Europa hat viel zu bieten

Am EU-Projekttag besuchen Bürgermeister Bernhard Bühler und Gemeindetagspräsident Steffen Jäger die Murrtalschule, um mit den Kindern über die verschiedenen Länder des Staatenbunds zu sprechen.

Europa hat viel zu bieten

Lehrerin Stephanie Mergenthaler (links) mit Blumenkranz im Haar spricht über das Mittsommerfest in Schweden, ihre Kollegin Elke Hamann-Steiner widmet sich später Zypern. Foto: A. Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

OPPENWEILER. Der Sturmfeder-Saal in der Murrtalschule ist festlich geschmückt. Eine große blaue Fahne mit gelben Sternen prangt unübersehbar an der Tafel, Buchstaben aus Zeitungspapier formen das Wort Europa. Umrahmt wird sie von kleinen Länderfähnchen. Den feierlichen Auftakt zum Projekttag macht Zacharias. Mit der Europahymne auf dem Flügel stimmt er das Publikum – neben seinen Klassenkameraden aus der 4a die beiden Klassenlehrerinnen Elke Hamann-Steiner, Stephanie Mergenthaler, Rektor Siegfried Bubeck sowie die prominenten Ehrengäste Bürgermeister Bernhard Bühler und Gemeindetagspräsident Steffen Jäger – auf den EU-Projekttag ein. Dann geht es los, kreuz und quer durch den Staatenbund.

Durch 27 Länder führt die Reise. Jedes Kind präsentiert einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Bunt gestaltet sind die Plakate, darauf zu sehen beispielsweise die Staatsflagge, besondere Sehenswürdigkeiten, das Nationalgericht (ja, in Deutschland ist es tatsächlich das Sauerkraut mit Würstchen!) und interessante Daten und Fakten zum jeweiligen Land. Wer weiß schon, dass Playmobilfiguren auf Malta gefertigt werden? Dass die Währung in Dänemark und Tschechien nicht der Euro ist? Oder dass die Legosteine in Dänemark erfunden wurden? Dass das Heimatland der Schlümpfe Belgien ist?

Björn Borg ist den Schülern kein Begriff, Zlatan Ibrahimovic schon.

Viel Mühe haben sich die Kinder bei ihren Präsentationen gemacht. Der eine spricht ein wenig mehr, die andere etwas weniger, doch man merkt ihnen an, dass sie sich intensiv mit „ihrem“ Land beschäftigt haben. Das geografische Europa ist in der 4. Klasse ein Lehrplanthema, daher hatten die Kinder schon etwas Vorarbeit leisten können. Sogar an der Sprache versucht man sich und lässt sich auch durch so manche Aussprachetücke nicht drausbringen. Die beiden Lehrerinnen haben sich ebenfalls je ein Land vorgenommen und sich sogar passend dazu gekleidet. Stephanie Mergenthaler mit Blumenkranz im Haar spricht über das Mittsommerfest in Schweden und während den Kindern Tennisspieler Björn Borg kein Begriff ist, kennen fast alle den Fußballstar Zlatan Ibrahimovic.

Zypern wartet, wie Elke Hamann-Steiner erklärt, mit einer Besonderheit auf, denn während der Süden zur EU gehört, ist der Norden ein Teil der Türkei. Für Erstaunen bei den Kindern sorgt Bürgermeister Bühlers Vorstellung Tschechiens, und zwar bei der Frage, ob denn eine tschechische Automarke bekannt sei. Automarken kennen die Mädchen und Buben, aber wo sie herkommen? Toyota, Peugeot, sogar Lamborghini wird vorgeschlagen. Die Lösung, Škoda, ist ihnen dann aber doch bekannt. Handballprofi Jakub Strýc vom HC Oppenweiler/Backnang ist natürlich ein Begriff, aber wer hat nur das Lied von Biene Maja gesungen? Eine Schülerin weiß eine Antwort: „Meine Schwester!“ Naja, fast richtig, in diesem Fall. Und natürlich war auch nicht Helene Fischer, sondern die „goldene Stimme von Prag“ gemeint, Karel Gott.

„Es ist sehr beeindruckend, wie viele Länder ihr vorgestellt habt“, lobt Steffen Jäger, seit Anfang Februar Präsident und Hauptgeschäftsführer des baden-württembergischen Gemeindetags. Ergänzend zu seinem Vorredner spricht er über die Slowakei. Während das Nachbarland Tschechien auch das Herz Europas genannt wird, liegt tatsächlich in der Slowakei der rechnerische Mittelpunkt Europas. „Es ist wichtig, dass man in Europa gut zusammenarbeitet“, erklärt Jäger die Motivation hinter dem Zusammenschluss der Staaten. Später kommt er noch darauf zu sprechen, dass es seit Ende des Zweiten Weltkriegs keine kriegerischen Handlungen mehr zwischen den Mitgliedsstaaten gegeben habe, eine historisch einzigartige Situation.

Den Abschluss der Ländervorstellungen macht Rektor Bubeck passenderweise mit Großbritannien, dem einzigen Staat, der nach jahrzehntelanger Mitgliedschaft in den Europäischen Gemeinschaften sowie der EU im vergangenen Jahr ausgetreten ist.

Im Anschluss nutzten die Kinder die Möglichkeit, Steffen Jäger zur Europäischen Union zu befragen. Warum denn die Schweiz kein EU-Mitglied sei, nicht überall der Euro gelte oder das Parlament seinen Sitz in Brüssel habe? Und auf fast alle Fragen weiß Jäger auch eine Antwort. „Jetzt haben Sie bestimmt Löcher im Bauch von so vielen Fragen“, kommentiert eine Schülerin die Wissbegierde ihre Klassenkameraden. Höchste Zeit, das Buffet zu eröffnen, auf dem eine bunte Auswahl an landestypischen Spezialitäten aufgebaut ist, von Karlsbader Oblaten (Tschechien) über weiße Bohnen (Großbritannien) bis zu internationalen Würstchen und Käsewürfeln. Und? Lecker schmeckt es. Selbst – man zeigt sich überrascht – die weißen Bohnen.

Die Herkunft des Namens Europa ist unklar

2007 wurde der EU-Projekttag eingeführt. Politiker in ganz Deutschland besuchen an diesem Tag Schulen, um mit Schülern über Europa zu sprechen, zu diskutieren, Fragen zu beantworten. Umfragen belegen, dass dadurch das Interesse von Kindern und Jugendlichen an Europa stark steigt.

Wie der Kontinent Europa zu seinem Namen kam – dazu gibt es mehrere Erklärungen. Die nüchterne besagt, dass sich das Wort „Europa“ vom griechischen „erebos“ ableitet, was „dunkel“ bedeutet. Es soll für das Abendland stehen, der Ort, an dem die Sonne untergeht. Etwas fantasievoller ist die griechische Sage, nach der Europa, die Tochter des phönizischen Königs von Agenor, von Zeus entführt wurde. Sie wurde seine Frau und auch Königin von Kreta.

„Europe“ bezog sich zunächst auf den Bereich der Peloponnes. Doch Herodot weitete diesen geografischen Begriff im 5. Jahrhundert vor Christus auf das Land nördlich von Mittelmeer und Schwarzem Meer aus, um es von Asien und Afrika zu unterscheiden.