Fraport vor Stellenabbau und langsamem Neustart

dpa Frankfurt/Main. Die Corona-Krise verändert auch den größten deutschen Flughafen. Der Chef des Betreibers Fraport erwartet auf lange Sicht weniger Geschäft. Dafür haben die Passagiere künftig deutlich mehr Platz.

Fraport vor Stellenabbau und langsamem Neustart

Wegen der Corona-Pandemie herrscht am Frankfurter Flughafen gähnendende Leere. Foto: Boris Roessler/dpa

Der Chef des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport erwartet nach der Corona-Krise keine schnelle Erholung des Passagierverkehrs.

Möglicherweise werde 2023 ein „Jahr Null“ mit einer neuen Normalität erreicht, sagte Stefan Schulte am Montagabend in einer Videokonferenz mit dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten.

Dann werde es aber wohl immer noch 15 bis 20 Prozent weniger Fluggäste geben als im Jahr 2019. Den Bau des dritten Passagierterminals im Süden des Airports will der Vorstandsvorsitzende aber nicht drosseln. Um einen Stellenabbau kommt der MDax-Konzern aus seiner Sicht nicht herum.

Schulte äußerte sich skeptisch zu einer schnellen Erholung des Luftverkehrs. „Wir hoffen, dass wir irgendwann im Sommer wieder ein stärkeres Hochfahren des Verkehrs sehen.“ Derzeit seien die wenigen Flüge schon wieder etwas besser ausgelastet als im April. Allerdings wäre er „schon glücklich“, wenn das Passagieraufkommen im Dezember wieder bei 30 oder 35 Prozent des normalen Niveaus erreiche.

Im vergangenen Jahr hatte Fraport in Frankfurt erstmals mehr als 70 Millionen Passagiere gezählt - ein Rekord, den die Konzernführung ursprünglich deutlich früher erwartet hatte. Den Bau von Terminal 3 hatte das Management deshalb schon früher um mehrere Jahre verschoben. Inzwischen sind die Arbeiten aber weit fortgeschritten. Laut Plan soll der erste Abschnitt im Herbst 2021, der Rest Ende 2023 fertig sein.

Vielleicht verzögere sich die Fertigstellung jetzt bis 2024, sagte Schulte. Aber man werde das neue Terminal dann auf jeden Fall in Betrieb nehmen. Mit Blick auf die Abstandsregeln aufgrund der Pandemie zeigte er sich über eine „viel zu große Terminalkapazität“ sichtlich erfreut. Anders wären solche Vorschriften kaum einzuhalten, sagte er.

Als Kunde ist für den ersten, ausdrücklich für Billigflieger geplanten Abschnitt die irische Ryanair im Gespräch. Deren Chief Commercial Officer David O'Brien warnte Fraport vor zu hohen Mietforderungen. „Wir werden es gerne nutzen, so lange wir niedrige Kosten haben“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Schulte erwartet weitere Airline-Pleiten und ein sinkendes Flugangebot in aller Welt - mit Konsequenzen für Fraport und die Mitarbeiter. „Wir werden uns darauf vorbereiten müssen, dass wir 15 Prozent weniger Volumen haben, und dann müssen wir auch die Ressourcen anpassen.“

Den Flughafenkonzern sieht Schulte im Gegensatz zu vielen Airlines gut aufgestellt, um die Krise ohne Staatshilfe zu überstehen. Fraport seien seit März 95 Prozent des Geschäfts weggebrochen, und der Konzern verliere pro Monat etwa 150 Millionen Euro.

Allerdings verfüge er samt Krediten über eine Liquidität von 2,5 Milliarden Euro. „Damit kommen wir noch viele Monate hin.“ Die Dividende für die Aktionäre habe Fraport nicht mit Blick auf mögliche Staatshilfe oder Kurzarbeit gestrichen, sondern um die Liquidität des Konzerns zu schützen. Mehrheitlich gehört der Konzern nach wie vor der öffentlichen Hand mit den Großaktionären Hessen und Stadt Frankfurt.

Zum möglichen Umfang eines Stellenabbaus wollte sich Schulte nicht äußern. Dies hänge auch davon ab, wie schnell das Wachstum in der Luftfahrt zurückkomme, sagte er. Derzeit befänden sich etwa 18.000 der rund 22.000 Fraport-Beschäftigten in Kurzarbeit, hinzu komme der Abbau von Zeitguthaben und Urlaub. Schulte kündigte an, mit den Gewerkschaften über sozialverträgliche Lösungen zu sprechen - sobald sich die Entwicklung besser einschätzen lässt.

Unter welchen Abstands- und Sicherheitsregeln der Passagierverkehr wieder starten kann, ist laut Schulte auch Thema von Gesprächen des Konzerns mit der Bundesregierung. Fraport habe bereits Plexiglaswände als Spuckschutz an den Sicherheitskontrollen aufgestellt, um Passagiere stärker voneinander abzuschirmen. Darüber, ob man vor dem Flug die Temperatur der Passagiere messe oder Antikörpertests durchführe, könne Fraport nicht eigenständig entscheiden. Dazu brauche es staatliche Regelungen.