Mit Schulstreiks wenden sich junge Leute gegen einen Dienst an der Waffe. Sie verkennen die eigentliche Gefahr, kommentiert Rainer Pörtner.
Demonstration von Schülerinnen und Schülern in Hamburg gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht
Von Rainer Pörtner
Es verwundert nicht, dass junge Menschen protestieren, weil sie künftig in größerer Zahl in der Bundeswehr dienen sollen. Der Bundestag hat am Freitag ein Gesetz verabschiedet, das noch auf Freiwilligkeit setzt – aber den Druck durch Fragebögen und eine verpflichtende Musterung für alle 18-jährigen Männer erhöht. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch hoch, dass diese Freiwilligkeit schon bald nicht mehr ausreicht und Deutschland zumindest für einige Zehntausend Männer zu einem verpflichtenden Dienst an der Waffe zurückkehrt – wie es ihn bis zum Sommer 2011 gab.
Eine Wehrpflicht ist ein schwerer Eingriff in die Freiheit und Selbstbestimmung des Einzelnen. Mit diesem Hinweis haben die protestierenden Schülerinnen und Schüler absolut recht. Ein solcher Eingriff ist nur zu rechtfertigen, wenn es überragende Gründe dafür gibt. Die Bedrohung, die Russland inzwischen darstellt, ist ein solcher Grund: Präsident Putin wird sich durch ein Land, das freiwillig die Waffen vor ihm streckt, nicht aufhalten lassen, sondern nur durch eine glaubwürdige militärische Abschreckung.
In den meisten europäischen Ländern, die dichter an Russland liegen, gilt schon immer oder inzwischen wieder eine Wehrpflicht. Offensichtlich wird mit der räumlichen Nähe der Blick für die Gefahr klarer – und es wächst die Bereitschaft in der Gesellschaft, sich ihr gemeinsam entgegenzustellen. Diesen klaren Blick brauchen wir auch.
Nähe schafft offensichtlich Klarheit