Fracksausen

Baden-Württembergs CDU verliert den Anschluss an die Grünen

Von Wolfgang Molitor

Umfragen sind Momentaufnahmen. Umfragen sind keine Wahlergebnisse. Jede Partei kann ihre Sprüche routiniert runterbeten, wenn es darum geht, demoskopische Tiefschläge kleinzureden und wegzustecken. Baden-Württembergs einst so stolze, unschlagbar scheinende CDU musste in den vergangenen Jahren angesichts schwindender Wählergunst da die Backen besonders dick aufblasen, weil immer deprimierendere Umfrageergebnisse letztlich in den Wahlurnen zur bitteren Wahrheit wurden.

Jetzt ist für die Landes-CDU ein neues Umfragetief aufgezogen – 23 Prozent. Zehn profillose Prozent hinter den mitregierenden netten Grünen. Gewöhnlich nennt man das abgeschlagen. Den Kampf um Platz eins, um das Amt des Ministerpräsidenten, gewinnt man jedenfalls so nicht. In der CDU macht deshalb ein Wort die Runde, das bisher die Landes-SPD gepachtet zu haben schien: aussichtslos. Auch wenn es noch gut zwei Jahre bis zur nächsten Landtagswahl dauert. Denn 23 Prozent – das wäre das Ende der letzten halbwegs sicheren schwarzen Landes-Bastion, konkret: der nicht zu verschmerzende Verlust von vielen seit Jahrzehnten locker verteidigten Direktmandaten. In der Fraktion nennt man das Fracksausen.

Zehn Prozent Vorsprung: Für den Ministerpräsidenten könnte er groß genug sein, 2021 einen anderen Spitzenkandidaten ins Rennen zu schicken, ohne die kretsch­entmannten Grünen hinter die CDU zurückfallen zu lassen. Zehn Prozent Rückstand: Auch für CDU-Chef Thomas Strobl könnte das Anlass sein, das Feld personell neu zu bestellen. Denn auch das zeigt die Forsa-Umfrage: Geht es um den Bund, liegt die CDU im Südwesten weiter klar vor den Grünen. Wer will da bestreiten, dass die Verantwortung für den Niedergang im Land klar verteilt ist.

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