren hat sie die Leitung für den sogenannten „begleiteten Umgang“, eines der zahlreichen Angebote des Vereins. Die Diplompädagogin und ihr Team von 21 ehrenamtlichen Mitarbeitern kümmern sich um Familien im Raum Backnang, Schorndorf und Waiblingen. Denn das Unvermögen der Konfliktlösungen der Eltern hat viele hässliche Facetten, doch es gibt Hilfe. „Aktuell werden bei uns Kinder im Alter von zwölf Monaten bis zu 16 Jahren betreut“, erzählt sie, „mit steigender Tendenz beim Beratungsbedarf.“

„Leider nehmen die Konflikte in der Gesellschaft insgesamt zu“, beschreibt auch die Geschäftsführerin des Kinderschutzbunds Magdalena Hecker-Rost die Ausgangssituation. Kinder stecken häufig in einem Loyalitätskonflikt. Nach Trennung oder Scheidung sind manche Eltern nicht in der Lage oder schlichtweg überfordert, dem anderen Elternteil einen selbstverantwortlichen Umgang zu ermöglichen. Wenn dies nicht klappt, schlägt das Jugendamt oder auch das Familiengericht vor, dass ein begleiteter Umgang hier Abhilfe schaffen soll. Die Kosten trägt dabei das Jugendamt.

Zunächst findet dann mit jedem Elternteil separat ein Gespräch statt, um die Ausgangslage zu analysieren. Bei einem Vortreffen lernen dann die Kinder die Betreuerin oder den Betreuer und die gemütlichen Räumlichkeiten kennen. „Immer im Fokus steht bei uns das Kind“, so Domes-Strobel. Es wird darauf geachtet, altersgemäß mit dem Kind umzugehen und auf Augenhöhe zu sprechen. Oft leiden diese sehr unter der Trennung, werden auch instrumentalisiert. Es geht in den alle 14 Tage stattfindenden zwölf Terminen darum, eine tragfähige Regelung für und mit den Eltern bei diesem ernsten und konfliktbeladenen Thema zu finden. Wichtigstes Ziel bei den Gesprächen mit den Eltern ist es, eine Umgangsregelung so hinzubekommen, dass sich die Begleitung erübrigt.

Bei all den belasteten Momenten huscht der Pädagogin bei ihrer Erzählung ein Lächeln über das Gesicht: „Seit ich begleiteten Umgang mache, glaube ich auch an Wunder“, freut sie sich. Es gab Eltern, die sich wieder beide um ihr Kind kümmern, die gelernt haben, den anderen zu respektieren, die eine andere Perspektive durch den begleiteten Umgang an die Hand bekommen haben.

„Oft werden wir auch gefragt, ob es wieder wird“, freut sich die Familienberaterin und gibt die Hoffnung nie auf. Es sind Empathie, Menschenkenntnis und Lebenserfahrung bei den Mitarbeitern gefragt, die die Eltern begleiten. Der Kinderschutzbund sucht über Bewerbungen neue Mitarbeiter, da der Bedarf steigt. Die Ausbildung erstreckt sich über 50 Stunden, zuzüglich Hospitationen, wobei alle Kosten vom Kinderschutzbund übernommen werden. Die Begleiter sind dabei, wenn die Kinder Mutter oder Vater sehen: auf den Spielplatz gehen, gemeinsam spielen, einfach bei einer möglichst unbelasteten Begegnung, zum Wohl der Kinder. Und auch zu dem der Eltern.

Pro Jahr werden kreisweit 60 Familien begleitet

Grundsätzlich ist das Kreisjugendamt für den begleiteten Umgang zuständig, das Amt hat diese Aufgabe jedoch an den Kinderschutzbund delegiert. Die Telefonnummer des Jugendamts in Backnang lautet 07191/895-4028, die E-Mail-Adresse kreisjugendamt@rems-murr-kreis.de.

Im begleiteten Umgang können Kinder, deren Eltern sich getrennt haben, dem anderen Elternteil oder auch Oma, Opa, Tante, Onkel konflikt- und stressfrei in Gegenwart einer neutralen Person begegnen. Den Eltern bietet sich die Chance, Unterstützung bei der Bewältigung der Trennungssituation zu bekommen und dabei die Bedürfnisse der Kinder nicht aus den Augen zu verlieren.

In einem Vorgespräch ohne Kinder können Eltern getrennt ihre Sicht der Situation schildern. Bei einem Vortreffen lernen die Kinder die Betreuer oder die Betreuerinnen sowie die Räumlichkeiten kennen.

In Backnang, Waiblingen und Schorndorf gibt es kindgerecht ausgestattete Räume mit reichlichen Spielangeboten. Speziell ausgebildete Betreuer achten darauf, dass mit den Kindern altersgemäß umgegangen und gesprochen wird. In weiteren Gesprächen wird mit den Eltern über die Entwicklung der Kontakte gesprochen.

Eine Regelung des Umgangs ohne Begleitung ist das wichtigste Ziel der Gespräche mit den Eltern. Die Kontakte dauern in der Regel zwei Stunden und finden alle 14 Tage statt.

Die Kosten trägt das Jugendamt, wenn dort ein Antrag für den betreuten Umgang gestellt und genehmigt wurde.

Pro Jahr werden im Rems-Murr-Kreis etwa 60 Familien in dieser Form begleitet.

Mehr Informationen gibt es im Internet unter www.kinderschutzbund-schorndorf-waiblingen.de.

Direkte Ansprechpartnerin beim Thema begleiteter Umgang ist beim Kinderschutzbund Waltraud Domes-Strobel. Kontakt: Telefon 0157/50888631 oder E-Mail bu@kinderschutzbund-schorndorf.de.