Erst denken, dann klicken

Kriminaloberrat Martin Lühning vom Polizeipräsidium Aalen warnt vor der Gefahr durch kinderpornografische Inhalte auf Smartphones von Kindern und Jugendlichen. Der Besitz und die Weitergabe dieses Materials ist strafbar. Eltern haften dafür.

Erst denken, dann klicken

Nicht alles, was einem aufs Handy geschickt wird, sollte man bedenkenlos anklicken oder gar weiterleiten. Foto: Lupo/pixelio.de

Bernhard Romanowski

BACKNANG. Das Smartphone ist ein nützliches Werkzeug und aus dem Alltag der meisten Menschen hierzulande wohl nicht mehr wegzudenken. Auch Kinder und Jugendliche nutzen diese Geräte in vielfältiger Weise. Doch deren Nutzung birgt auch Gefahren, die den Eltern oftmals gar nicht bewusst sind.

Wenn sich Kinder und Jugendliche Nachrichten über Messenger-Dienste schicken, enthalten diese neben Text oftmals auch Bild- oder Videodateien. Diese Inhalte dürften in den allermeisten Fällen völlig harmlos sein. „Manchmal schicken junge Menschen jedoch auch in unüberlegter Manier oder aus einem schlechten Scherz heraus Bilder und Videos, die verbotene Abbildungen von Kindern zeigen. Im deutschen Recht gilt das als Verbreitung von Kinderpornografie und ist mit Strafe bewährt“, macht Martin Lühning unmissverständlich klar. Er ist als Kriminaloberrat im Polizeipräsidium Aalen tätig und hielt jüngst auch einen Vortrag via Facebook zum Phänomenbereich der sogenannten Schulhof-KiPo, also über die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte durch Kinder und Jugendliche im Internet.

Das Versenden besagter Inhalte ist das eine Problem. Ein weiteres Problem jedoch ist, dass die Empfänger einer solchen Nachricht kaum eine Möglichkeit haben, den Empfang einer solchen Datei zu verhindern. So werden sie ungewollt Besitzer kinderpornografischer Inhalte. Und auch der Besitz ist verboten und strafbar. „Die meisten großen Internet Service Provider (ISP) sitzen in den USA, und über deren Server werden diese Bilder geschickt. Die ISP sind in den USA gesetzlich dazu verpflichtet, solche Inhalte den Behörden zu melden. Das National Center for Missing and Exploted Children (NCMEC) leitet Hinweise zu solchem Bildmaterial auch an die deutschen Behörden weiter“, erläutert Lühning auch in einem Livestream, der als Video noch im Facebook-Profil des Polizeipräsidiums Aalen verfügbar ist. Schon einzelne Fotos auf einem Handy können den Strafverfolgungsprozess auslösen, stellt der Experte klar.

Nicht nur das Teilen, sondern schon der Besitz kinderpornografischer Inhalte gilt als Straftat.

In den meisten Fällen steckt kein bewusstes Handeln dahinter. „So kann es also passieren, dass eines Morgens die Kriminalpolizei mit einem Durchsuchungsbeschluss bei Ihnen vor dem Haus steht und sie und ihr Kind oder ihre Kinder plötzlich unter Verdacht stehen, im Besitz von kinderpornografischem Material zu sein, nur weil ihr Spross seitens eines Freundes oder Bekannten vor einiger Zeit ein solches Foto oder Video geschickt bekommen hat“, skizziert Lühning ein mögliches Szenario. Denn zumeist seien die Handys nicht auf die jungen Nutzer, sondern eben auf die Eltern angemeldet, die dann eben auch den Kopf hinhalten müssen. Darum sei es wichtig, die Kinder beim Einstieg in die multimediale Welt zu begleiten und ihnen eine aktive Medienkompetenz zu vermitteln, wie Lühning es formuliert. Sie sollen also einen vernünftigen Umgang mit den Internetinhalten lernen und begreifen, dass längst nicht alles unbedenklich ist, was einem aus dem weltweiten Datennetz aufs Smartphone geschickt wird. Denn wenn es sich dabei um kinderpornografische Inhalte handelt, ist der objektive Tatbestand einer Straftat gegeben, auch wenn der Handynutzer selber sich gar nicht bewusst ist, etwas Verbotenes zu tun (subjektiver Tatbestand). In den meisten Fällen – und die Fallzahlen steigen laut Expertenaussage stetig – stecke kein bewusstes Handeln dahinter. Hier gelte der Spruch „Erst denken, dann klicken“, der nicht nur die Handlungsmaxime für Kinder und Jugendliche, sondern ebenso für Erwachsene bei der Internetnutzung beherzigt sein sollte.

Wichtig ist laut Lühning, sich als Eltern sofort an die Polizei zu wenden und solche Inhalte anzuzeigen, wenn man sie auf dem Smartphone des Kindes entdeckt. Ebenso appelliert der Kriminaloberrat an die Jugend, sich an die Eltern zu wenden, die Sache zu besprechen und dann zur Polizei zu gehen. Dass man dabei in Kauf nehmen müsse, die Privatsphäre des Kindes und den Datenschutz hintanzustellen, sei kaum zu umgehen. Diese Kontrolle sei schlicht die Aufgabe der Eltern und könne auch nicht auf die Schule oder andere Stellen abgewälzt werden, so Lühnings Appell.

Erst denken, dann klicken

Martin Lühning im Livestream. Screenshot: BKZ

Betrüger klinken sich beim Livestream der Polizei ein

Dass die Zuschauer via Kommentarfunktion bei Facebook und anderen Portalen Fragen stellen können, ist einer der interaktiven Vorteile eines Livestreams im Internet. Dieses Mittel wird auch von staatlichen Institutionen immer häufiger genutzt. Hierbei zeigte sich jüngst, dass auch die Polizei nicht immer vor den Tücken des Internets und den betrügerischen Absichten dahinter gefeit ist. Die Übertragung eines Vortrags mit Martin Lühning als Referenz musste zuletzt abgebrochen werden.

„Es gab einen Angriff auf unsere Facebook-Seite während der Liveübertragung. Die Angreifer versuchten offenbar, die Follower der Polizei Aalen auf andere Seiten zu locken, um ihre Daten abzugreifen oder Schadsoftware zu verbreiten“, erklärt David Ebert , der in der Pressestelle des Polizeipräsidiums Aalen für den Bereich Social Media zuständig ist. Man sei gerade dabei, zu klären, um was für einen Angriff es sich dabei gehandelt hat. Demnach konnte Ebert auch zu den Verursachern keine Aussagen treffen.

Es war im Übrigen bereits der dritte Livestream, mit dem das Aalener Präsidium im Netz vertreten war. Bei den ersten beiden Terminen, die ebenfalls im Juli stattfanden, waren Einbruchschutz und Betrugsmaschen, wie falscher Polizist oder Enkeltrick mit älteren Menschen als Zielgruppe, das Thema der virtuellen Vorträge gewesen.