Fescher Förster auf Umwegen

Die neue Ausgabe des Backnanger Jahrbuchs enthält wieder eine bunte Palette an Beiträgen über interessante Themen und Personen der Zeitgeschichte. Der Band 29 wurde nun offiziell vorgestellt.

Fescher Förster auf Umwegen

Gerhard Fritz (links) und Bernhard Trefz stellen Band 29 des neuen Backnanger Jahrbuchs im Technikforum der Öffentlichkeit vor. Foto: A. Becher

Von Klaus J. Loderer

Backnang. Der Name Theodor Hepp ist heute vor allem durch den nach ihm benannten Brunnen bei Strümpfelbach bekannt. Dem spannenden Leben hat der Historiker Gerhard Fritz nachgespürt. Die Textquellen zu seinem Leben veröffentlicht Fritz gerade in mehreren Folgen im Backnanger Jahrbuch. Letzteres wurde nun der Öffentlichkeit vorgestellt. Dazu wurde auch ein Vortrag über die Vita Hepps gehalten. Über die bemerkenswerte biografische Vernetzung dieses Forstmeisters auf dem Reichenberg kann man nur staunen.

Da ist schon die in Wiesbaden aufgewachsene Ehefrau Renée. Hepp kam in seinem Leben mit mehreren berühmten Persönlichkeiten in Kontakt, wie Fritz in einem spannenden Vortrag erläuterte. Da war der Spielgefährte Hermann Hesse ebenso wie Winston Churchill, den er 1912 bei einem Manöver in Jüterbog kennenlernte. Den württembergischen König Wilhelm II. und den deutschen Kaiser Wilhelm II. betreute er als Förster im Jagdhaus Entringen, als er im nahen Forstamt Gomaringen tätig war. Ersteren fand er sympathisch, Letzteren unerträglich. Kurzweilig und amüsant war dieser Vortrag aus Anlass der Vorstellung des neuen Backnanger Jahrbuchs.

Wieder wurden historische Quellen in den Band aufgenommen

Das Technikforum bildete den Rahmen für diesen Altstadtstammtisch, bei dem Brigitte Jacob als stellvertretende Vorsitzende des Heimat- und Kunstvereins Backnang die Gäste begrüßte. Oberbürgermeister Maximilian Friedrich hob in seinem Grußwort zwei wichtige Jubiläen des Jahres hervor, die Gründung eines Turnvereins als Vorgänger der TSG vor 175 Jahren und die erste urkundliche Erwähnung Strümpfelbachs vor 750 Jahren, die beide im neuen Band gewürdigt werden. Er freute sich über die neuerliche Bereicherung der Literatur zur Stadtgeschichte durch den Band 29 des Backnanger Jahrbuchs. Stadtarchivar Bernhard Trefz dankte dem Stroh-Verlag für die Betreuung des Bands. Dann stellten Gerhard Fritz und Bernhard Trefz die Beiträge des Bands und ihre Autoren vor.

Wieder wurden historische Quellen in den Band aufgenommen. Carsten Kottmann sammelte beschreibende Texte zu Backnang aus der Zeit um 1600. Von Karl August Schneider stammt ein Text zu volkstümlichen Bräuchen in Steinbach. Wolfgang Weisser und Michael A. Schick befassen sich mit Jakob Weisser dem Älteren, der im 17. Jahrhundert den Dreißigjährigen Krieg in Großaspach erlebte. An ein vergessenes Thema der Sozialfürsorge aus der Mitte des 19. Jahrhunderts erinnert Walter Konrad Amann. Sulzbacher Postämter untersucht Klaus J. Loderer. Das Leben Johannes Willy Epplers, der als Geheimagent sogar in Kinofilmen verewigt wurde, stellt Bernhard Trefz vor. Laura-Sophie Großmann befasst sich mit den Erlebnissen ihres Großvaters Gerhard Pfizenmaier im Zweiten Weltkrieg. Die Backnanger Stadtchronik für 2020 wurde von Andreas Kozlik zusammengestellt. Im neuen Backnanger Jahrbuch sind als Quellenedition aber auch die Aufzeichnungen Theodor Hepps über den Ersten Weltkrieg abgedruckt. Auch wenn sich Gerhard Fritz im Hauptteil seines Vortrags auf genau diese Erlebnisse konzentrierte, so versuchte er doch dem Charakter Hepps nachzuspüren. Von einem lebensfrohen Gemüt erfuhr man da. Er soll ein fescher junger Mann gewesen sein. In der Weimarer Republik entwickelte er sich zum überzeugten Republikaner. Dass er im Dritten Reich als unzuverlässig eingestuft wurde, mag man heute eher als Kompliment werten. Er überstand diese Zeit unbeschadet, auch wenn er bekanntermaßen unablässig über Hitler und die Nazis geschimpft haben soll.

1915 erhielt Theodor Hepp die Forstmeisterstelle in Reichenberg

Überhaupt scheint Hepp alle Menschen für sich eingenommen zu haben – sogar die Wilderer. Fritz konnte es sich nicht verkneifen, eine Anekdote zu erzählen, in der sich Sohn Ernst Adolf Hepp einen Streich erlaubte, als er mit einem bei einem Arzt ausgeliehenen Totenschädel zwei auf der Burg Reichenberg arrestierte Wilderer zu Tode erschreckte. 1915 erhielt Theodor Hepp die Forstmeisterstelle in Reichenberg. Allerdings konnte er sie durch den Ersten Weltkrieg erst einmal nicht antreten. Im Sommer 1914 war er mit seiner Frau im Urlaub in Österreich. Er begab sich mit der Generalmobilmachung nach Königsberg, wurde aber ins Reichsland Elsass-Lothringen beordert. Intensive Kriegserfahrungen machte er als Artillerist in den Argonnen und der Champagne. 1916 wurde er nach Mazedonien versetzt. Dass dieser Kriegsschauplatz üblicherweise wenig beachtet wurde, führte inzwischen dazu, dass Hepps detaillierte Beobachtungen und Erlebnisse zu einer wichtigen Quelle geworden sind.

Bei Kriegsende führte er als Hauptmann sein Regiment in einem abenteuerlichen Marsch durch die zusammenbrechende K.-u.-k.-Monarchie zurück nach Deutschland. Hepp berichtete in seinen Erinnerungen, wie man ihnen in Bulgarien die Versorgung verweigerte, obwohl dieses Land ein Verbündeter Deutschlands war. Er stellte erstaunt fest, dass die Bevölkerung Serbiens die deutschen Soldaten herzlich aufnahm, obwohl es sich doch um Feinde handelte. Und sie bemerkten unterwegs, dass auf ihrem Weg ein ihnen noch unbekannter Staat entstanden war, die Tschechoslowakei. In Deutschland geriet Hepp mit seinen Männern in jene Phase, als Arbeiterräte kurz die Macht übernommen hatten.

Von Oppeln ging es dann mit dem Zug nach Königsberg. Von dort reiste er dann nach Württemberg und trat endlich seine Stelle in Reichenberg an. Dort verstarb Theodor Hepp im Jahr 1953.