Feuerwehr Backnang demonstriert Rettung in höchster Not

Bei der eindrucksvollen Schauübung der Freiwilligen Feuerwehr Backnang ist Publikum ausdrücklich erwünscht. Realistische Demonstration des Könnens ist ein Teil des zweitägigen Festprogramms am Tag der offenen Tür. Erstmals nach der Coronapandemie findet das traditionelle Feuerwehrfest zur Freude der großen und kleinen Besucher wieder statt.

Feuerwehr Backnang demonstriert Rettung in höchster Not

Von der Drehleiter aus wird das angebliche Feuer bekämpft und der „verletzte“ Arbeiter in Sicherheit gebracht. Foto: Dietmar van der Linden

Von Marina Heidrich

Backnang. Dicker Rauch quillt aus dem mehrstöckigen Rohbau in der Gartenstraße in Backnang. Das Gebäude ist noch angerüstet und während der Bauarbeiten muss etwas schief gegangen sein. Eine Verpuffung hat einen Brand ausgelöst. Dutzende Schaulustige haben sich bereits entlang der Straße und auf dem Edeka-Parkplatz versammelt, Handys werden gezückt. Auffallend viele Kinder sind dabei, ein Vater nimmt seine kleine Tochter auf die Schultern, damit sie besser sehen kann. „Guck mal, Kathi, da oben liegt sogar ein Verletzter.“ Ein scheinbar empörendes Verhalten. Im dritten Obergeschoss kann man den leblosen Körper eines wohl ohnmächtigen Arbeiters erkennen, der halb über das Außengerüst hängt. Ein Mann in Uniform kommt auf die Menschen zu. Wird er die schaulustigen Gaffer in ihre Schranken verweisen? „Von da drüben sehen sie nachher besser“, lächelt er freundlich. Denn in diesem Fall ist Publikum sogar ausdrücklich erwünscht – bei der beeindruckenden Schauübung der Freiwilligen Feuerwehr Backnang, die im Rahmen des zweitägigen Festprogramms am Tag der offenen Tür stattfindet.

Vorbereitungszeit von drei Monaten

Pandemiebedingt wurde das traditionelle Feuerwehrfest in Backnang die letzten beiden Jahre gecancelt. Obwohl das Wetter am Samstag gemischt ausfällt, wird die Gelegenheit zur Information und zum Feiern von den Bürgern ausgiebig genutzt. Drei Monate Vorbereitungszeit liegen hinter den Organisatoren und Pressesprecher Jan Krusche von der FFW zeigt seine Freude über den Anklang deutlich: „Das ist großartig.“ Lächelnd deutet er auf die immer länger werdende Schlange an Eltern mit Kindern, die sich notfalls mit Regenschirm gut gelaunt und geduldig anstellen, um einen Platz in den roten Autos zu ergattern. Wie immer ist diese Mitfahrgelegenheit einer der Höhepunkte des Festes, das für jeden etwas bietet: ein umfangreiches Kinderprogramm, die sehenswerte Playmobilausstellung im kleinen Saal, Kulinarisches aus der Feldküche, Weißwurstfrühstück mit dem Städtischen Blasorchester, Barbetrieb, Partymusik – und eben auch die Schauübung.

Reichlich Lokalprominenz vor Ort

An der fiktiven Brandstelle ist mittlerweile Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich angekommen. Welchen Stellenwert der Einsatz der Backnanger Feuerwehr genießt kann man auch an der Anwesenheit des Landrats und zahlreicher Stadträte erkennen. Denn eines darf man nicht vergessen: Es handelt sich in Backnang nicht um eine Berufswehr, sondern um Mitbürger, die freiwillig bei Eingehen eines Notrufs alles stehen und liegen lassen und zu Hilfe eilen. Und dies auf hochprofessioneller Basis, wie die Übung zeigt. Zunächst fährt unter Blaulicht der Wagen der Einsatzleitung und der Assistenz vor. In diesem Fall ist es eine Leiterin, denn die Backnanger Feuerwehr hat einen hohen Frauenanteil. Beide machen sich rasch ein Bild von der Situation. Die Lage ist beengt, gleich drei heikle Kriterien sind zu beachten: Wasserversorgung, Brandbekämpfung und Menschenrettung müssen Hand in Hand gehen und koordiniert werden. Eine Ausgangssituation, die immer wieder geübt werden muss, damit es im Ernstfall reibungslos klappt. Was natürlich auch heißt: Die Trupps gehen in voller, schwerer Montur mit Atemschutz ins Gebäude. Da ist körperliche Fitness gefragt. Der Wagen mit der Drehleiter rückt an. Das Gerät muss so nah wie möglich ans Gebäude, um den Verletzten retten zu können. Hier treten zwei Probleme auf: Rohbauten mit Außengerüst haben eine für Einsätze heikle Statik, die es zu beachten gilt, damit das Gerüst nicht noch einstürzt. Zudem braucht die Drehleiter einen festen Untergrund, damit die Stützen Halt finden und nicht einsinken. Der Koordinator am Hebel des Hightech-Geräts muss über Fingerspitzengefühl und – bei aller vor Ort herrschenden Hektik – über Ruhe und Gelassenheit verfügen. Die FFW Backnang besitzt als eine der großen Wehren im Rems-Murr-Kreis ein Wechsellagerfahrzeug. Hier können 8500 Liter Wasser mitgebracht und es kann bei Bedarf Nachschub geholt werden, da man bei Baustellenbränden nicht unbedingt mit ausreichend Wasseranschlüssen rechnen kann.

Die Drehleiter wird auch von anderen Rettungsdiensten angefordert

Während die voll ausgerüsteten Löschtrupps den Brand bekämpfen und sich zwei Mann dem Verletzten aus dem Inneren des Gebäudes nähern, fährt eine Feuerwehrkameradin im Korb der Drehleiter mit einer Rettungswanne hoch. Die Situation wäre im Ernstfall kritisch. Der Verletzte wird auf der Trage fixiert und im Korb heruntergefahren. Am Boden warten schon die Rettungsdienste, um ihn in Empfang zu nehmen. Die Drehleiter wird übrigens nicht nur bei Bränden eingesetzt. Oft wird sie auch von den anderen Rettungsdiensten als Hilfsmittel angefordert, um zum Beispiel hilflose Personen über einen Balkon zu transportieren, falls dies in einem engen Treppenhaus nicht möglich ist.

Mittlerweile ist der Brand unter Kontrolle und gelöscht. Nun stehen die Nachlöscharbeiten an, damit eventuelle Glutnester nicht wieder aufflammen. Der Verletzte, bei dem es sich um eine Übungspuppe handelt, liegt auf der Trage am Boden – Neugierige dürfen versuchen, diese anzuheben. 90 Kilo wiegt der Dummy immerhin. „Ganz so schwer hätte ich mir das nicht vorgestellt“, meint der 20-jährige Metin, „die reißen ja wirklich was, Respekt!“ Und der fünfjährige Jonas erklärt seinen Eltern prompt: „Ich will auch zur Feuerwehr!“ Womit eines der Ziele erreicht ist: Den Nachwuchs auf diese wichtige Aufgabe aufmerksam zu machen.