Er will seine Schmuckstücke zeigen

Manfred Vogt aus Murrhardt richtet einen Werkstattraum als Oldtimermuseum für Motorräder her – Hobby seit rund 50 Jahren

Manfred Vogt steuert auf die majestätische DKW Block zu, die zurzeit noch auf einer rot lackierten Hebebühne steht. „Das ist das erste Modell mit einem serienmäßigen Anlasser“, sagt der 73-Jährige und zeigt auf den Druckknopf. Das Motorrad, Baujahr 1931, ist außerdem mit zwei 6-Volt-Batterien ausgestattet. „Die sind ziemlich schwer zu bekommen“, sagt der Liebhaber. Es ist nur eines seiner vielen Schmuckstücke.

Er will seine Schmuckstücke zeigen

Manfred Vogt mit seinen Schätzen. Für seinen künftigen Ausstellungsraum hat er rund 20 Motorräder ausgewählt. Fotos: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. In dem großen Werkstattraum in der Murrhardter Löwengasse 11 stehen rund 20 Maschinen. Manfred Vogt ist dabei, ihn zu einem kleinen Museum umzugestalten. Eine Auswahl seiner künftigen Ausstellungsstücke hat er schon getroffen. Der Schwerpunkt liegt klar auf DKW-Modellen, wobei die Abkürzung der deutschen Motorrad- und Automobilmarke einfach für Dampf-Kraft-Wagen steht. Der Oldtimerfan hat fast jedes DKW-Motorradmodell, das in den Jahren 1925 bis 1936 gebaut worden ist, außer die Luxusvariante mit Wasserkühlung. Eigentlich ist Manfred Vogt gelernter Schuhmacher – auch seine Werkstatt, in der er trotz seines Ruhestands immer noch ein paar Kleinigkeiten erledigt, ist nebenan. Seine Leidenschaft, alte Motorräder wieder herzurichten, hat er aber schon früh entdeckt. „Ich mach das schon seit rund 50 Jahren“, sagt der 73-Jährige.

Bei der Restauration und Pflege der alten Maschinen kann er vieles selbst erledigen, weiß aber auch, wann er Experten zurate zieht beziehungsweise mit ins Boot holt. Beispielsweise, wenn ein Motor wieder auf Vordermann gebracht werden muss. „Da gibt es einen Oldtimerdienst in Chemnitz, dort wird er neu gewickelt“, sagt er. Einen Fachmann des Teams, Frieder Bach, kennt er schon länger. „Sein Vater hat noch bei DKW gearbeitet.“ Zurzeit hat er eine SB 500 Zweizylindermaschine von 1934 in die Obhut des Teams gegeben, das den Seitenwagen des Motorrads genau einstellen soll.

Eines seiner ältesten Motorräder ist eine DKW 206 aus dem Jahr 1925. Danach gab es einen Einschnitt: „1926 wurde ein Gesetz erlassen, dass man für Maschinen über 200 Kubik einen Führerschein benötigt und Steuern zahlen muss“, erzählt der Murrhardter. Der damalige Firmenchef, der Däne Jørgen Skafte Rasmussen, reagierte und setzte auf eine künftige Produktion, die die 200 Kubik einhielt. Manfred Vogt wandert weiter zu einem Modell, das noch einen alten Keilriemen hat. Er ist aus vielen kleinen Lederstücken zusammengesetzt, was aber der besondere Kniff war, da man ihn durch diese Abschnitte auch gut wieder flicken konnte. „Die Kette wird erst später eingesetzt“, sagt Manfred Vogt.

Der Gang mit ihm durch die Reihen seiner Schmuckstücke spiegelt auch die historische Entwicklung der Modelle wider. Aus einem gepressten Rahmen werden später geschraubte Teile, weil sie sich industriell besser herstellen lassen. „Dann hat die Konkurrenz, die NSU, eine Drei-Gang-Maschine gebaut“, erzählt Vogt. Also habe auch DKW nachgezogen und seine Spezial 200 herausgebracht – mit drei Gang, vier PS und Gepäckträger.

Nach und nach kamen auch weitere Hilfsmittel und Zubehör dazu: Die DKW Block mit Anlasser verfügt über eine integrierte Uhr, die sich von Hand aufziehen lässt und rund acht Tage laufen soll sowie über einen Tacho und Scheinwerfer. „Bis 1928 gab es noch kein elektrisch betriebenes Licht“, sagt der Oldtimerfan. „Das war ja schon ein gewisser Luxus, technisch brauchte man dann noch eine Zündspule zur Umwandlung zusätzlich.“ Wer des Nachts aber nicht ganz ohne Licht unterwegs sein wollte, konnte sich für eine karbidbetriebene Lampe entscheiden. Einige Jahre später, 1936, kam dann eine weitere Variante hinzu: das am Vordergelenk abschließbare Motorrad. An der linken Seite sind zwei Maschinen auf einem Brett platziert, die nicht zur DKW-Familie gehören. Sie haben eine besondere Geschichte, stammen aus der französischen Partnerstadt Murrhardts. „Das war um 2000 bei einem Besuch in Château-Gontier. Wir hatten uns dort auch Motorräder angeschaut“, erzählt Manfred Vogt.

Beim Besuch in der französischen Partnerstadt bekommt er zwei Bikes aus den 1920ern geschenkt

Seinem Gastgeber, bei dem er auch privat untergebracht war, fiel in der Nacht vor der Abfahrt ein, dass er dem Murrhardter Fan doch auch seine eigenen Veteranen zeigen könnte. Das Ergebnis der nächtlichen Schau auf der Bühne: Vogt bekam zwei Motobécane-Motorräder aus den 1920er-Jahren geschenkt. Sie wurden im Gepäckraum des Reisebusses verstaut. „Deshalb mussten einige Koffer nach oben wandern, aber die Gruppe hat total verständnisvoll reagiert und mitgeholfen.“ An den französischen Motorrädern finden sich besagte Keilriemen und Holzklötze zum Bremsen. Der 73-Jährige schätzt, dass sie auch nur um die 35 Kilometer pro Stunde packen, trotzdem war hier vermutlich vorausschauendes Fahren nicht von Nachteil. Den Tank der MB 1 hat Manfred Vogt komplett restauriert. Die dritte französische Madame im Bunde, auch eine Motobécane, stammt aus dem Jahr 1970. Für Manfred Vogt ist es das „Nonnenfahrzeug“ schlechthin, sprich eines, bei dem pragmatische Alltagsfahrten jenseits eines Geschwindigkeitsrauschs im Vordergrund stehen. „Es erinnert mich immer an Louis de Funès, in einem Film hat er genau so ein Gefährt.“ Dieses Modell hat er sogar aus der unmittelbaren Umgebung, von einem Siegelsberger bekommen, erzählt er. Sein jüngstes deutsches Motorrad, eine Rex von 1949 mit Keilriemen und Hilfsmotor, fällt im Vergleich zu den älteren DKW-Modellen äußerst bescheiden aus, was der Nachkriegssituation geschuldet ist.

Mal sind es Spenden, die der Murrhardter erhält, mal kauft er Stücke an oder tauscht auch das eine oder andere Motorrad. Insgesamt hat er über 40 Maschinen. Da ihn auch viele auf sein Hobby ansprechen, möchte er, dass sich Interessierte seine Stücke anschauen und etwas über die alten Motorräder erfahren können. Beim Gang durch seine Räume wird klar, dass seine Leidenschaft nicht bei zwei Rädern aufhört – Vogt hat auch einige besondere alte Autos, unter ihnen einen Mercedes 190 von 1959, ein Pritschenwagen, der, weil er für Südamerika produziert wurde, äußerst selten ist, ein Mercedes Cabrio W21 von 1934, dessen Kühler instand gesetzt werden muss, sowie einen Mercedes W21 von 1936. Letzterer kam bei den Dreharbeiten zum Film „Die Freibadclique“ in Schwäbisch Hall zum Einsatz. Das Drama von Friedemann Fromm erzählt die Geschichte einer Jugendgruppe, die sich 1944 zur Waffen-SS melden muss. Für Manfred Vogt waren die Stunden am Set spannend, erzählt er.

Ein bisschen hat sich schon herumgesprochen, dass er die Ausstellung einiger Stücke plant, und es gibt schon erste Anfragen von Besuchern. „Wichtig ist mir, dass es ein Museum zum Anfassen ist“, sagt er. Unter anderem möchte er transportieren, dass man mit dieser Leidenschaft zwar viel Freude haben kann, aber nichts verdient, wie vielleicht einige denken. Der 73-Jährige hofft, dass es Mitte bis Ende September losgehen kann. Dann, so schwebt ihm vor, sonntags von 11 bis 12 Uhr zu öffnen sowie Interessierte auf Anfrage zu empfangen. Jetzt gibt es noch einiges zu tun. Er denkt nämlich schon darüber nach, in einem kleinen Raum um die Ecke eine weitere kleine Auswahl an Motorrädern anderer Marken dazuzunehmen.

Der künftige Ausstellungsraum von Manfred Vogt befindet sich in der Löwengasse 11 in Murrhardt. Kontakt aufnehmen kann man mit ihm unter Telefon 07192/8566.

Er will seine Schmuckstücke zeigen

Der Schwerpunkt liegt auf DKW-Modellen, hier ist aber auch eine Rex von 1949 (Mitte) zu sehen.