Frankreich schützt Schulen nach Nizza-Angriff

dpa Nizza/Rom. Die Terrorattacke in Nizza mit drei Toten versetzt Frankreich in einen Schockzustand. Die Regierung trifft erste Entscheidungen. In Rom gerät eine wichtige Ministerin unter Druck.

Frankreich schützt Schulen nach Nizza-Angriff

Anti-Terror-Ermittler wollen in Nizza prüfen, ob der Tatverdächtige Komplizen hatte. Foto: Daniel Cole/AP/dpa

Nach dem Messerangriff in Nizza mit drei Toten verstärkt die französische Regierung den Schutz von Schulen oder Gotteshäusern.

Dazu werden auch Soldaten der inländischen Anti-Terror-Mission „Sentinelle“ eingesetzt. Das kündigte Armeeministerin Florence Parly am Freitag nach der Sitzung eines von Staatschef Emmanuel Macron geleiteten Verteidigungsrates in Paris an.

Es werden 7000 Sicherheitskräfte mobilisiert, unter ihnen 3500 Reservisten der zu den Streitkräften gehörenden Gendarmerie, wie Innenminister Gérald Darmanin ergänzte. Eine besondere Verstärkung mit 120 Polizisten werde es für die Mittelmeermetropole Nizza geben. Außenminister Jean-Yves Le Drian kündigte an, auch französische Einrichtungen im Ausland wie Schulen würden geschützt. „Die Bedrohung ist überall“, sagte er.

Ein illegal eingereister Tunesier hatte am Donnerstag laut Ermittlern drei Menschen in Nizza mit einem Messer getötet; zwei Opfer wurden in der Kirche Notre-Dame im Stadtzentrum aufgefunden. Der Angreifer wurde von Polizisten schwer verletzt und kam in ein Krankenhaus. Die Tat hatte weltweit Entsetzen und Anteilnahme ausgelöst. Bürgermeister Christian Estrosi kündigte an, die Kirche könne möglicherweise schon am Wochenende wieder geöffnet werden.

Ermittler nahmen einen 47-jährigen Mann in Gewahrsam. Er soll am Vorabend der Tat Kontakt mit dem Angreifer gehabt haben, bestätigten Justizkreise der Deutschen Presse-Agentur. Frankreich rief nach dem Angriff die höchste Terrorwarnstufe aus. Macron hatte angekündigt, dass der „Sentinelle“-Einsatz von bisher 3000 auf nun 7000 Soldaten aufgestockt werde.

Innenminister Darmanin schloss weitere Anschläge nicht aus „Wir sind im Krieg“, sagte er im Sender RTL. Das Land kämpfe gegen eine „islamistische Ideologie“. Man müsse leider hinnehmen, dass weitere Taten möglich seien. In den vergangenen Wochen seien 14 radikalisierte Ausländer ausgewiesen worden. Die bürgerliche Rechte und die Rechtsaußenpartei Rassemblement National (früher: Front National) begannen nach der Bluttat eine Debatte über Einwanderung.

In Italien sorgt die Attacke bereits für harte politische Debatten. Innenministerin Luciana Lamorgese wies Vorwürfe zurück, wonach italienische Behörden für den Angriff in der südfranzösischen Küstenstadt mitverantwortlich sein könnten.

Zugleich bestätigte sie in Rom, dass der tunesische Terrorverdächtige vor über einem Monat in Italien in die Europäische Union eingereist war. Zuvor hatte die rechte Opposition um ihren Vorgänger, den Lega-Chef Matteo Salvini, der Mitte-Links-Regierung eine zu laxe Migrationspolitik vorgeworfen. Salvini forderte den Rücktritt Lamorgeses, weil der Attentäter nach bisherigen Angaben unbemerkt von Italien nach Frankreich weiterreisen konnte.

„Auf unserer Seite liegt keine Verantwortung“, sagte Lamorgese. Der Verdächtige war nach ihren Angaben am 20. September mit einem Migrantenboot auf die Mittelmeerinsel Lampedusa angekommen. Er habe am 9. Oktober eine Ausweisung erhalten, die er ignoriert habe. Weder die tunesischen Behörden noch die Geheimdienste hätten Italien vor Gefahren durch den Mann gewarnt.

Auch die tunesischen Behörden ermitteln gegen den Mann. Gemäß dem Recht des Landes werde jeder Tunesier strafrechtlich verfolgt, der in Terrorakte verstrickt sei, egal ob im Inland oder Ausland, sagte ein tunesischer Justizsprecher. Der Mann kommt dem arabischen Nachrichtensender Al-Arabija zufolge aus einem Ort nahe der tunesischen Küstenstadt Sfax. Die Mutter sagte dem Sender, ihr Sohn habe sie in dieser Woche angerufen und erzählt, dass er nach Frankreich gereist sei. Von seinen Plänen habe sie nichts gewusst. Der Bruder des Angreifers erklärte dem Sender, dieser habe gesagt, er wolle vor der Kirche die Nacht verbringen. Er habe ihm von dort auch ein Foto geschickt.

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