Erntebilanz: Futterversorgung könnte zum Problem werden

Die Ernte begann in diesem Jahr aufgrund der Trockenheit schon deutlich früher als üblich. Beim Getreide und beim Obst sind die Landwirte mit ihren Erträgen einigermaßen zufrieden, sie liegen im Durchschnitt. Doch Futtermittel für die Tiere, also Mais und Gras, haben extrem gelitten.

Erntebilanz: Futterversorgung könnte zum Problem werden

Mit der Weizenernte sind die Landwirte noch relativ zufrieden. Der Mais allerdings leidet extrem unter der Trockenheit. Archivfoto: Edgar Layher

Von Kristin Doberer

Rems-Murr. Temperaturen über 30 Grad Celsius, viel Sonnenschein und so gut wie kein Regen. Das heiße und vor allem trockene Wetter in diesem Sommer hat deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Ernte. Dabei fällt das Fazit je nach Erzeugnis sehr unterschiedlich aus. Bis Mitte Mai habe es noch ordentliche Wachstumsbedingungen gegeben, meint Helmut Bleher, Geschäftsführer des Bauernverbands Schwäbisch Hall–Hohenlohe–Rems. „Das heißt: Die frühen Ackerkulturen, also Wintergerste, Winterraps, der erste Schnitt Grassilage oder Heu erhielten genug Regen, die Erträge waren ordentlich bis gut.“ Danach trat die Trockenheit ein. Die späteren Früchte (Winterweizen, Mais, Kartoffeln, spätere Grünlandschnitte) leiden also stark unter der lange anhaltenden Trockenheit, so Bleher.

Mais, Grüngut und Rüben leiden noch unter der extremen Trockenheit

Das bestätigen auch die örtlichen Landwirte. „Bisher war die Ernte erstaunlich gut, auch wenn die Qualität beim Weizen nicht ganz so gut ist“, erzählt Jürgen Benignus, der in seinem Betrieb im Ungeheuerhof fast nur Ackerbau betreibt. Die Weizenkörner seien in diesem Jahr etwas kleiner, was nicht nur an den Witterungsbedingungen, sondern auch an einer neuen Düngeverordnung liege. Außerdem habe die Trockenheit die Landwirte zu einer deutlich früheren Ernte gezwungen, auch die Maisernte, die für gewöhnlich erst im Herbst stattfindet, habe mancherorts jetzt schon begonnen.

Das Ernteergebnis sei aber auch sehr ortsabhängig, so Michael Stuber vom Landwirtschaftsamt in Backnang. „Es kommt zum Beispiel darauf an, welcher Boden das Wasser besser halten kann“, erklärt er. „Besonders beim Mais und bei den Zuckerrüben, die erst noch geerntet werden, merkt man die unterschiedlichen Böden sehr.“ Klar ist, der Mais leidet überall unter dem fehlenden Wasser, mancherorts leidet er nur stärker als anderenorts. Der fehlende Niederschlag hat für die Landwirte aber auch einen Vorteil. „Die Ernte war in diesem Jahr entspannter“, sagt Benignus. Da quasi nie mit Regnen zu rechnen war, habe man ohne Zeitdruck die Ernte einfahren können.

Das Problem ist weniger die Hitze als das fehlende Wasser

„Schwierig wird es eventuell mit der Futterversorgung“, sagt Bleher vom Bauernverband. „Das Problem ist dabei weniger die Hitze an sich als das fehlende Wasser. Dies wird sich auch auf die Folgejahre auswirken.“ Denn die Bodenwasserkapazität sei aufgebraucht und könne nur durch lang anhaltende mäßige Regenfälle wieder aufgefüllt werden. Das bereitet auch auf dem Landwirtschaftsamt in Backnang Sorgen. Nicht nur der Mais habe Schwierigkeiten: „Auch im Grünland wächst ja nichts mehr nach, dadurch kann es zu Futterengpässen kommen“, sagt Amtsleiter Stuber. Allerdings sei die Lage 2018 noch deutlich angespannter gewesen, da einige Landwirte aktuell noch Reservefutter aus dem ertragreichen vergangenen Jahr haben. Wer keine Reserve hat, müsse sein Futtermittel einkaufen. Das kann bei den aktuellen Preisen ziemlich teuer werden. „Die hohen Getreidepreise führen wieder zu sehr teurem Tierfutter“, sagt Bleher. Gleichzeitig gebe es hier eine Sondersituation, nämlich dass die Preise für Fleisch nicht wesentlich gestiegen sind. „Viele Schweine- und Putenhalter lassen ihre Ställe deshalb gerade leer stehen, weil kein Überschuss möglich ist“, so der Geschäftsführer des Bauernverbands.

Die Preise für Dünger haben sich verfünffacht

Der Futtermais für die Tiere ist ebenso wie viele Getreidesorten aktuell sehr von Preisschwankungen betroffen. „Die Preise für Getreide, aber auch Raps und Mais spielen Achterbahn“, sagt Bleher vom Bauernverband. Aktuell liege der Erzeugerpreis etwa bei rund 300 Euro je Tonne. Mitte des Jahres lagen die Terminkontrakte auch schon bei über 400 Euro. Es habe sich also alles wieder relativiert. Man spüre letztlich jede Zuckung des Weltmarkts. „Das Hauptproblem für die Landwirte besteht darin, dass sich zwar der Weizenpreis aktuell veranderthalbfacht hat, die Düngerpreise aber das Fünffache des Normalpreises betragen und die Dieselpreise auch fast beim Doppelten liegen. Die Bauern brauchen die hohen Preise also, um die dramatisch gestiegenen Kosten auszugleichen“, sagt Bleher.

„Der Preis schwankt extrem, vieles beruht auf Spekulationen“

Das bestätigt auch Benignus: „Wir verdienen uns sicher keine goldene Nase“, sagt der Landwirt. Zusätzlich zum teuren Dünger habe man zum Teil auch langfristige Abnehmer und dadurch ältere Verträge, die noch nicht an die neue Preislage angepasst sind. Außerdem sei es aktuell sehr schwer, den richtigen Zeitpunkt zum Verkauf abzuschätzen. „Der Preis schwankt extrem, vieles beruht auf Spekulationen.“ Das sieht man auch auf dem Backnanger Landwirtschaftsamt als ein Problem. So sinke der Weizenpreis aktuell beispielsweise wieder, weil erste Schiffe mit Getreide die Ukraine verlassen haben. Das könne sich aber auch schnell wieder ändern. „Hier gibt es einfach große Unsicherheiten“, so Stuber. Allgemein sei auch die betriebswirtschaftliche Lage je nach Hof sehr unterschiedlich. Wer noch im vergangenen Jahr Dünger eingekauft und eingelagert hat könnte besser dastehen als Betriebe, die den fünffachen Preis zahlen müssen. Auch wenn der Weizenpreis zum Beispiel gerade gut ist, können die Landwirte darauf nicht als Ausgleich für die hohen Ausgaben setzen. „Die Anbauverhältnisse werden sich bei uns kaum ändern. Dies liegt an den Fruchtfolgeerfordernissen. Man kann nicht jedes Jahr nacheinander Weizen anbauen, Blattfrüchte dazwischen sind notwendig“, sagt Bleher. Eine positive Entwicklung in diesem Jahr sei laut Bleher, dass die Politik für das nächste Jahr die Verpflichtung zu vier Prozent Zwangsstilllegung zurückgenommen hat.

Für den Weinbau sei die Sonne zumindest in Teilen positiv gewesen, so Michael Stuber. Es gebe weniger Krankheiten und die Erträge seien gut. Lediglich junge Weinberge, die noch keine tiefen Wurzeln haben, mussten zum Teil gegossen werden.

Die Ernte im Obstbau – eine Einschätzung des Landwirtschaftsamts

Äpfel Im Streuobstbau bei Äpfeln ist im Rems-Murr-Kreis mit einem guten bis sehr guten Ertrag zu rechnen, teilt das Landwirtschaftsamt Backnang mit. Außer die Sommertrockenheit hält noch länger an, dann könne der Ertrag sich noch etwas reduzieren.

Birnen Der Ertrag bei Birnen fällt jedoch bei den meisten Sorten eher unterdurchschnittlich aus. Grund war der Frost Anfang April, der zur Schädigung von Blüten und jungen Früchten bei verschiedenen Obstarten geführt hatte. „Deshalb konnten wir in diesem Jahr auch nur wenige Aprikosen, Pfirsiche und Nektarinen ernten“, schreibt das Landwirtschaftsamt.

Beeren und Kirschen Die Beerenobsternte war oder ist zufriedenstellend. Die Ernte von Zwetschgen fällt wohl abgesehen von einigen Sorten gut aus. Bei Kirschen hatte in diesem Jahr wieder die Kirschessigfliege zugeschlagen und den Ertrag gemindert.

Wassernot im Obstbau Es fehlt schlichtweg Wasser. Landwirtinnen und Landwirte müssten ihre Kulturen eigentlich bewässern. Dies ist nicht immer möglich und auch teuer. Kommt es nicht zur Bewässerung, führt es zum Beispiel bei Äpfeln dazu, dass Früchte frühzeitig abgeworfen werden oder klein bleiben. Bei älteren und geschwächten Streuobstbäumen kann der Wassermangel auch zum Absterben ganzer Bäume führen.

Sonne Auch Früchte können durch starke Sonneneinstrahlung Sonnenbrand bekommen. Bei Äpfeln ist Sonnenbrand durch dunkle, eingesunkene Flecken auf den Früchten zu erkennen. Bei Beerenobst führt es zum Eintrocknen der Früchte am Strauch. Solche Schäden sind derzeit häufiger vorzufinden.

Preise Durch die gestiegenen Preise beispielsweise für Benzin, Gas oder Lebensmittel ist auch die Nachfrage nach Obst und Gemüse zurückgegangen. Hiervon betroffen sind sowohl Direktvermarkter als auch der Lebensmitteleinzelhandel. So konnten zum Beispiel während der Erdbeerernte nicht alle Früchte verkauft werden, obwohl sehr gute einheimische Ware angeboten wurde. Dies hatte zur Folge, dass Ware, die nicht mehr vermarktungsfähig war, entsorgt werden musste. Hiervon betroffen waren aber nicht nur Erdbeeren.