Festnahme im Wald bei Hagenau

51-jähriger Ex-Freund und sein 23-jähriger Komplize werden in Frankreich verhört – Lob für die polizeiliche Zusammenarbeit

Aufatmen im Fall der Entführung einer 47-jährigen Pflegekraft aus Aspach: In einem Lager in einem Wald bei Hagenau im Elsass griffen französische Polizisten zu. Die Entführer hatten dort die 47-Jährige festgehalten. Sie ist zwar nur leicht verletzt, laut Polizeipressesprecher Ronald Krötz aber traumatisiert. Sie befindet sich noch in Frankreich und bespricht derzeit mit ihren Angehörigen, wie es nun weitergeht. Die beiden Entführer kommen wohl zunächst in Frankreich in Haft.

Festnahme im Wald bei Hagenau

Eine Überwachungskamera im Wald hat die beiden mutmaßlichen Entführer im Bild festgehalten. Foto: Police nationale

Von Yvonne Weirauch und Ingrid Knack

ASPACH/STRASSBURG. Nach einer einwöchigen Suche wurde die 47-jährige entführte Frau aus Aspach am Dienstag aus einem Wald bei Hagenau – einer Stadt rund 30 Kilometer nördlich von Straßburg – befreit. „Der Jüngere der beiden Entführer wurde gesichtet“, berichtet Ronald Krötz. Französische Spezialeinheiten blieben dem 23-Jährigen auf den Fersen. Den Ermittlern gelang es, den Mann dorthin zu verfolgen, wo sich der mutmaßliche Haupttäter und die Frau in einer Art Lager aufhielten.

Zeugenhinweise führen zum Erfolg

„Den französischen Kollegen ist es zu verdanken, dass die Frau so schnell gefunden werden konnte“, so der Polizeisprecher. Deutsche Polizeibeamte waren nach Frankreich gereist, um die dortigen Ermittlungen zu unterstützen, sie waren an der Festnahme jedoch nicht direkt beteiligt. Von Anfang an hätten sich die Männer mit der Frau offenbar im Wald aufgehalten. Einem Zeugen fiel laut Aussage der Polizei deren erstes Lager in einem Gebüsch auf, und weil er – noch – nichts von dem Entführungsfall wusste, verjagte er die drei. Sie zogen um, richteten sich ein neues Lager ein. Über kurz oder lang mussten die Entführer für Verpflegung sorgen – was ihnen zum Verhängnis wurde.

Die Polizei geht von einer Beziehungstat aus. Bei den Festgenommenen handle es sich um den 51 Jahre alten Ex-Freund der Frau und einen 23 Jahre alten Komplizen, sagt Krötz. Das Wohnmobil, in dem die Pflegekraft verschleppt worden war, war bereits vor einigen Tagen in einem Wald bei Straßburg gefunden worden (wir berichteten).

Der 47-Jährigen gehe es soweit gut, sie sei in einem Krankenhaus behandelt worden. Sie habe Schrammen und Blessuren davongetragen; sie sei zeitweise gefesselt gewesen. „Die Verletzungen stammen aber von keinerlei Gewalteinwirkung“, betont Krötz. „Sie konnte sofort ihre Tochter anrufen und ihr sagen, dass es ihr gut geht“, berichtet Krötz. „Was der Mann mit dieser Entführung bezwecken wollte, können wir uns auch noch nicht erklären“, so der Polizeisprecher. Der Ex-Freund wollte offenbar die Trennung nicht akzeptieren, war von Polen nach Aspach gefahren und hatte eine Aussprache mit der Altenpflegerin gefordert. Dass die Entführung von dem 51-jährigen Ex-Freund geplant gewesen war, dessen sind sich die Ermittler sicher. Das Treffen zwischen ihm und der 47-Jährigen sei zwar zwischen beiden abgesprochen gewesen, der Verlauf sei aber von dem 51-Jährigen von Anfang an ausgearbeitet gewesen. „Dazu gibt es detaillierte Hinweise“, so Krötz. Über die Motive insbesondere des jüngeren Entführers ist noch nichts bekannt.

Einige offene Fragen sind zu klären

Warum der 23-jährige Pole, ein Arbeitskollege des 51-Jährigen, als Komplize mitgemischt hat, versucht die Polizei derzeit in Befragungen noch herauszubekommen. Auch die Frage, weshalb die beiden Männer nach Frankreich gefahren sind, wird noch zu klären sein. Als Beschuldigte müssen die beiden Männer keine Angaben machen. „Die Ermittlungen in dem Fall dauern an“, sagt Krötz. Die Frau werde noch in Frankreich betreut. Auch wie es mit den beiden Entführern weitergeht, ist noch offen. Krötz: „Es läuft ein Strafverfahren in Deutschland und in Frankreich. Es ist denkbar, dass Deutschland einen Auslieferungsantrag stellen wird. Dies muss aber die Justiz beziehungsweise der Staatsanwalt entscheiden. Dazu sind aber noch einige Informationen über die Hintergründe der Tat nötig.“

Blick in die französischen Medien: Am Donnerstag vergangene Woche war der Wohnwagen laut BFM-TV (Frankreich) in einem Waldgebiet etwa 30 Kilometer nördlich von Straßburg bei Schweighouse-sur-Moder von der französischen Polizei entdeckt worden. Die Spur der Entführer und ihres Opfers sei dann aber verloren gegangen. Die Fahndung, bei der auch ein Polizeihubschrauber eingesetzt wurde, habe sich nun auf dieses Gebiet konzentriert. Potenziellen Zeugen wurde geraten, angesichts der möglichen Gefährlichkeit der beiden gesuchten Männer „nicht zu intervenieren“.

Am Dienstag am frühen Abend seien die beiden mutmaßlichen Entführer der 47-jährigen polnischen Pflegerin von französischen Ermittlern im Wald von Hagenau im Département Bas-Rhin festgenommen worden. Die 47-Jährige sei „lebendig, aber schockiert“ aufgefunden und in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Die Zeitung Le Parisien schreibt, dass das Opfer, das länger als eine Woche von den beiden Polen festgehalten worden sei, unter einem schweren Trauma leide und mehrere Verletzungen erlitten habe. Noch bevor die Frau in die Klinik kam, hätten die Ermittler aber mit ihr sprechen können.

Die beiden Männer mit polnischer Staatsangehörigkeit im Alter von 51 und 23 Jahren seien von der Kripo Straßburg in Polizeigewahrsam genommen worden. Der 51-Jährige sei der Ex-Lebensgefährte des Opfers, und das einstige Paar sei „im Prozess des Zerfalls der Ehe“, hieß es in einem Bericht von BFM-TV. Le Parisien berichtet auch darüber, dass die beiden eine gemeinsame Tochter haben. Die polnische Pflegekraft habe nach einer schwierigen Trennung ein neues Leben in Aspach beginnen wollen. Und: Die in Aspach tätige Pflegekraft habe am Tag ihres Verschwindens an ihrem Arbeitsplatz angegeben, dass sie nur einige Minuten abwesend sei. Was dann aber ganz anders kam. Sie traf sich offensichtlich auf einem Parkplatz bei der Mechatronik-Arena mit ihrem Ex-Lebensgefährten. Dieser hatte aber noch einen Arbeitskollegen mitgebracht. France 3 berichtet überdies von einer Überwachungskamera, die im Wald bei Schweighouse-sur-Moder aufgestellt war und Fotos von den Gesuchten gemacht hatte.

Dernières Nouvelles d’Alsace (DNA) veröffentlichte, dass ein Wanderer die Gesuchten am Sonntag in der Nähe eines Zelts im Wald von Hagenau entdeckt habe. Die für die Ermittlung zuständige interregionale Direktion der Justizpolizei (DIPJ) in Straßburg habe ein „Überwachungssystem“ eingerichtet gehabt. Der 23-Jährige sei am späten Dienstagnachmittag in der Nähe des „Basislagers“ der Gesuchten von den Beamten der polizeilichen Einsatzgruppe auf der Flucht festgenommen worden.

Der 51-Jährige habe sich in einem Zelt befunden und sei dort verhaftet worden. Der Hauptverdächtige sei schon am 5. Juni gesehen worden, als er vom Wohnmobil weggerannt sei. Ein Zeuge sagte nach Angaben von DNA, er habe verdächtige Geräusche aus dem Inneren des Wohnmobils gehört, die nahegelegt hätten, dass dort eine Person gegen ihren Willen festgehalten werde. Das Fahrzeug wurde am nächsten Tag leer aufgefunden. Topmusic.fr spricht davon, dass die mutmaßlichen Entführer am Dienstag gegen 18 Uhr verhaftet worden seien.