Forellen frisch auf dem Teller

Zwei Quereinsteiger in Sulzbach und Rudersberg haben sich der Forelle verschrieben – Verbraucher schätzen die frische Herkunft

Raus aus dem Büro und rein in die Natur: Ein EDV-Spezialist und ein Testfahrer erfüllen sich mit der eigenen Fisch(auf)zucht einen Traum. Zu finden sind ihre Anlagen in Sulzbach an der Murr und in Rudersberg.

Forellen frisch auf dem Teller

Schimmernde Forellen aus dem Räucherofen von Evelin Baur und Jochen Rieker. Foto: J. Fiedler

Von Simone Schneider-Seebeck

RUDERSBERG/SULZBACH AN DER MURR. Ein idyllisches Stückchen Erde im Wald. Betritt man das Reich von Jochen Rieker und Evelin Baur, sieht man gar nicht, wie groß das Grundstück bei Rudersberg ist. Dabei liegen hier fünf Fischteiche unterschiedlicher Größe, gespeist aus eigenen Quellen. Darauf sind die Besitzer besonders stolz, denn die Qualität des Wassers ist ganz besonders wichtig für die Fischaufzucht. 1996 hat Rieker das Grundstück erworben. Eigentlich war es als Rückzugsort für die Freizeit gedacht, er selbst arbeitete zu der Zeit noch im Büro. Geangelt hat der studierte Informatiker aber schon immer gern. Und nachdem er für sich festgestellt hatte, dass die Büroarbeit doch nichts ist, was er für den Rest des Lebens machen möchte, kam ihm schließlich die Idee, wieder etwas aus der alten Forellenzucht zu machen. Der Mann mit dem kecken Filzhut ist stolz darauf, es als Quereinsteiger geschafft zu haben: „Mittlerweile kann man davon leben.“

Regenbogen- und Lachsforellen, Saiblinge und einige Störe leben in den fünf Teichen, schön nach Art getrennt. Er züchtet seine Fische nicht selbst, sondern kauft sie klein auf, um sie bis zur Schlachtgröße wachsen zu lassen. „Das Wachstum der Fische ist temperaturabhängig“, verrät er. Viel höher als 18 Grad darf die Wassertemperatur nicht liegen, sonst sieht es für die Fische kritisch aus. Zwei Faktoren kommen ihm da zugute – einerseits das Quellwasser, das recht kühl die Teiche durchströmt, andererseits die Lage im Wald, die einige der Teiche gut beschattet. Ein weiterer Vorteil des eigenen Wassers besteht darin, dass sich keine Krankheiten und Pilze im Gewässer festsetzen können. „In Aquakulturen müssen oft Medikamente eingesetzt werden. Das ist bei uns nicht der Fall“, erklärt Rieker. Zudem sind die Becken sehr naturbelassen und nicht betoniert. Dadurch finden die Wasserbewohner einen guten Teil ihrer Nahrung selbst. Etwa 75 Prozent wird zugefüttert.

„Wenn ich Fisch schlachte,riecht man nichts“

„Wir genießen es, in der Natur zu sein“, schwärmt Evelin Baur. Eigentlich ist sie gar keine Fischliebhaberin, doch durch die eigene Aufzucht ist sie auf den Geschmack gekommen: „Vom Geschmack her ist das etwas ganz anderes als Fisch aus dem Supermarkt.“ Und ihr Lebensgefährte ergänzt: „Wenn ich Fisch schlachte, riecht man nichts.“ Gut drei bis vier Monate dürfen die Fische mit viel Platz wachsen, fressen und schwimmen, bis es dann zum Schlachten und Räuchern geht. Auf dem Gelände stehen mehrere Räucheröfen, sogar ein älteres Exemplar mit Holzbefeuerung war lange im Einsatz. Das Räuchern im Holzofen ist jedoch sehr zeitaufwendig, denn die Temperatur muss ständig überprüft werden.

Auf dem Forellenhof Rieker wird die Heißräuchermethode mit modernem Räucherofen genutzt. Zunächst werden die Fische eine Stunde getrocknet, dann etwa zwei bis zweieinhalb Stunden mit 64 Grad Kerntemperatur gegart und geräuchert. Dabei ist darauf zu achten, dass es nicht wärmer wird, sonst ist der Fisch am Ende trocken. 100 Forellen passen gleichzeitig in den Ofen. Der Fischverkauf läuft hauptsächlich über den Direktvertrieb, jedoch wird auch die Gastronomie beliefert. Allerdings würde es sich finanziell nicht lohnen, größere Margen an Fisch abzugeben, da bliebe zu wenig Ertrag übrig. Außerdem benötigen die Fische eine gewisse Menge an Platz, denn Forellen sind Raubfische. Wird es zu eng, greifen sie ihre Artgenossen an. Die Kundschaft kommt entweder direkt zum Forellenhof oder deckt sich auf verschiedenen Wochen- und Naturparkmärkten im Kreis ein. Besonders gut kommt das Räuchern direkt am Stand an, dafür stehen mehrere mobile Räucheröfen bereit.

Die Arbeit geht beiden nicht aus, sie könnten einen oder sogar zwei Mitarbeiter einstellen. Doch leider ist geeignetes Personal schwierig zu bekommen, bedauern sie. Dennoch bereuen sie es nicht, den Forellenhof aufgebaut zu haben.

Auch Marina Dajin und ihr Lebensgefährte Wilhelm Bandi haben sich der Forelle verschrieben. Während Bandi bereits einige Erfahrung im Fischgeschäft mitbringt, ist es für die junge Frau noch Neuland, sie ist aber fleißig am Lernen. 2018 haben die beiden die Forellenzucht Lautertal bei Sulzbach an der Murr übernommen. Sehr viel Arbeit haben die beiden in den Betrieb gesteckt und bisher immerhin schon vier der insgesamt 16 Teiche wieder auf Vordermann bringen und mit Fischen besetzen können. Seit einem Monat werden hier die ersten eigenen Forellen gezüchtet. In einer großen Wanne, geschützt in einem kleinen Häuschen, wuseln etwa 20000 winzige Fischlein durchs Wasser. Ab September kann der erste Speisefisch aus eigener Zucht verkauft werden. Doch bereits jetzt kommt schon viel Kundschaft. Wenn die Anlage fertig ist, sollen etwa 40 bis 50 Tonnen Fisch an den Mann beziehungsweise die Frau gebracht werden können. Hauptsächlich für den Verzehr, doch auch die Zucht von Besatzfischen ist geplant. Die eigene Zucht hat ihre Tücken, verrät Wilhelm Bandi, der sein Geld noch hauptsächlich als Testfahrer verdient. Nach der Befruchtung der Fischeier müssen diese ständig mit Quellwasser gespült werden und dürfen nicht bewegt werden. Tote Eier werden sofort aussortiert, ansonsten ist die restliche Brut ebenfalls dem Tod geweiht. Nach gut vier Wochen schlüpfen die kleinen Fischchen, sind jedoch noch ziemlich unbeweglich mit dem unhandlichen Dottersack am Bauch. Wieder drei Wochen später hat dieser sich zurückgebildet, und dann geht es mit Füttern los – zehnmal am Tag brauchen die kleinen Flitzer etwas. Auch während dieser Phase muss sorgfältig darauf geachtet werden, verstorbene Fische zu entfernen. Jeden Monat verdoppelt sich das Gewicht des Fischs, und mit etwa 320 bis 350 Gramm ist er dann verkaufsbereit.

Es ist wichtig, ein Auge aufs Wachstum zu haben, denn die Tiere wachsen nicht unbedingt gleichmäßig. Zweimal sollten sie nach Größe sortiert und zusammengelegt werden, sonst kann es vorkommen, dass die Großen die Kleinen verspeisen. Auch der 36-jährige Quereinsteiger betont, wie wichtig es ist, den Fischen ausreichend Platz zu geben, damit sie sich nicht gegenseitig anknabbern. Wenn die Anlage fertig ist, werden es 2000 Quadratmeter Wasserfläche sein. Mit dem Grundstück hat das Paar noch einiges vor, so soll beispielsweise ein kleiner Biergarten entstehen. Viel Arbeit steht also noch an, doch: „Wir lieben die Natur. Und wenn man sich etwas wirklich vornimmt, dann schafft man es auch.“

Weitere Infos: Forellenhof Rieker, Talhof 3, 73635 Rudersberg, 01520/1944460, www.forellenhof.jrieker.de, und Forellenzucht Lautertal, 71560 Sulzbach an der Murr-Siebersbach, 0177/4119174, genauer Standort über Google Maps.

Forellen frisch auf dem Teller