Erinnerungslücke: Gemeinderat glaubt Wölfle nicht

Stuttgarter Ratsfraktionen sehen grünen Sozialbürgermeister in Klinikaffäre nicht entlastet – SPD fordert erneut Rücktritt

Von Mathias Bury

Stuttgart Die Fraktionen im Gemeinderat wollen sich nicht mit der Erklärung von Ex-Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) zufriedengeben, er könne sich im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des Klinikskandals nicht an einen ihn belastenden SMS-Verkehr erinnern. Während die Stadt dem Rat erklärt hatte, der heutige Sozialbürgermeister habe von einem fragwürdigen Geschäft des Klinikums mit Kuwait kaum Kenntnis gehabt, deuten Teile der SMS-Nachrichten an, dass Wölfle für den Vertrag aktiv wurde.

Der im Verwaltungsausschuss vorgelegte Text Wölfles erklärt, ihm sei die SMS-Korrespondenz „nicht mehr in Erinnerung“. Der Antwort auf eine Ratsanfrage im März 2017, dass er als Bürgermeister über den Vertrag nicht informiert worden sei, habe er damals „nicht widersprochen“. Weiter heißt es: „In der Rückschau und mit dem heutigen Wissensstand bedauere ich diese fehlende Erinnerung und die daraus entstandene, nicht präzise Aussage zutiefst.“

Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) räumte ein, dass diese mangelnde Erinnerung „unbefriedigend“ sei. Insofern sei es zu Wölfles „Selbstschutz und Selbstreinigung“ sinnvoll, dass der heutige Sozialbürgermeister beim Regierungspräsidium ein Disziplinarverfahren beantragt habe. Kuhn bezeichnete in einem Fall die Interpretation einer E-Mail durch den Rat aber als „sehr weit hergeholt“.

CDU-Fraktionschef Alexander Kotz sagte über Wölfles Erinnerungslücke, diese komme ihm vor „wie in einem schlechten Krimi. Das wirkt wie der letzte Ausweg, wenn einem nichts anderes mehr hilft.“ Er könne sich das bei der Tragweite des Geschäfts „nicht vorstellen“. SPD-Fraktionschef Martin Körner forderte Wölfle erneut zum Rücktritt auf. Die Fraktionen fordern, dass sich der Grünen-Politiker auch persönlich ihnen gegenüber erklärt.