Fasching feiern mit Abstand?

Schon jetzt wird diskutiert, ob Faschings- und Karnevalsveranstaltungen unter Coronaregeln überhaupt stattfinden können. Die Vereine der Region gehen unterschiedlich damit um, von kompletten Absagen bis zu kreativen Konzepten.

Fasching feiern mit Abstand?

Dicht gedrängt stehen die Zuschauer bei Umzug des Faschingsverein Burgstetten. Zumindest hier wird es 2021 keine Veranstaltungen geben, bereits im Juni hat sich die Vorstandschaft dagegen entschieden. Foto: J. Fiedler

Von Kristin Doberer

BACKNANG. Prunksitzungen mit Maske, Umzüge mit Abstand oder Narrenbälle mit wenig Teilnehmern – geht das überhaupt? Nach den Absagen von Frühlingsfesten und Großveranstaltungen wird jetzt auch die fünfte Jahreszeit von der Coronapandemie bedroht. Obwohl die Faschings- beziehungsweise Karnevalssaison erst in einigen Monaten startet, wird schon jetzt diskutiert, ob und wie solche Veranstaltungen stattfinden können. Auch die Vereine in und um Backnang beschäftigen sich mit dieser Frage.

Für den Backnanger Karnevals-Club ist klar: Die Kampagne wird nicht so stattfinden können wie gewohnt. Eigentlich beginnt das bunte Treiben bereits am 11. November, doch die Veranstaltungen für 2020 – der Rathaussturm und das Ordensfest – haben die Verantwortlichen bereits jetzt abgesagt. „Der Rathaussturm ist öffentlich, da können wir nicht einschätzen, wie viele Leute kommen“, sagt die Präsidentin Gabi Kallfaß. „Das hat man dann einfach nicht im Griff.“ Auch das Ordensfest, zu dem für gewöhnlich etwa 500 Personen kommen, wird deshalb nicht stattfinden.

Für die Veranstaltungen im kommenden Jahr hat sie dagegen noch etwas Hoffnung, auch wenn sie sicher nicht so stattfinden werden, wie in den vergangenen Jahren. „Kategorisch absagen wollen wir die Prunksitzungen nicht, wir suchen jetzt eben kreative Lösungen zur Umsetzung.“ Ein paar Ideen hat sie schon, doch die will sie zunächst mit den Mitgliedern besprechen. Man müsse nun eben sehen, was man machen kann und was nicht. „Das Brauchtum hat eine so langjährige Tradition. Das kann und soll man nicht komplett absagen.“

Finanziell lohnen sich kleine Veranstaltungen für Vereine nicht.

Bei allen Veranstaltungen sei es ihr sehr wichtig, dass die Mitglieder selbst entscheiden, ob sie teilnehmen wollen oder ihnen das Risiko einer Ansteckung zu hoch ist. Vor allem bei den Prunksitzungen, die eigentlich über mehrere Tage im Backnanger Bürgerhaus stattfinden sowie dem Kinderfasching, komme es auf aktuelle Coronaverordnungen an. So können momentan nur etwa 180 Personen in das Bürgerhaus. „Bei so wenigen Besuchern decken die Einnahmen die Kosten gar nicht. Das lohnt sich nicht“, sagt Kallfaß.

Der Faschingsverein Burgstetten dagegen hat sich bereits im Juni dazu entschieden, die Kampagne für 2021 komplett abzusagen. Das habe verschiedene Gründe, erklärt Marcel Clerici. Zum Einen das Ansteckungsrisiko. „Wir haben die Verantwortung für die Gäste. Bei Umzügen springen so viele Leute herum, wir glauben nicht, dass die Abstandsregeln da durchsetzbar sind.“ Besonders, da es sich bei dem Verein in Burgstetten um einen relativ kleinen handelt. Man habe schlicht nicht genug Mitglieder, um die Coronaregeln effektiv durchzusetzen.

Natürlich stellt die fehlende Veranstaltung für den Verein auch eine fehlende Einnahmequelle dar. „Im Moment sind wir ganz gut aufgestellt, wenn der Umzug nur in diesem Jahr ausfällt, ist das für uns kein Problem. Jüngere und größere Vereine könnten da eher ein Problem haben.“ Dafür macht er sich große Sorgen um die Jugendarbeit. Zwar würden die Garden in Burgstetten seit einigen Wochen wieder trainieren, aber Auftritte wird es für sie vermutlich keine geben. Noch sei die Beteiligung zwar gleichbleibend, ob es aber auch in einem Jahr ohne Auftritte bei guter Trainingsbeteiligung bleibt, bezweifelt Clerici. Außerdem habe es in diesem Jahr keine Möglichkeiten gegeben, neue Mitglieder anzuwerben. Die Sommerferienprogramme des Faschingsvereins konnten nicht stattfinden, Kinderfasching wird es 2021 auch keinen geben. „In den kommenden Jahren werden wir noch sehr viel mehr in die Jugendarbeit stecken müssen, wenn es eben wieder geht.“ Der Vorstand habe auch überlegt, eine kleine, interne Veranstaltung für die Vereinsmitglieder zu organisieren. Dabei könne genügend Abstand gehalten werden und die verschiedenen Gardegruppen könnten zumindest einmal vor Publikum auftreten. Ob sie als Verein zu Veranstaltungen von anderen Vereinen fahren – sofern diese dann überhaupt stattfinden können – wisse er noch nicht. Darüber habe die Vorstandschaft noch nicht final abgestimmt, es werde wohl auf eine Bauchentscheidung hinauslaufen. „Aber viele Vereine, die eingeladen haben, rudern gerade ohnehin zurück und sagen doch noch ab.“

Die Rechaspitzer aus Althütte hingegen halten zumindest vorerst an ihren Plänen fest. Die Einladungen zum Umzug und dem abendlichen Ball sind verschickt, bisher wird geplant, wie immer. „Aber wir sind natürlich nicht so blauäugig, dass wir glauben, bis zum Februar läuft alles wieder normal“, sagt Ralph Mertlik. Man wisse ja noch nicht, wie die Situation im Februar aussieht und was dann wieder möglich ist. Für gewöhnlich gibt es einen Rathaussturm, einen Umzug, die Narrentaufe und den Narrenball. Die Vorstandschaft plane nun eher modular, man wolle auf Sicht fahren und dann wenige Wochen vor dem Tag erst entscheiden, welche der Veranstaltungen mit den dann geltenden Regelungen tatsächlich stattfinden kann.

Wenig Hoffnung für Narrenball in der Halle.

Aber schon jetzt hat Mertlik nur wenig Hoffnung für den Narrenball, der abends in einer Festhalle stattfindet. Nicht nur aufgrund des Ansteckungsrisikos, sondern auch wirtschaftliche Faktoren spielen hier eine Rolle. Sollten nämlich die Verordnungen im Februar ähnlich sein wie jetzt, so könnten statt der 650 Personen nur etwa 200 in die Halle. „Das lohnt sich aus wirtschaftlicher Sicht einfach nicht“, so Mertlik. Dabei sei das die einzige Einnahmequelle für den Verein und deshalb eigentlich sehr wichtig. Das sei aber nicht der einzige Faktor, den man bedenken muss: „Ohne diese Veranstaltungen bricht der Vereinszweck komplett weg.“ Der Verein lebe von der Gemeinschaft, dem Vorbereiten von Umzügen und den Fahrten zu anderen Vereinen. Einladungen anderer Vereine seien trotz Corona schon einige gekommen, zu welchen man tatsächlich fährt, will die Vorstandschaft erst noch entscheiden und von den Bedingungen vor Ort abhängig machen. „Wir wissen ja, bei welchem Verein es viel Platz und zum Beispiel eine gute Lüftung gibt.“

Er hofft, dass zumindest die Veranstaltungen an der frischen Luft noch eine Chance haben, wie die Narrentaufe oder der Rathaussturm. Auch die Umzugsstrecke in Althütte sei zum Beispiel sehr lang, hier könnten auch die Zuschauer gut auf Abstand gehen, ebenso wie die Gastgruppen. Solange dem Verein nicht die Entscheidung von oben abgenommen wird, plant er also weiter. Man will sich dann ein paar Wochen vor den Veranstaltungen anschauen, was sich unter den dann geltenden Hygienevorschriften umsetzen lässt und was vertretbar ist. Zumindest eines haben sie schon festgestellt: „Eine Pyramide mit 1,5 Metern Abstand ist nicht machbar.“

Für den Sulzbacher Carnevalsverein steht fest: „Bei uns wird es auf alle Fälle Veranstaltungen geben“, sagt Birgit Kollak, eine der drei Präsidentinnen. „Fastnacht ist Fastnacht – das steht im Kalender wie Weihnachten und Ostern“, so Kollak weiter. Klar sei auch, dass die Veranstaltungen nicht wie in gewohnter Weise stattfinden könnten. „Heute Abend ist Vorstandssitzung. Da werden wir grob einen Plan ausarbeiten“, sagte sie gestern auf Anfrage unserer Zeitung. Auf jeden Fall wolle man am Rathaussturm im Freien festhalten. Einzelheiten müssen man dann mit der Gemeinde absprechen.