EU-Gipfel: Merkel und Co beraten über Türkei-Verhältnis

dpa Brüssel. Der Erdgaskonflikt im östlichen Mittelmeer hat sich zuletzt leicht entspannt. Zumindest ein EU-Staat will dennoch eine neue Sanktionsrunde gegen die Türkei einläuten. Beim EU-Gipfel gilt es nun, eine schwierige Entscheidung zu treffen.

EU-Gipfel: Merkel und Co beraten über Türkei-Verhältnis

Ein türkische Forschungsschiff ankert im Mittelmeer - Zypern fordert von der EU Strafmaßnahmen gegen die Türkei. Foto: Ibrahim Laleli/DHA/AP/dpa

Angesichts des Erdgaskonflikts im östlichen Mittelmeer beraten die EU-Staats- und Regierungschefs heute bei einem EU-Sondergipfel in Brüssel über den weiteren Umgang mit der Türkei.

Verknüpft mit dem Thema sind auch geplante Sanktionen gegen Verantwortliche für Wahlfälschung und Gewalt in Belarus (Weißrussland), die bislang durch Zypern blockiert werden.

Zudem stehen am ersten Tag des zweitägigen Treffens das Verhältnis der EU zu China, die Vergiftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny sowie die Eskalation in der Konfliktregion Berg-Karabach im Kaukasus auf dem Programm von Kanzlerin Angela Merkel und ihren Kollegen. EU-Ratspräsident Charles Michel erhofft sich ein Signal, dass die EU bei zentralen außenpolitischen Fragen geschlossen und entschlossen in der Welt auftritt.

Ob man zu einer einstimmigen Gipfelerklärung zur Türkei und Belarus kommt, ist aber noch nicht klar, wie ein hoher EU-Beamter sagte. Man werde versuchen, eine Lösung zu finden. Beides hängt zusammen: Die EU ist sich seit Wochen im Prinzip einig, dass sie Sanktionen gegen rund 40 Unterstützer des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko verhängen will. Zypern blockiert einen einstimmigen Beschluss jedoch, weil es gleichzeitig neue Strafmaßnahmen gegen die Türkei durchsetzen will.

Hintergrund ist, dass die Türkei im östlichen Mittelmeer Erdgasfelder erforschen lässt, was die Nachbarn Griechenland und Zypern für illegal halten. Die EU hatte der Türkei deshalb Ende August ein Ultimatum gesetzt und mit zusätzlichen Sanktionen gedroht. Wenn es keine Fortschritte bei Gesprächen zur Beilegung des Konfliktes gebe, könne auf dem Sondergipfel eine Liste weiterer Strafmaßnahmen diskutiert werden, sagte damals der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

Zuletzt gab es Zeichen der Entspannung, aber es ist unklar, wie sie von den Staats- und Regierungschefs beurteilt werden. In jedem Fall dürfte der EU-Gipfel die Solidarität mit Griechenland und Zypern bekräftigen.

Themen des zweitägigen Sondergipfels sollen dann am Freitag auch die Stärkung des in der Corona-Krise geschwächten EU-Binnenmarkts und die Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit Großbritannien für die Zeit nach der Brexit-Übergangsphase ab Januar 2021 sein.

Das Vereinigte Königreich hat die EU Ende Januar verlassen, ist aber noch bis Jahresende Mitglied des europäischen Binnenmarkts und der Zollunion. Sollte es bis dahin keine Einigung über die künftigen Handelsbeziehungen geben, könnte dies schwerwiegende Konsequenzen für Unternehmen und zum Beispiel das EU-Fischereigewerbe haben. Die EU-Seite hält einen Abschluss der Verhandlungen bis Ende Oktober für nötig, damit ein etwaiger Vertrag noch ratifiziert werden kann.

© dpa-infocom, dpa:201001-99-778809/2