Festnahme in Antalya: Botschaft sucht Kontakt zu Deutschem

dpa Istanbul. Sie planen einen Urlaub in der türkischen Sonne - und landen im Knast. Oft liegt das an kritischen Einträgen auf Facebook. So geht es derzeit einem Mann aus Hessen. So ging es anderen vor ihm: einer Frau aus Köln, einem Mann aus Hamburg, einem anderen aus Braunschweig.

Festnahme in Antalya: Botschaft sucht Kontakt zu Deutschem

Ein Mann geht an einer türkischen Flagge vorbei. Foto: Ali Unal/AP

Nach der Festnahme eines Deutschen in der Türkei sucht die deutsche Botschaft Kontakt zu dem Inhaftierten. „Wir haben noch keinen konsularischen Zugang. Wir haben den Betroffenen auch noch nicht sprechen können“, sagt die Sprecherin des Auswärtigen Amts, Maria Adebahr, in Berlin.

Deswegen wolle sie sich zu den von der türkischen Justiz erhobenen Vorwürfen nicht äußern. Medienberichten zufolge war der 36-jährige Mann aus Hessen mit türkischen Wurzeln bereits Ende Juli bei der Einreise im türkischen Badeort Antalya festgenommen worden. Die Justiz wirft ihm laut WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ „Terrorpropaganda“ auf Facebook vor. Ein Haftrichter habe entschieden, dass der Mann wegen Fluchtgefahr zunächst in Untersuchungshaft bleiben müsse. Die könnte noch eine Weile dauern: In der Türkei beginnen am Wochenende die Bayram-Feiertage. Das ganze Land liegt dann tagelang lahm.

Facebook-Einträge, die die türkische Justiz als Terrorpropaganda oder auch Präsidentenbeleidigung wertete und verfolgte, sind Deutschen auf Urlaub in der Türkei schon mehrfach zum Verhängnis geworden. Betroffen ist zum Beispiel eine Kölner Sängerin mit kurdischen Wurzeln. Die Frau, Künstlername Hozan Cane, war wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer Terrororganisation im November 2018 zu mehr als sechs Jahren Haft verurteilt worden - in der Anklageschrift ging es auch um Bilder auf Facebook-Konten, die den inhaftierten Chef der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, zeigten. Die Frau wies die Vorwürfe zurück.

Ein weiteres Beispiel war der Hamburger Dennis E., der laut Staatsanwalt auf Facebook Beiträge geteilt haben soll, die als Terrorpropaganda zu werten seien. Er durfte Anfang Januar nach rund fünf Monaten Untersuchungs- und Abschiebehaft nach Deutschland ausreisen. Der Münchner Adnan S., der für die Beerdigung seiner Mutter in die Türkei gereist war, hatte zu Jahresanfang wegen ähnlicher Vorwürfe die Türkei wochenlang nicht verlassen dürfen.

Der Braunschweiger Hüseyin M. wiederum stand wegen Präsidentenbeleidigung via Facebook-Posts vor Gericht. M. war im August 2018 ebenfalls im Urlaub festgenommen worden. In der Anklageschrift hieß es, dass er Präsident Erdogan 2014 und 2015 in Facebook-Einträgen beleidigt habe. 2014 war Erdogan noch Ministerpräsident, ab 2015 dann Präsident. Erst im August 2018 war M. allerdings unter mysteriösen Umständen denunziert worden. Ergebnis: 45 Tage U-Haft, dann Ausreise und Urteil in Abwesenheit.

Einem Bericht des Regionalmagazins „buten un binnen“ zufolge soll zudem einem 43 Jahre alten Sozialarbeiter aus Bremen mehr als drei Wochen die Ausreise nach Deutschland verwehrt worden sein. Demnach warfen die Behörden dem Mann vor, als Musiker bei einem Verein aufgetreten zu sein, dem die Türkei Terrorunterstützung vorwirft.

Auch in diesem Fall sollen die türkischen Sicherheitskräfte nach eigenen Angaben Hinweise auf dem Facebook-Account des Mannes gefunden haben. Aus dem privaten Umfeld des Mannes hieß es laut „buten und binnen“, die Behörden seien mittlerweile von den Vorwürfen abgerückt - der Mann dürfe in der kommenden Woche ausreisen. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es am Mittwochabend, der Fall sei dort bekannt. Die Botschaft Ankara sei mit dem Rechtsanwalt des Betroffenen in
Kontakt.

Wegen der Häufung der Fälle steht eine entsprechende Warnung sogar in den Reisehinweisen des Auswärtigen Amts. „Festnahmen und Strafverfolgungen deutscher Staatsangehöriger erfolgten vielfach in Zusammenhang mit regierungskritischen Stellungnahmen in den sozialen Medien. Ausreichend ist im Einzelfall das Teilen oder "Liken" eines fremden Beitrags entsprechenden Inhalts“, heißt es da. Und: „Es muss davon ausgegangen werden, dass auch nichtöffentliche Kommentare in sozialen Medien etwa durch anonyme Denunziation an die türkischen Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden.“

Im Jahr 2017 hatte eine ganze Serie von Festnahmen deutscher Staatsbürger aus „politischen Gründen“ zu einer schweren Krise zwischen Berlin und Ankara geführt. Seitdem ist die Mehrzahl der aus diesen Gründen festgesetzten Deutschen freigekommen.