Gift im Kinderzimmer

EU will Kinderspielzeug sicherer machen

Neue Vorgaben sollen dafür sorgen, dass Bauklötze oder Kuscheltiere weniger gefährliche Chemikalien enthalten. Besonders im Fokus der Kontrolleure sind Online-Portale.

EU will Kinderspielzeug sicherer machen

In zu viel Kinderspielzeug finden sich gesundheitsschädliche Gifte. Das will die EU mit schärferen Regeln in Zukunft ändern.

Von Knut Krohn

Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass das von ihnen gekaufte Kinderspielzeug sicher ist. Stichproben in der EU zeigen aber, dass vor allem auf den Online-Portalen erschreckend häufig etwa Bausteine, Puppen oder Kuscheltiere angeboten werden, die mit gefährlichen Umweltgiften belastet sind. Aus diesem Grund hat das EU-Parlament am Dienstag beschlossen, die europäischen Sicherheitsvorgaben für Spielzeug auf den aktuellen Stand zu bringen. Das heißt konkret, dass etwa die sogenannten Ewigkeitschemikalien (Pfas) sowie eine Reihe hormonverändernder und krebserregender Stoffe in den Waren verboten werden.

Für Informationen sorgt ein Produktpass

„Wir haben in der EU die sichersten Spielzeuge der Welt und doch war jedes fünfte Produkt, das als gefährlich eingestuft und von der EU vom Markt genommen wurde, ein Spielzeug“, betonte die CDU-Europaparlamentariern Marion Walsmann, die für das Europaparlament an den Verhandlungen maßgeblich beteiligt war. Die Union reduziere nun die Risiken durch gefährliche Chemikalien in Spielzeug und sorge für eine bessere Kennzeichnung, auch im Online-Handel. Vor allem der digitale Produktpass – abrufbar etwa über einen QR-Code - ist für Marion Walsmann ein Fortschritt. Auf diesem Weg könnten nicht nur Verbraucher, sondern auch Zollbehörden leichter überprüfen, ob das Spielzeug den Vorgaben entspricht.

Diese Regelung gilt auch für Plattformen wie Online-Marktplätze oder Händlerportale, über die immer häufiger Spielzeug an die Kunden geht. Sie müssen zum einen nicht nur sicherstellen, dass dort nur konformes Spielzeug angeboten wird, was auch für Dritthändlern gilt. Zum anderen muss in Zukunft der Produktpass zudem über einen deutlich gekennzeichneten Link vor Abschluss des Kaufs abrufbar sein. Katarina Barley (SPD), Vizepräsidentin des EU-Parlaments und Mitglied im Binnenmarktausschuss, bezeichnete die neue Verordnung als „starkes Zeichen für Gesundheit, Sicherheit und Verbraucherschutz“. Sie warf Handelsplattformen wie Temu und Shein vor, „den europäischen Markt mit gefährlichen Spielzeugen“ zu fluten.

Eine deutliche Verschärfung der bisherigen Regeln

Die neue Regelung ist eine Verschärfung der bisherige EU-Richtlinie von 2009. Die kam wegen der steil ansteigenden Zahl von Onlinekäufen und neu entwickelten Chemikalien an ihre Grenzen. Schon heute sind Stoffe verboten, die etwa krebserregend oder fortpflanzungsschädigend sind. Neu ist: Auch sogenannte endokrine Disruptoren (die das Hormonsystem beeinflussen) sowie Chemikalien, die das Nerven-, Atem- oder Immunsystem schädigen können, werden künftig nicht mehr erlaubt sein. Auch bei besonders bedenklichen Stoffgruppen werden die Regeln verschärft. Darunter fallen etwa Pfas – sogenannte Ewigkeitschemikalien, die sich kaum abbauen und sich im Körper oder in der Umwelt anreichern können. Spielzeuge dürfen zudem künftig nicht mehr mit Biozidprodukten – etwas Insektengifte - behandelt werden, außer sie sind ausdrücklich für die Nutzung im Freien gedacht. Allergieauslösende Duftstoffe sind künftig verboten, wenn Spielzeuge für Kinder unter drei Jahren bestimmt sind und in den Mund genommen werden können.

Unterstützt wird die neue, verschärfte Regelung von der Spielzeugbranche, der das Problem seit Jahren bekannt ist. „Aus Sicht renommierter Qualitätshersteller von Spielwaren ist das unkontrollierte Treiben auf Online-Marktplätzen ein wirkliches Ärgernis, weil es eine ganze Branche in Verruf bringt“, betonte der Geschäftsführer des Deutschen Verbands der Spielwarenindustrie, Ulrich Brobeil, schon während der laufenden Verhandlungen.

Lange Übergangsfristen vereinbart

Für die anstehenden Weihnachtseinkäufe kommt die Regelung allerdings zu spät. Der Rat der 27 EU-Länder muss das Gesetz noch formal absegnen. Anschließend gilt eine Übergangszeit von 4,5 Jahren. Die CDU-Europaabgeordnete Marion Walsmann verteidigt allerdings diese lange Frist. Die Spielzeughersteller und auch die Händler müssten sich auf die neuen Regeln einstellen können. Zudem müssten sich die nationalen Behörden auf die neuen Möglichkeiten der Kontrolle vorbereiten und der digitale Produktpass müsse erstellt werden. Sie betont auch, dass diese langen, „realistischen Fristen“ notwendig gewesen seien, da sonst keine Einigung möglich gewesen wäre.