Es geht um über 50 Kilogramm Drogen

Gericht spricht in Rauschgift-Prozess erste Urteile. Haftstrafen bis zu siebeneinhalb Jahre verhängt.

Es geht um über 50 Kilogramm Drogen

Von Bernd S. Winckler

BACKNANG/STUTTGART. Nach sechsmonatiger Dauer und 41 Verhandlungstagen sind am Stuttgarter Landgericht in Bezug auf sechs von sieben wegen bandenmäßigen Drogenhandels angeklagte Männer aus Backnang und Umgebung jetzt erste Urteile gesprochen worden. Ein Hauptangeklagter muss siebeneinhalb Jahre hinter Gitter, fünf weitere Angeklagte bekamen Strafen zwischen knapp zwei bis sechs Jahren. In dem Prozess ging es um über 50 Kilogramm Drogen. Gegen einen letzten Beschuldigten wird noch weiter verhandelt.

Zuerst hatten alle sieben Angeklagten, darunter zwei aus Nellmersbach, einer aus Backnang und fünf Männer aus Stuttgart, Herrenberg und Böblingen, vor Gericht zu den Vorwürfen geschwiegen. Die Anklage war immens: 2,5 Millionen Euro sollte die Bande in der Zeit zwischen März 2018 bis Januar 2019 erwirtschaftet haben. Mehrere Hunderttausend Euro Drogengeld wurden anlässlich einer Razzia und der Festnahmen im Mai letzten Jahres in Backnang, Waiblingen, Stuttgart und Herrenberg beschlagnahmt, sowie ein Koffer mit Goldbarren. Von den insgesamt zwölf Festgenommenen saßen ab dem 8. Januar dieses Jahres die sieben Männer mit syrischen, mazedonischen und türkischen Wurzeln auf der Anklagebank der 8. Strafkammer. Die Anklagebehörde hat die Männer ins Umfeld der kurdisch dominierten Streetgangs eingeordnet.

Bis auf einen 28-Jährigen aus Stuttgart sind nunmehr sechs der Bandenmitglieder abgeurteilt. Der Hauptangeklagte, ein 39-jähriger Gastwirt, ist wegen bandenmäßigen Rauschgifthandels zu sieben Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden, Strafen zwischen vier, viereinhalb und fünfeinhalb Jahren setzte es für den Rest der Bande, wobei ein 24-Jähriger aus Nellmersbach mit einer 22-monatigen Bewährungsstrafe davonkam. Letzterer galt nur als kleines Rädchen in dem großen Drogengeschäft, wie die Richter feststellten. Von den angeklagten 20 Einzelfällen, in denen es auch um Geldwäsche ging, ist jetzt noch gut die Hälfte übrig geblieben. Die Angeklagten hatten im Laufe des Mammutverfahrens nach anfänglichem Schweigen Geständnisse abgegeben, dabei jedoch die Rauschgiftmengen relativiert, sodass unter dem Strich von den vorgeworfenen rund 60 Kilogramm gerade noch 35 Kilogramm Marihuana und einige Kilogramm Kokain übrig blieben.

Der wichtigste Fall, in dem es am Abend des 21. Januar letzten Jahres um die Übergabe von 10 Kilogramm Rauschgift im Einkaufswert von 33000 Euro an einer Tankstelle in Backnang ging, ist allerdings noch strittig. Der 28-jährige Angeklagte, der diese Riesenmenge Drogen damals von einem Kurier aus Stuttgart bekommen haben soll, bestreitet nach wie vor, bei diesem Geschäft in Backnang dabei gewesen zu sein, und fordert Freispruch. Über diesen Anklagepunkt muss die Stuttgarter Strafkammer noch weitere Beweise erheben – und hat zusätzliche Verhandlungstage bis in den August festgelegt. Ebenfalls in Backnang hatten die Angeklagten bereits eine Woche zuvor von einem Lieferanten aus Frankfurt ein Kilogramm reines Kokain zum Preis von 36000 Euro erhalten. Dies ist inzwischen zugegeben worden.

Dass die sieben Männer auch Mitte des Jahres 2019 ein Kokaingeschäft mit 90-prozentiger Stoffreinheit zum Preis von knapp 400000 Euro getätigt hatten, war nun zum Prozessabschluss nicht mehr nachweisbar. Immerhin hatte die Bande, von der jetzt sechs Mitglieder verurteilt sind, technisch raffiniert umgerüstete Mobiltelefone für ihre Kommunikation benutzt, die den Drogenfahndern der Polizei Kopfzerbrechen bereiteten, weil sie nicht abgehört werden konnten. Das sichergestellte Geld, zahlreiche Handys, dazugehörige Sim-Karten, Navigationsgeräte und Drogenutensilien sind vom Gericht eingezogen worden. Wann ein Urteil gegen den Letzten der Bande gesprochen wird, ist noch offen.