Faustschläge wegen nächtlichen Lärms aus dem Keller

Sechs Monate Haftstrafe auf Bewährung für 56-jährigen Backnanger. Verfahren gegen 40-Jährigen wegen Bedrohung wird eingestellt.

Faustschläge wegen nächtlichen Lärms aus dem Keller

Eine Meinungsverschiedenheit zwischen zwei Männern ist eskaliert, das Gericht musste sich nun damit befassen. Symbolfoto: BilderBox/Erwin Wodicka

Von Florian Muhl

Backnang. Weil eine Haustür verschlossen war, ist eine Meinungsverschiedenheit zwischen zwei Männern eskaliert, die schließlich mit Faustschlägen endete und gestern vor dem Amtsgericht Backnang verhandelt worden ist. Einmal Verfahren eingestellt, einmal sechs Monate Haftstrafe auf Bewährung, so das Ergebnis nach 100 Minuten Verhandlung kurz zusammengefasst.

Die beiden Backnanger treffen nach dem blutigen Streit vor einem Jahr erstmals wieder zusammen. „Bleibt friedlich miteinander“, fordert sie der Richter freundlich, aber bestimmt auf. Auch deswegen, weil sie beide direkt nebeneinander, nur getrennt durch eine provisorische Glasscheibe, auf der Anklagebank Platz nehmen müssen. Beide haben keinen Verteidiger.

Ort des Geschehens ist ein Mehrfamilienhaus in Backnang. Die Adresse ist bei der Polizei bestens bekannt. Sie ist dort öfters im Einsatz. Denn im Obergeschoss wohnt eine Frau, die dem Alkohol sehr angetan ist. Entsprechend gezecht wird auch bei den Mitbewohnern und Besuchern. Dass es sich bei dem Datum der Tatnacht um eine Schnapszahl handelt, es war der 22.2.22, sei hier nur am Rande erwähnt.

Auf der Anklagebank sitzt nun zum einen einer der Besucher. Nach eigenen Angaben hat er in jener Nacht nicht so viel gebechert. „Ich hatte höchstens ein Promille, und das ist für mich noch gar nichts. Ich konnte noch geradeaus laufen“, sagt der 40-Jährige. Richter Marco Siever hält ihm vor, dass die Polizei nach dem Vorfall bei ihm 1,64 gemessen hat. Der Angeklagte will auch diesen höheren Promillewert einordnen und sagt: „Mein Maximum war 5,5.“

Auch üble Schimpfworte gab es

Ihm wirft der Staatsanwalt vor, dass er den zweiten Angeklagten mit üblen Schimpfworten beleidigt hat, die man an dieser Stelle nicht wiederholen muss, und auch mit den Worten bedroht hat: „Wenn ich dich auf der Straße sehe, bringe ich dich um.“ Doch im Lauf des Prozesses findet sich kein Zeuge, der sich an solche Schimpftiraden und drohenden Aussagen erinnern kann. Letztlich einigen sich Richter und Staatsanwalt auf eine Verfahrenseinstellung. Die Kosten trägt die Staatskasse, seine persönlichen Ausgaben muss der berufslose 40-Jährige selbst tragen.

Der andere auf der Anklagebank wohnt mit seiner Familie im Erdgeschoss des Wohnhauses. Der 56-Jährige, der einst eine Schweißerlehre begonnen hatte, danach aber in verschiedenen Berufen arbeitete, zuletzt seit anderthalb Jahren als Putzhilfe, muss morgens früh aufstehen. Deswegen nervt ihn, dass abends und nachts so viel Trubel im Haus ist, „Stress“, wie er sagt. Am 22. Februar vergangenen Jahres sei besonders viel Lärm gewesen.

Auf der Treppe zum Keller oder im Keller hätten sich der 40-jährige Angeklagte und sein Kumpel mitten in der Nacht an einer Waschmaschine zu schaffen gemacht, hätten dazu noch gelacht und hätten dadurch so viel Krach verursacht, dass er nicht mehr habe schlafen können. So sei er aufgestanden und ins Treppenhaus gegangen. Was dann in jener Nacht genau geschah, konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden.

Fest steht, dass der 56-Jährige zugeschlagen hat und den 40-Jährigen mindestens zweimal mit der Faust im Gesicht traf. Dabei erlitt der Jüngere, der sich offensichtlich nicht gewehrt hatte, einen Nasenbeinbruch und ein heftig blaues Auge. Weil der Staatsanwalt davon ausgegangen war, dass der Wohnungsmieter auch mit einem Regenschirm zugeschlagen hatte, lautete die Anklage auf gefährliche Körperverletzung.

Da aber weder Schläge mit dem Schirm, der später aufgefunden wurde, noch mit einer Stange, die auch im Gespräch war, nachgewiesen werden konnten, sondern nur die Fäuste als „Tatwaffe“, ließ der Richter den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung fallen und verurteilte den 56-Jährigen wegen Körperverletzung.

40 Stunden gemeinnützige Arbeit

Aber was haben der 40-Jährige und sein Kumpel mitten in der Nacht mit der Waschmaschine gemacht? Wie jeden Abend hatte der 56-Jährige die Haustür zugesperrt, weil sich diese nicht mehr einfach schließen lässt. Als die beiden Besucher der im Obergeschoss wohnenden Frau gegen 1 Uhr wieder gehen wollten und nicht mehr zur Haustür hinauskamen, wollten sie das Haus durch den Keller verlassen. Doch die Tür dort war von der Maschine zugestellt. Vergeblich die Mühe, sie wegzuschaffen. Deswegen ging’s wieder die Treppe hoch, wo sie bereits vom 56-Jährigen und Familienmitgliedern empfangen wurden. Erst mit deutlichen Worten oder gleich mit Faustschlägen, das blieb unklar.

Dem 56-Jährigen, der bei Gericht bekannt ist – 13 Voreintragungen wegen unterschiedlichster Vergehen wurden verlesen –, hielt der Richter zugute, dass die letzte Verurteilung wegen Körperverletzung schon lange zurückliegt. Eine Geldstrafe hielt der Richter für nicht angemessen. „Sie haben ja nichts, nur Schulden.“ Der Verurteilte muss nun 40 Stunden gemeinnützig arbeiten.