Fröhliche Kunden mit verhaltener Kauflaune

Das Weihnachtsgeschäft im regionalen Einzelhandel bewegt sich auf Vorjahresniveau. Die hiesigen Händler merken, dass die Flaute im Geldbeutel zum begrenzenden Faktor wird. Sie sind dennoch überwiegend zuversichtlich und wollen schöne Einkaufserlebnisse bescheren.

Fröhliche Kunden mit verhaltener Kauflaune

Der Weihnachtseinkauf ist mehr als das Erledigen von Besorgungen: Er wird zunehmend zur Freizeitgestaltung. Auch diese drei Damen sind erst miteinander frühstücken gegangen und haben anschließend in den Geschäften gestöbert. Fotos: Tobias Sellmaier

Von Nicola Scharpf

Backnang/Murrhardt. Schutzmaßnahmen im Rahmen der Coronapandemie sind es in diesem Jahr nicht, die die Aussichten der regionalen Einzelhändler auf ein brummendes Weihnachtsgeschäft trüben. Stattdessen drückt die allgemeine wirtschaftliche Lage auf die Konsumlaune der Kunden, so die Feststellung einiger Einzelhändler in Backnang und Murrhardt. Es scheint sich nach dem vierten Adventssamstag zu bestätigen, was beispielsweise das Nürnberger Marktforschungsinstitut GfK herausfand, indem es Mitte November Menschen in Deutschland zu ihren geplanten Ausgaben für Weihnachtsgeschenke befragte: Diese würden infolge der hohen Inflation geringer als noch im Vorjahr ausfallen. „Man kann den Euro nur einmal ausgeben“, sagt der Murrhardter Buchhändler Christian Lätzig treffend. „Da fehlt es schon im Vergleich zu vor der Pandemie.“ Für seinen Laden hofft er, dass sich das diesjährige Weihnachtsgeschäft ungefähr auf Vorjahresniveau bewegen wird: „Prickelnd war das zwar nicht, aber man kann damit arbeiten.“

Das klingt nach bescheidenen Ansprüchen und einem Hauch von Zuversicht – der auch bei anderen Geschäftsleuten im Einzelhandel mitschwingt. So bestätigt Markus Sammet, Inhaber des Backnanger Modegeschäfts Schwarzmarkt, dass im diesjährigen Weihnachtsgeschäft weniger los ist als vor der Pandemie. Insbesondere von Montag bis Donnerstag sei es zäh. Sammet bemerkt zwar die verhaltene Kauflaune der Kunden und merkt, dass die Menschen bedachter kaufen, „aber bei der Gesamtsituation, die wir gerade haben, muss man die Dinge positiv nehmen, sonst machst du dich verrückt“. Dementsprechend tönt Samstagmittag aus der Musikanlage im Schwarzmarkt Weihnachtsmusik. „Das Weihnachtsgeschäft konzentriert sich sehr aufs Wochenende. Die Leute nutzen das Wochenende, um rauszukommen“, schildert er. „Die, die zu uns in den Laden reinkommen, sollen Abwechslung haben und Freude, ein gutes Erlebnis. Sie sollen mal abschalten können von dem ganzen Mist.“

„Der Einkauf wird zunehmendzur Freizeitgestaltung“

Ein Weihnachtseinkauf soll wohl mehr sein als das schlichte Abarbeiten von Listen mit Besorgungen. Er soll zum Event werden und Spaß machen. „Der Einkauf wird zunehmend zur Freizeitgestaltung“, formuliert es Martin Windmüller, der für sein Backnanger Betten- und Wäschegeschäft mit einem Dezember wie im vergangenen Jahr rechnet. „Letztes Jahr hatten wir ein gutes Weihnachtsgeschäft, weil bei den Menschen pandemiebedingt durchaus Geld vorhanden war, das sie bei ihrer Freizeitgestaltung eingespart hatten.“ Zur Monatsmitte habe der Umsatz jenem von 2021 entsprochen, allerdings nominal und nicht real, gibt Windmüller zu bedenken. „Die Preise sind gestiegen. Ich habe in diesem Jahr noch konstante Strom- und Gaspreise, aber das wird nicht so bleiben.“ Wenn nicht noch Dramatisches passiere, beispielsweise dass eisglatte Gehwege und Straßen das Weihnachtsgeschäft ausbremsen, sei er durchaus zufrieden mit den Umsätzen.

Die Tendenz gehe dahin, auch die Industrie- und Handelskammer bestätige das, dass die Menschen wieder mehr stationär und lokal einkaufen – also dem Einkauf in Backnang den Vorzug geben gegenüber jenem in Stuttgart. „Die Großstadt tut sich schwerer als die Mittelzentren um Stuttgart herum.“ Auch hätten die Kunden den Handel vor Ort zu schätzen gelernt. „Online hat gerade Umsatzeinbußen.“ Für sein Geschäft macht Windmüller einen weiteren, klar erkennbaren Trend aus: „Alles, was Wärme gibt, ist dieses Jahr überproportional vertreten.“ Warme Decken, sowohl fürs Sofa als auch fürs Bett, seien aufgrund gedrosselter Raumtemperaturen der Renner. Ähnliches hat Markus Sammet registriert: Es sei zwar lange warm und mild gewesen, weshalb der Verkauf von Winterjacken erst spät begonnen habe, doch nun sei Kuscheliges und Bequemes stärker gefragt als sonst.

Die Vorsitzende des Backnanger Stadtmarketingvereins, Sigrid Göttlich, ist an diesem letzten Adventssamstag mit den Backnanger Weihnachtsengeln in der Stadt unterwegs, um die Gewinnspiel-Fotoaktion des Stadtmarketings, bei der Backnang-Kärtle verlost werden, zu unterstützen. Sie bilanziert, ein positives Gefühl über das diesjährige Weihnachtsgeschäft zu haben. „Die Leute haben Lust zu flanieren. Die Mitmenschen sind freudvoll, fröhlich und möchten sich gerne treffen. Man möchte sich etwas Gutes tun, auch sich selbst, nicht ausschließlich den anderen.“ Die inhabergeführten Fachgeschäfte würden davon profitieren, dass die Kunden Nähe suchen.

Zugute kommt den Einzelhändlern auch, dass die Vorweihnachtszeit in diesem Jahr lang ist, dadurch dass Heiligabend auf einen Samstag fällt. „Das ist gut, das Weihnachtsgeschäft verteilt sich dadurch anders“, sagt Buchhändler Lätzig. Nichtsdestotrotz rechnet Markus Sammet – alle Jahre wieder – auch 2022 damit, dass die letzten Lastminute-Käufer nach Ladenschluss um 13 Uhr an die Scheibe klopfen und ihn um das Ausstellen eines Gutscheins bitten. „Die sind dann schon ein bisschen unter Strom“, sagt er schmunzelnd. Ja, das Weihnachtsgeschäft ist noch längst nicht beendet.