Ernte fällt zu oft ins Wasser: Bauern von Saison enttäuscht

dpa/lsw Stuttgart. Der Sommer war bislang nicht nur für viele Deutschland-Urlauber ein Reinfall, sondern auch für die baden-württembergischen Landwirte. Die Ernte sei enttäuschend verlaufen, sagen die Bauern. Dabei hatte die Saison so gut angefangen.

Ernte fällt zu oft ins Wasser: Bauern von Saison enttäuscht

Eine Frau mit Regenschirm geht im Regen zwischen zwei blühenden Rapsfeldern hindurch. Foto: Thomas Warnack/dpa/Archivbild

Wirklich überraschen dürfte die Bauern der enttäuschende Blick auf die Ernte in diesem Jahr nicht mehr. Zumindest nicht, wenn man an den Wahrheitsgehalt von Bauernregeln glaubt. „Hagelt's im Juli und August, ist' s aus mit des Bauern Freud und Lust“, heißt es da für die Sommermonate. Nach vielen Wetterkapriolen und verregneten Sommerwochen haben die meisten Landwirte in Baden-Württemberg eine teils deutlich schlechtere Ernte eingeholt als in den vergangenen Jahren. „Die Erträge sind eher enttäuschend“, sagte Joachim Rukwied, der Präsident des Landesbauernverbandes (LBV), am Mittwoch in Stuttgart. „Unsere Erwartungen wurden nicht erfüllt, in Summe gehen wir von einer unterdurchschnittlichen Ernte aus.“

Dabei seien die Bauern in diesem Jahr sehr gut aus den Startblöcken gekommen. Es habe ordentlich geregnet, die gefürchtete Trockenheit des Vorsommers sei ausgeblieben, sagte der Bauernpräsident. „Ende Juni zeigten sich die Bestände optisch gut.“ Die Witterungsverhältnisse seien in den vergangenen Wochen allerdings schwierig gewesen. Ende Juni hätten Starkregen und Hagel in einigen Regionen schwere Schäden in den Kulturen angerichtet, mehrere Landwirte hätten Totalausfall gemeldet.

Immer wieder musste die Ernte wegen der Wetterumschwünge unterbrochen werden. „Die Getreideernte ist zur Zitterpartie geworden, in einigen Regionen Baden-Württembergs sind die Landwirte daher noch mittendrin“, sagte Rukwied. „Außerdem traten extreme Wetterereignisse wie Starkregen und Hagel auf“, hieß es. Deshalb seien Erntemengen den hohen Erwartungen „nicht gerecht geworden“, sagte Rukwied.

Vor allem beim Weizen sei die Enttäuschung groß. Laut Verbandsbilanz ernteten die baden-württembergischen Bauern im Schnitt 69 Dezitonnen oder 6900 Kilo je Hektar, das sind 14 Prozent weniger als im Vorjahr. Beim Raps liegt das Minus bei 12 Prozent, dort holten die Landwirte im Schnitt 37 Dezitonnen vom Acker. Die Sommergerste erreichte laut Verband einen Ertrag von durchschnittlich 56 Dezitonnen je Hektar (minus 7 Prozent), während die Wintergerste nach dem überaus schlechten Vorjahr mit 74 Dezitonnen ein Plus von 20 Prozent verzeichnete.

Den Öko-Bauern erging es ähnlich. „Die Vorernteschätzungen waren aufgrund des ausreichenden Niederschlags überdurchschnittlich“, sagte Rukwied. Die Qualitäten hätten im Hafer auch überzeugen können, im Weizen seien sie durchwachsen, Pilzkrankheiten und Mutterkorn stellenweise problematisch. „Große Probleme gibt es im
Kartoffel- und Weinanbau aufgrund von Pilzkrankheiten“, teilte der Verband mit. „Die ersten Preisprognosen lassen auf moderat steigende Preise schließen.“ Zuvor hatten bereits mehrere Obstbauernverbände durchwachsene Bilanzen gezogen.

Die schlechte Ernte ist kein rein baden-württembergisches Phämomen: „In Europa und den USA wurden die Ernteerträge ebenfalls nach unten korrigiert“, sagte Rukwied. Die weltweite Ernteschätzung beim Raps liege auf dem niedrigsten Stand seit 22 Jahren. Entsprechend seien auch der Weizenpreis und die Rapskurse gestiegen. Der Landwirt hat davon allerdings nicht viel: Denn unter anderem stehen den gestiegenen Erlösen stark erhöhte Betriebskosten gegenüber, nicht zuletzt durch gestiegene Energie- und Treibstoffpreise, erklärte der Bauernpräsident. „Die hohen Produktionskosten fressen die gestiegenen Erlöse der Ackerbauern auf.“

Landesagrarminister Peter Hauk (CDU) forderte Bauern erneut dazu auf, mit den Risiken extremer Wetterereignisse professionell umzugehen. Es sei wichtig, sich finanziell für den Krisenfall abzusichern, sagte er. Staatlich gestützte Versicherungslösungen seien eine besonders geeignete Maßnahme, um Risiken zu reduzieren. „Allerdings bieten wir den Bauern keine Vollkasko-Lösungen, sondern schaffen Anreize zu Eigenvorsorge - Hilfe zur Selbsthilfe“, sagte Hauk. Als Beispiel nannte er das Pilotprojekt „Ertragsversicherung Obst- und Weinbau“, bei dem das Land bis zu 50 Prozent der Kosten für die Versicherung beisteuert.

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