Fossilien und Mineralien: Manche Stücke sind selbst geklopft

Sammellust (15) Seit über 50 Jahren suchen und sammeln Maria und Dieter Schreiber aus Backnang zusammen Fossilien und Mineralien. Von jedem der etwa 1000 Objekte weiß das Paar etwas zu erzählen – gewissermaßen eine Lebensgeschichte in Stein gemeißelt.

Fossilien und Mineralien: Manche Stücke sind selbst geklopft

Ein Kalzit war in den 70er-Jahren der Beginn von Maria und Dieter Schreibers Sammellust. Fotos: Alexander Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. Im Wohnzimmer nimmt ein maßgefertigter Schauschrank die halbe Wand ein. Liebevoll sortiert finden sich hier Hunderte von Mineralien aller Art. Von A bis Azurit über Baryt und Silber bis zum Vanadanit sind sie hier versammelt, manche in glatte Form geschliffen, andere in roher Schönheit. Pyritwürfelchen in verschiedenen Größen sind dekorativ aufgereiht, die Sonne bricht sich in einer Bergkristalllandschaft, bei der die geometrischen Elemente wie zu Eis erstarrt kunstvoll durcheinanderstehen. Das Licht, um die Kostbarkeiten perfekt in Szene zu setzen, hat Dieter Schreiber selbst in diesen überdimensionalen Schaukasten eingebaut.

Angefangen hatte es mit der Suche nach Fossilien. Vor über 50 Jahren war es, da hat Maria und Dieter Schreiber die Sammelleidenschaft gepackt. „Damals haben alle Steine gesucht“, erinnert sich Maria Schreiber. Zu jener Zeit hatte es in Heidelberg einen Fossilienverein gegeben, die Bezirksgruppe Stuttgart war in Fellbach angesiedelt. „Einmal im Monat gab es einen Vortrag und da sind wir immer hingefahren“, ergänzt ihr Mann. „Da haben wir auch viele Mitsucher kennengelernt. Es haben sich richtige Freundschaften ergeben. Wir sind auch zusammen in Urlaub gefahren.“ „Nur zum Steineklopfen“, ergänzt Maria Schreiber lachend.

Und auch die Sonntagsausflüge waren geprägt von der Suche nach urzeitlichen Funden: „Egal, wo wir hingefahren sind, immer sind wir irgendwie mit Steinen in Verbindung gewesen“, denkt die gelernte Schneiderin zurück. Die Kinder waren davon allerdings nicht so begeistert, räumt sie ein. Höchstens, wenn man in einem schlammigen Steinbruch mal so richtig schön im Matsch spielen oder in einem nahe gelegenen Fluss baden konnte. Dank des Vereins war es möglich gewesen, auch Steinbrüche zu besuchen, die sonst nicht zugänglich gewesen wären. „Da hat man schon tolle Sachen finden können“, schwärmt sie.

Heutzutage ist das Steineklopfen auf Straßenbaustellen nicht mehr erlaubt

Aus dem Taubertal stammt das, soweit die beiden wissen, älteste Stück ihrer Sammlung, ein Nautilus aus dem Muschelkalk, etwa 240 Millionen Jahre alt. So gut wie alle der etwa 350 Fossilien, die mittlerweile ihre Plätze in Schaukästen entweder im Arbeitszimmer oder im Keller gefunden haben, wurden von den beiden Hobbygräbern selbst gefunden. Darunter befinden sich viele Ammoniten, von fingernagelkleinen bis kiloschweren Exemplaren, versteinerte Korallen und Seelilien bis hin zu zwei Wirbeln eines Ichthyosauriers.

Ergiebig waren besonders Straßenbaustellen auf der Schwäbischen Alb – ein reicher Fundus. Heutzutage ist das Steineklopfen in dieser Form nicht mehr erlaubt. „Da sind die Sammler aber selbst schuld, weil sie so unvernünftig gewesen sind und alles kaputtgemacht haben“, merkt Maria Schreiber kritisch an. Auch sei es im Steinbruch nicht gerade ungefährlich gewesen, insbesondere nach dem Winter, wenn Frostsprengungen drohten.

Aktuell besitzt das Ehepaar um die 650 Mineralienexponate. Die meisten Steine haben die Schreibers auf Mineralienbörsen erstanden; sie kommen aus aller Welt. Akribisch ist in einer Liste notiert, welches Stück wo herkommt, wann es erstanden wurde, sogar der Kaufpreis steht dabei. Einige davon haben sie aber auch, wie beispielsweise die Fossilien, selbst aus dem Stein geklopft, etwa in Schelklingen, Idar-Oberstein oder Ilsfeld. Dort habe es eine Lehmgrube gegeben, so Dieter Schreiber. Als diese aufgelassen wurde, habe man Kalzit unter der Gesteinsschicht entdeckt. Er holt ein besonderes Exponat aus dem Schauschrank. Es sieht aus wie eine Miniaturlandschaft, fast wie ein kleiner Grand Canyon, und ist eigentlich recht groß für ein Mineralienexponat. Sein Lieblingsstück. „Das war der Beginn unserer Mineraliensammlung“, sagt er, etwa Mitte der 1970er-Jahre muss das gewesen sein.

28 Jahre lang führte Maria Schreiber ihre Kettenklinik

Durch die Sammelbegeisterung reifte in Maria Schreiber irgendwann die Idee, ihre Leidenschaft beruflich zu nutzen, zunächst acht Jahre als Angestellte bei einem Vereinskollegen, später dann im eigenen Laden in Backnang. Hatte sie diesen zunächst noch in ihrem Wohnhaus geführt, musste nach gut eineinhalb Jahren etwas Größeres her. 28 Jahre lang, bis 2017, führte Maria Schreiber ihre Kettenklinik und bis heute wird sie noch darauf angesprochen, in so guter Erinnerung ist sie geblieben. Auch ihr Mann Dieter stieg mit ein. „Er fing an mit dem Steineschleifen, wir haben die Löcher gebohrt, ich habe die Ketten kreiert und aufgefädelt. Das lief von Anfang an supergut.“ Ein paar Restexemplare hat sie noch. Und auch Ketten repariert sie weiterhin.

Loslassen wird die Begeisterung für Fossilien und Mineralien die beiden auch künftig wohl nicht. Dazu sind die Sammlerstücke viel zu eng mit ihrem gemeinsamen Leben verbunden.