„Es macht Spaß, in der Heimat zu spielen“

Das Interview: Comedian Özcan Cosar eröffnet heute die Mitglieder-Festivalwoche der Volksbank im Backnanger Bürgerhaus

Als frischgebackener Gewinner des Deutschen Comedypreises tritt ÖzcanCosar heute bei der Mitglieder-Festivalwoche der Volksbank im Backnanger Bürgerhaus auf. Im Interview spricht der 38-Jährige über türkische und schwäbische Wurzeln, über seine Vergangenheit als Zahnarzthelfer und deutscher Meister im Breakdance und darüber, warum er nicht als Deutsch-Türke bezeichnet werden will.

„Es macht Spaß, in der Heimat zu spielen“

Der historische Gettoblaster ist das passende Accessoire: In seinem Programm „Old School“ erinnert sich Özcan Cosar an seine Kindheit in Stuttgart-Hausen und an seine Vergangenheit als erfolgreicher Breakdancer. Foto: R. Maschke

Von Kornelius Fritz

Zunächst mal herzlichen Glückwunsch. Sie sind gerade als bester Newcomer mit dem Deutschen Comedypreis ausgezeichnet worden. Wie wichtig sind Ihnen solche Preise?

Ich fühle mich geehrt, dass ich diese Auszeichnung bekommen habe, denn es ist ja auch ein Zeichen dafür, dass man auf dem richtigen Weg ist und so weitermachen soll.

Glauben Ihnen jetzt auch Ihre Eltern, dass Comedian ein richtiger Beruf ist? In Ihrem Programm erzählen Sie, Ihr Vater halte Sie für einen Arbeitslosen, der Witze erzählt.

Ja, aber das ist eine überspitzte Darstellung. Meine Eltern unterstützen mich schon seit meiner Kindheit in allem, was ich mache, und freuen sich jetzt natürlich umso mehr.

Der Begriff „Newcomer“ ist in Ihrem Fall eigentlich nicht ganz richtig, denn Sie stehen schon seit mehr als zehn Jahren auf der Bühne. Hatten Sie in dieser Zeit mal Zweifel an Ihrem Erfolg?

Ich habe mir nie zum Ziel gesetzt, groß oder bekannt zu werden, sondern mein Ziel war es immer, Menschen zum Lachen zu bringen, weil ich das einfach liebe. Wenn man auf diesem Weg noch bestätigt wird, dann ist es natürlich toll.

Bevor Sie Comedian wurden, haben Sie schon alles Mögliche gemacht: Sie waren deutscher Meister im Breakdance, Tanzlehrer, Fitnessstudioleiter und Sie sind sogar ausgebildeter Zahnarzthelfer. Wie kam es denn dazu?

Ich habe mich schon immer für verschiedene Sachen interessiert. Und wenn mich etwas interessiert, dann will ich das machen und versuche, mich nicht in eine Schablone zwängen zu lassen. Deswegen habe ich viele Sachen ausprobiert, einfach weil ich wissen wollte, wie das funktioniert. So wollte ich auch mal den Bereich Zahnmedizin kennenlernen und es war eine tolle Erfahrung für mein Leben.

Während der Zahnbehandlungen mussten Sie sich mit Witzen aber wahrscheinlich eher zurückhalten?

Nein, das ging schon. Ich habe in der Kieferorthopädie gearbeitet, und da ist es Gott sei Dank nicht so, dass man permanent Schmerzpatienten hat. Daher war da doch viel Platz für Humor. Ich hätte diesen Beruf auch echt gerne weitergemacht, aber ich habe Ekzeme bekommen durch die Desinfektionsmittel und den Gips. Deshalb musste ich leider aufhören.

Ich habe gehört, dass Sie es nicht mögen, wenn man Sie als Deutsch-Türken bezeichnet. Warum stört Sie der Begriff?

Weil ich ein Deutscher bin.

Aber Ihre türkischen Wurzeln spielen in Ihrem Programm doch eine große Rolle.

Ja natürlich. Aber durch einen solchen Begriff entsteht eine sozioökonomische Distanz. Wenn die Mehrheitsgesellschaft jemanden als Nichtdeutschen oder nicht vollkommen Deutschen bezeichnet, dann wird er es auch nie schaffen, sich selbst als Deutschen zu sehen. Das ist, als wenn alle Menschen zu Ihnen Peter sagen, obwohl Sie Hans heißen. Klar habe ich türkische Wurzeln und ich spiele auch damit. Aber wenn ich einen deutschen Pass habe, dann bin ich Deutscher. Und dann finde ich es ein Problem, wenn einem permanent vor Augen gehalten wird: Eigentlich ist er ja nicht ganz deutsch, eigentlich ist er ja Deutsch-Türke.

Gibt es denn trotzdem Momente, in denen Sie sich türkisch fühlen?

Natürlich habe ich eine Verbindung zu dieser Kultur, aber mein Nachbar war öfter in der Türkei als ich. Er war vielleicht 25-mal dort, manchmal sogar zwei, drei Monate. Ich denke, er fühlt sich türkischer als ich.

Und wo kommen Ihre schwäbischen Wurzeln zur Geltung?

Ich habe mich zum Beispiel gefreut, dass Sie mich wie vereinbart um Punkt zwölf Uhr angerufen haben.

Es heißt, das Verhältnis zwischen den Deutschen und ihren türkischstämmigen Mitbürgern habe in den vergangenen Jahren gelitten. Man denke etwa an den Fall Mesut Özil. Merken Sie davon auch etwas?

Ich persönlich nehme das nicht wahr. Ich finde, man muss differenzieren. Ressentiments und Vorurteile finden immer dann statt, wenn man Handlungen eines Einzelnen oder von wenigen Menschen auf eine ganze Gruppe überträgt.

Sie sind in Stuttgart aufgewachsen und treten heute Abend in Backnang auf, also fast ein Heimspiel. Unterscheiden sich Auftritte vor schwäbischem Publikum für Sie von solchen in Köln oder Hamburg?

Ja, es gibt in meinem Programm schon Lokalkolorit, also Sachen, die nur wir Schwaben verstehen. Wenn ich zum Beispiel „Hoch den Kolbe, nei den Zinke“ sage, weiß in Hamburg keiner, was ich meine. Deshalb macht es natürlich Spaß, in der Heimat zu spielen.

Und in Backnang waren Sie schon mal?

Ich war früher sogar sehr oft in Backnang bei Breakdance-Veranstaltungen. Ein Freund von mir hatte da auch mal einen Gastronomiebetrieb. Ich mag Backnang, und es ist auf jeden Fall eine Freude, wieder dort zu sein.

Info
Mitglieder-Festivalwoche der Volksbank : Vier Tage Programm im Bürgerhaus

Mit der jährlichen Mitglieder-Festivalwoche will sich die Volksbank Backnang bei ihren Teilhabern für das Vertrauen bedanken. An vier Abenden gibt es im Backnanger Bürgerhaus ein Programm mit Comedy, Kabarett und Musik. Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr. Die Veranstaltungen sind exklusiv für Volksbank-Mitglieder. Diese dürfen aber Begleitpersonen mitbringen.

Zum Auftakt präsentiert Özcan Cosar heute Abend sein Soloprogramm „Old School – Die Zukunft kann warten“. Darin zeigt der Comedian mit türkischen Wurzeln, dass er mit der Zukunft nichts am Hut hat, lieber im Heute lebt und das Vergangene gerne auf die Schippe nimmt. Mit einem Augenzwinkern blickt er zurück auf seine eigene Vita als kultureller Zwitter, cooler Breakdancer und multitalentierter Sohn.

Morgen Abend zeigt Lizzy Aumeier Höhepunkte aus ihren bisherigen Erfolgsprogrammen. Die Kontrabassistin gilt als die Entdeckung des bayerischen Musikkabaretts der letzten Jahre und ist unter anderem durch ihre zahlreichen TV-Auftritte bekannt, unter anderem bei „Markus Lanz“, „Ottis Schlachthof“ oder „Ladies Night“. Ausgezeichnet wurde sie bereits mit sieben Kabarett- und zwei Kulturpreisen.

Mit dem schwäbischen Charme eines echten Halbitalieners beschreibt Heinrich Del Core am Donnerstag alltägliche Kuriositäten detailgetreu und so plastisch, dass man glaubt, selbst dabei gewesen zu sein. Seine Geschichten werden durch seine witzige Schilderung zu teils absurden Begebenheiten und führen dem Publikum den alltäglichen Irrsinn vor Augen.

Zum Abschluss rocken am Freitag Bernd Kohlhepp alias Herr Hämmerle als „schwäbischer Elvis“ und Nils Strassburg als „Deutschlands bester Elvis“ die Bürgerhaus-Bühne. Es gibt ein Wiederhören mit „Love me tender/Seifenspender“ und dem Lied vom Kühlschrank – aber auch ebenso viele Elvis-Hits mit unverfälschtem Originaltext. Das Publikum erfährt nicht nur einiges über Elvis’ Leben im Geheimen, sondern auch über Hämmerles Privatleben. Und vielleicht stellt sich am Ende heraus, dass es hier mehr Gemeinsamkeiten gibt, als beim ersten Blick ins Auge fällt.

Für alle Veranstaltungen gibt es noch Karten. Diese sind erhältlich in den Volksbank-Geschäftsstellen und an der Abendkasse und kosten 12,50 Euro für Mitglieder sowie 17,50 Euro für deren Begleitung.