FDP hält sich alle Bündnisoptionen offen

Parteichef Lindner vermeidet Breitseiten gegenüber der Regierung – Teuteberg wird Generalsekretärin – Wo stehen die Liberalen?

Von Norbert Wallet

Parteitag - Der Vorsitzende vermeidet Breitseiten gegenüber der Regierung. Teuteberg wird Generalsekretärin.

Berlin

Wie geschlossen ist die FDP? Die Freidemokraten scheinen die harte Lektion des Jahres 2013 gelernt zu haben. Personalstreitigkeiten, in den Regierungsjahren von 2009 bis 2013 steter Begleiter, spielen zurzeit keine Rolle. Christian Lindner wurde mit mehr als 86 Prozent im Amt als Vorsitzender bestätigt. Alle anderen Führungskräfte wurden ähnlich klar gewählt. Nur Nicola Beer, die Europa-Spitzenkandidatin und bis zum Parteitag die Generalsekretärin, wurde für ihren Anspruch abgestraft, als Belohnung für die Spitzenkandidatur mit dem Amt der stellvertretenden Vorsitzenden entschädigt zu werden. Einzig in der Frage der innerparteilichen Frauenförderung gibt es anhaltend kontroverse Debatten.

Gibt es Neulinge, auf die man achten muss?

Die neue Generalsekretärin Linda Teuteberg kommt in der Partei glänzend an. Die 38-jährige verheiratete, evangelische Rechtsanwältin ist seit 2017 Mitglied der Bundestagsfraktion und dort migrationspolitische Sprecherin. Die Brandenburgerin gilt als durchsetzungsstark und könnte die FDP als Bürgerrechts- und Rechtsstaatspartei wieder stärker profilieren. Mancher in der Partei munkelt, Teuteberg könnte die FDP stärker in die rechte Mitte führen. Das geht auf ihre entschiedenen Forderungen zurück, abgelehnte Asylbewerber konsequenter als bisher abzuschieben. Teuteberg hat als Brandenburgerin nur eine ausgesprochen kleine Machtbasis in der Partei. Dennoch hat sie gute Chancen, in der FDP langfristig einflussreich zu werden. Sie gilt als machtbewusst – und in der FDP wächst das Bedürfnis, neben Lindner weitere profilierte Köpfe als Aushängeschilder zu etablieren.

Wird die FDP grüner?

Das nicht, aber sie hat es auf dem Parteitag geschafft, in der stark von den Grünen dominierten Klimadebatte durch eine eigene Positionierung sprechfähig zu werden. Die Liberalen bekennen sich zum Ziel aus dem Pariser Abkommen, die Erderwärmung auf maximal 2, möglichst aber 1,5 Grad zu begrenzen. Sie setzen auf technologischen Fortschritt, der es ermöglichen soll, Wirtschaftswachstum vom Treibhausgas-Ausstoß zu entkoppeln. Er soll verhindern, dass Klimaschutz zu Wohlstandseinbußen führt. Das zentrale Element der liberalen Klimapolitik ist der Emissionshandel mit Verschmutzungszertifikaten. Politisch soll bestimmt werden, wieviel Treibhausgase ausgestoßen werden dürfen, wie die Berechtigungszertifikate ausgegeben werden sollen und welche Sanktionen für Emissionen ohne Zertifikate drohen. Die Gesamtmenge an Zertifikaten soll sich jährlich automatisch verringern.

Wird die FDP weiblicher?

Vorerst nicht. Die Partei hat in ihrer Mitgliederschaft und auch in der Bundestagsfraktion einen Frauenanteil von lediglich 22 Prozent. Auch bei den Frauen in der FDP besteht weitgehender Konsens, dass sich die Einführung einer Quote nicht mit dem liberalen Weltbild vereinbaren lasse. Dennoch hat der Bundesvorstand das Missverhältnis zwischen Männern und Frauen als Problem erkannt. Er hat deshalb den Beschluss gefasst, in Zielvereinbarungen mit den Parteigliederungen individuelle Konzepte zur Frauenförderung zu vereinbaren. Selbst das ist in der Partei hochumstritten. Der Parteitag leistete sich am Sonntag eine heftige Debatte über einen Antrag, der sich rigoros gegen jede Frauenförderung aussprach.

Verändert der Parteitag Machtoptionen?

Parteichef Christian Lindner vermied in seiner Rede auffallend jede Breitseiten gegenüber der politischen Konkurrenz. Das Klimakonzept betont zwar stark die Absage an staatliche Bevormundung. Tatsächlich gilt das Instrument des Zertifikatshandels aber selbst in Kreisen der Grünen als interessant. An dieser Frage müsste im Zweifel später keine Koalitionsbildung scheitern.