Erstmals mehr als 30.000 Corona-Neuinfektionen gemeldet

dpa Berlin. Der harte Lockdown hat gerade erst angefangen. Noch steigen die Coronazahlen - und es drohen mehr Ansteckungen über die Feiertage. Kliniken stellen sich darauf ein, dass sich die Lage weiter zuspitzt.

Erstmals mehr als 30.000 Corona-Neuinfektionen gemeldet

Deutschland im Lockdown: Auch im Stadtteil Grünau in Leipzig müssen die Menschen zuhause bleiben. Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Die Zahl der binnen eines Tages gemeldeten Corona-Infektionen in Deutschland ist erstmals auf mehr als 30.000 gestiegen.

Gesundheitsämter übermittelten dem Robert Koch-Institut (RKI) 33.777 Fälle, darunter rund 3500 Nachmeldungen aus Baden-Württemberg vom Vortag, wie das RKI am Freitag bekanntgab. Berücksichtigt man diesen Nachtrag, wäre die Schwelle von 30.000 Infektionen bereits am Donnerstag überschritten gewesen. Unterdessen nimmt die Auslastung der deutschen Intensivstationen weiter zu. Aus Kliniken mehren sich Alarmzeichen.

Auch die Zahl der binnen sieben Tagen an die Gesundheitsämter gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner hat einen Höchststand erreicht. Das RKI gab den Wert am Freitag mit 184,8 an (Donnerstag: 179,2). Mehrere sächsische Landkreise kommen auf Werte von über 500 - angestrebt wird eine Zahl kleiner als 50. Der bisherige Höchststand an Neuinfektionen binnen eines Tages war am vergangenen Freitag mit 29 875 erreicht worden.

Die Zahl der Todesfälle nach Corona-Infektionen erreichte am Freitag mit 813 den zweithöchsten Wert seit Pandemiebeginn (Höchstwert vom 16. Dezember: 952). Nach vorläufigen Erkenntnissen des Statistischen Bundesamtes sind Mitte November etwa neun Prozent mehr Menschen in Deutschland gestorben als im Schnitt der Vorjahre.

Auf Intensivstationen werden nach Daten der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) nun 4899 Covid-19-Patienten behandelt, das sind 43 mehr als am Vortag. Mehr als jeder Zweite wird invasiv beatmet. Anfang Dezember lag die Zahl unter 4000. Die Auslastung ist regional unterschiedlich hoch. Divi-Präsident Uwe Janssens sagte dem Sender NDR Info: Sollten die Corona-Fallzahlen weiter so stark steigen, könnte in spätestens zehn Tagen eine Belastungsgrenze erreicht sein.

Zur Entlastung von Kliniken in Brandenburger Hotspots hat am Freitag die Verlegung von 61 Covid-19-Patienten nach Berlin und Sachsen-Anhalt begonnen. Sie sollen dort auf Normalstationen mehrerer Kliniken versorgt werden. Wegen eines drohenden Engpasses in Kliniken hatte Brandenburg um Hilfe gebeten.

In Berlin will die renommierte Universitätsklinik Charité ab Montag - in Erwartung einer weiteren Zunahme der Covid-19-Fälle - für zunächst 14 Tage den Betrieb auf ein „reines Notfallprogramm“ reduzieren. Planbare Eingriffe werden vorerst nicht mehr gemacht. Das kündigte die Klinik am Donnerstagabend an. „Wir befinden uns nach wie vor in einer ungewöhnlich schweren Krise, wie wir sie noch nicht erlebt haben“, erklärte Vorstand Ulrich Frei. Das Zurückfahren des Betriebs soll es ermöglichen, Personal aus anderen Bereichen zusammenziehen, um weitere Covid-19-Intensivkapazitäten aufzubauen.

Zwischen Infektion und Intensivstation lägen im Mittel zehn Tage, sagte der Charité-Mediziner Kai-Uwe Eckardt am Donnerstag im ZDF-„Heute-Journal“. Die Patienten, die zwischen Weihnachten und Anfang 2021 auf Intensivstationen kommen, hätten sich jetzt schon infiziert. Daran sei nichts zu ändern, aber alles danach lasse sich beeinflussen. „Jeder Kontakt, der jetzt noch durchgeführt wird, ist zu viel.“ Die Lockdown-Regeln dürften nicht ausgereizt werden.

Der Intensivmediziner Stefan Kluge vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf sagte der „Bild“-Zeitung, er gehe angesichts der befürchteten neuen Infektionsketten durch Weihnachten „zurzeit nicht davon aus, dass ein Lockdown bis 10. Januar ausreicht, um die Situation zu entspannen“.

Nach einem deutlichen Anstieg der Infektionszahlen waren diese seit der zweiten Novemberwoche zunächst vergleichsweise stabil. Dazu dürfte auch der Anfang November in Kraft getretene Teil-Lockdown beigetragen haben. Allerdings hatten die Maßnahmen nicht dazu geführt, dass die Kontakte zwischen Menschen ausreichend verringert wurden. Seit mehr als zehn Tagen steigen die Zahlen wieder deutlich - beachtet werden muss dabei auch, dass inzwischen nur noch Menschen mit Symptomen getestet werden sollen. Effekte des seit Mittwoch geltenden harten Lockdowns sind erst mit einem zeitlichen Verzug zu erwarten.

Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg bis Freitag auf 24.938. Von rund 7000 der Gestorbenen ist bekannt, dass sie in Gemeinschaftsunterkünften wie Pflegeheimen untergebracht waren. Das RKI geht von tatsächlich noch mehr Pandemietoten aus, da die Corona-Infektion nicht bei jedem Patienten erkannt werde. Es zählt seit Beginn der Pandemie 1.439.938 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland (Stand: 18.12., 00.00 Uhr). Nach Schätzungen sind rund 1.069.400 Menschen inzwischen genesen.

Der bundesweite 7-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Freitagabend bei 1,05 (Vortag 0,97). Das heißt, dass 100 Infizierte rechnerisch 105 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor acht bis 16 Tagen ab. Erst wenn er für längere Zeit deutlich unter 1 liegt, flaut dieses ab.

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Erstmals mehr als 30.000 Corona-Neuinfektionen gemeldet

Ein Mitarbeiter in einer Corona-Teststelle in Nürtingen. Erstmals sind in Deutschland mehr als 30.000 neue Infektionen mit dem Coronavirus innerhalb eines einzigen Tages registriert worden. Foto: Tom Weller/dpa