FC Viktoria Backnang stoppt Serie der SG Sonnenhof Großaspach

5. BKZ-E-Football-Cup Der Oberligist aus dem Fautenhau muss sich nach zuletzt zwei Turniersiegen mit Platz zwei begnügen. Mert Tasdelen verliert das Finale gegen Backnangs Imer Spatolaj. Der Kundenraum der Volksbank erweist sich als die ideale Location.

FC Viktoria Backnang stoppt Serie der SG Sonnenhof Großaspach

Das Endspiel stößt auf reges Interesse und kann auf der Leinwand im Kundenraum der Volksbank bestens verfolgt werden. Foto: Tobias Sellmaier

Von Steffen Grün

Der Schauplatz Es ist alles angerichtet, als die zehn Teams in der Hauptgeschäftsstelle der Volksbank Backnang eintreffen. Im Kundenraum des Kreditinstituts, das als Partner unserer Zeitung die Gastgeberrolle innehat, hängt eine stattliche Leinwand, auf der im Turnierverlauf immer eine Partie live zu sehen ist. Gezockt wird in der Vorrunde und im Viertelfinale aber parallel an zwei Spielstationen, die von den Fachleuten von Leno-E-Sports aufgebaut worden sind. Dessen Geschäftsführer Frank Fischer zeigt sich vom Austragungsort des Events begeistert, „das ist ein Highlight“. So sieht es auch der zu den Stars der E-Sport-Szene gehörende Niklas Luginsland, der sich auf einer dritten Konsole in der Sofa-Lounge mit allen misst, die ihn herausfordern wollen. Für ihn ist es auch deshalb eine „supercoole Location“, weil durch den offenen Zugang vom Café Wunderbar immer wieder neue Neugierige vom Turniergeschehen angelockt werden.

Die Regeln „Alle Spieler haben dieselben Werte“, erklärt Luginsland das Prinzip hinter dem 95er-Modus. Für welchen Verein oder welches Nationalteam sich die Starter beim BKZ-Cup entscheiden, ist deshalb egal und kann der Liebe zu einem bestimmten Klub geschuldet sein. Kylian Mbappé garantiert nicht mehr Tore als ein durchschnittlicher Bundesliga-Stürmer. „Man kann sich trotzdem vorher den Kader anschauen und sich einspielen“, verrät der E-Sport-Profi: Bewegungsabläufe und Körpergröße der zur Verfügung stehenden Fußballer spielen allemal eine Rolle. Auch taktische Raffinessen seien möglich: „In diesem Modus werden oft die größeren Spieler bevorzugt, um mit vielen Flanken operieren zu können.“ Am Ende komme es aber vor allem auf die Leistung am Controller und damit die Fingerfertigkeit, das Konzentrations- und das Reaktionsvermögen der Teilnehmer an.

Das Oberliga-Duo „Ich habe viel Druck, weil die SG Sonnenhof zuletzt zweimal in Folge den Titel geholt hat“, sagt Mert Tasdelen. Der Zugang, der im Vorjahr noch für den Oberliga-Rivalen TSG Backnang neben Cedric Gall mitmachte, hat „nicht speziell trainiert, aber ich zocke schon ab und zu und bin gut vorbereitet“. Obwohl sich der 25-Jährige als Bayern-Fan im Schwabenland outet, fällt seine Wahl auf Manchester City. Das ist zu Beginn auch die Idee von Talha Özen, weil Pep Guardiolas Team „am ausbalanciertesten ist und die verschiedensten Spielertypen wie den großen, kräftigen und kopfballstarken Erling Haaland hat“. Dann folgt im Zwiegespräch mit dem TSG-Kollegen Leon Leuze aber der Schwenk auf Paris Saint-Germain und später auf Fenerbahçe Istanbul. Ohne allzu großen Erfolg. Für die Roten ist Endstation im Viertelfinale.

Die Passanten Es herrscht ein Kommen und Gehen im Kundenraum. Manche ziehen Geld am Automaten und schauen dann kurz rein, um sich schlau zu machen – so wie die ältere Dame noch vor der ersten Partie. Sie habe in der Zeitung etwas über die Veranstaltung gelesen, wisse aber nicht mehr genau, um was es gehe. Um den BKZ-E-Football-Cup, wird sie von Jürgen Schwab, dem Vorstandsvorsitzenden der Volksbank Backnang, aufgeklärt. „Fußball?“, entgegnet sie. Im weitesten Sinne schon, aber halt nur am Bildschirm. „Ich spiele aber nicht gegen die jungen Leute“, kündigt sie an, als sie zu einem späteren Besuch eingeladen wird, und bewegt die Hand, als bediene sie den Controller. „Sonst können sie mich über Fußball alles fragen“, betont sie und verweist auf Bayerns 3:0 gegen Hoffenheim tags zuvor.

„Es ist sehr realitätsnah“, stellt mit Blick auf die Leinwand ein Mann fest, der den Besuch des Wochenmarkts mit seiner Frau bewusst mit einem Abstecher zu dem Turnier verbunden hat. „Ich muss meinen Enkel anrufen“, meint eine Frau, die von der Veranstaltung überrascht ist. „Was bedeuten diese Fähnchen über den Köpfen der Spieler?“, fragt Josef Loderer. Der 84-Jährige meint die Dreiecke, die zeigen, welche Akteure gerade aktiv mit dem Controller gesteuert werden.

Das Viertelfinale Fachkundige, humorvolle und emotionale Livekommentare von Niklas Luginsland bereichern ab dieser ersten K.-o.-Runde das Turnier. Sie erleichtern es den mehr oder weniger lang verweilenden Zuschauern, den Überblick zu behalten und auch bei Partien auf dem Laufenden zu sein, die nicht über die Leinwand flimmern. „Es macht Spaß, zuzusehen, das sind zwei hochklassige Spiele“, sagt der Experte zu den Duellen zwischen Großaspach und Erbstetten sowie Spiegelberg und der Viktoria. Ihm entgeht nicht, als die SKG früher stört, um gegen den Sonnenhof nochmals aufzuholen, dadurch aber auch konteranfälliger wird. „Wenn Antoine Griezmann diesen Ball auf dem linken Fuß gehabt hätte, wäre er wohl im Netz gezappelt“, urteilt er, als Erbstettens Schuss beim 4:5 vorbeigeht und stattdessen Mert Tasdelen das 6:4 erzielt.

Aspach ist also weiter. Der FCV ebenso, dank Spiegelbergs Mithilfe. „Ich bin selbst schuld, weil ich zwei Elfmeter verschossen habe“, klagt Jannik Maurer, der für Heidenheim bereits in der Virtual Bundesliga gespielt hat. Komplettiert wird das Halbfinale vom FC Welzheim und dem TSC Murrhardt.

Der Profi „Wir sind extra gekommen, weil wir es in der Zeitung gelesen haben und diese Chance nutzen wollten“, sagen Björn Gäbler und sein Sohn Thorben zu der Möglichkeit, sich zu Hause in Backnang mit Niklas Luginsland zu messen. „Beat the Pro“ – also der Versuch, den 27-jährigen Profi zu schlagen – ist der Knüller am Rande des Turniers. Thorben Gäbler macht hierbei den Anfang und wählt Liverpool, um den Profi herauszufordern, dem er auf Twitch, Youtube und Tiktok folgt. Das 1:4 ist für den 14-Jährigen kein Beinbruch, wie sein Fazit zeigt: „Es hat Spaß gemacht, obwohl ich eine Klatsche kassiert habe. Es war eine tolle Erfahrung, mal gegen einen Gegner auf einem so hohen Level zu spielen.“ Das will unbedingt auch Björn Gäbler und tritt zusammen mit dem Sohn zu einem weiteren Duell an. Nun im Gewand von Bayer Leverkusen, mit ähnlichem Ergebnis – 0:3. „Wir haben uns ganz gut geschlagen“, findet der 40-Jährige: „Da hat sich das fast tägliche gemeinsame Training ausgezahlt.“ Er stellt voller Bewunderung fest, dass Niklas Luginsland sehr vorausschauend spielt und „oft schon vorher wusste, was wir vorhaben“.

Er bestrafe jeden Fehler, analysiert Mert Tasdelen, „das schaffe ich nicht“. Weil der SG-Fußballer den Tipp beherzigt, lieber mal einen Trick weniger zu machen, bleibt die Niederlage mit dem 1:3 im Rahmen. Dasselbe Ergebnis trotzt Jürgen Schwab dem Könner ab, obwohl er anfangs gar nicht an die Konsole wollte. „Es war wirklich klasse“, erzählt der Vorstandsvorsitzende der Volksbank Backnang nach der Partie: „Es hat viel vom echten Fußball, erfordert hohe Konzentration und motorische Fähigkeiten.“ Er sei von Niklas Luginsland wohl gnädig behandelt worden, mutmaßt Schwab lachend, während ihm der Gegner viel Lob zollt: „Er hat es richtig gut gemacht, ohne Witz.“

Die Entscheidung Die erneute Titelverteidigung hängt für Großaspach im Halbfinale am seidenen Faden. Mert Tasdelen liefert sich mit Welzheims Daniel Werner, der die Équipe Tricolore ausgesucht hat, ein rasantes Duell. Er macht aus dem 0:2 ein 3:2 und steckt noch zwei weitere Rückstände weg. „Ein sehr ordentliches Niveau, ein sehr unterhaltsames Spiel“, adelt der Kommentator die Protagonisten. Als der Flügelflitzer des Oberligisten aus dem Fautenhau den Controller so bedient, dass Erling Haaland in der Nachspielzeit der Verlängerung das 6:5 erzielt, stößt er einen Jubelschrei aus. Sein Rivale ärgert sich, den Man-City-Stürmer nicht unter Kontrolle gekriegt zu haben, kann sich aber mit Rang drei trösten. „Es war ein geiles Event“, lobt Daniel Werner, „die Location ist super“. Klingt so, als freue sich der Welzheimer schon auf 2025.

Imer Spatolaj auch, zumal der Viktorianer dann der Titelverteidiger wäre. Er, der auf Jürgen Klopps Liverpooler gesetzt hatte, schlug Tasdelen im Finale mit 4:2. „Ein verdienter Turniersieg“, urteilt Luginsland und adelt die Defensivarbeit des Backnangers: „Die Abwehr gewinnt Turniere, das ist auch im E-Sport so.“ Für den Vertreter des Traditionsvereins, der auf dem Naturrasen in die Kreisliga B abgestürzt ist, bedeutet der Finalsieg „die Kirsche auf der Torte, damit hatte ich nicht gerechnet. Es war ein super Turnier in einem tollen Umfeld.“ Und Tasdelen? Der richtet den Blick nach vorn. „Der Aufstieg in die Regionalliga wäre doch noch etwas wichtiger“, sagte er schmunzelnd.

Fotos im Netz

Eine Bildergalerie mit einer Vielzahl von Impressionen, die unser Fotograf Tobias Sellmaier beim 5. BKZ-E-Football-Cup eingefangen hat, ist unter www.bkz.de zu finden.