Außenminister Wadephul deutet nochmals höhere Verteidigungsausgaben an. Profitieren würden vor allem Rüstungsfirmen, auch in Baden-Württemberg. Was erhoffen sie sich von den Plänen?
Heckler & Koch stellt Gewehre und Pistolen her. Das Geschäft läuft gut, die Firma investiert.
Von Tristan Oetker-Kast
Der deutsche Außenminister Johann Wadephul hat beim Nato-Außenministertreffen in Antalya erklärt, Deutschland werde wie von US-Präsident Donald Trump gefordert fünf Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Rüstung ausgeben. Das entspräche mehr als 200 Milliarden Euro und wäre zweieinhalbmal so viel wie 2024 (82 Milliarden Euro), zudem der höchste Wert seit dem Höhepunkt des Kalten Kriegs. Trotzdem knallen bei der baden-württembergischen Rüstungsindustrie noch nicht sofort die Sektkorken.
Thales: „Das wäre fahrlässig“
Das Geschäft an politischen Willensbekundungen auszurichten, „wäre fahrlässig“, sagt ein Sprecher von Thales in Ditzingen. Planen könne man nur mit einem verabschiedeten Bundeshaushalt. So oder so sind die Umsätze von Thales seit 2020 exorbitant gestiegen.
Seit der „Zeitenwende“-Rede des damaligen Bundeskanzlers Olaf Scholz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine habe sich das Beschaffungstempo stark verbessert, lobt der Thales-Sprecher. Seit Ende 2024 sei das komplette damals angekündigte Sondervermögen in Verträgen gebunden.
Gewehrfirma investiert
Ein Sprecher des Oberndorfer Gewehr- und Pistolenherstellers Heckler & Koch lobt Strukturreformen im Beschaffungswesen. Man erhoffe sich „mehr Planungssicherheit“. Bereits jetzt investiert die Firma kräftig: Insgesamt flossen in den vergangenen fünf Jahren 100 Millionen Euro in den Standort Oberndorf. Vor zwei Wochen fand die Grundsteinlegung für ein 21 Millionen Euro teures Schieß- und Montagezentrum statt – das größte Einzelprojekt im Rahmen des Programms.
Rheinmetall gilt als einer der stärksten Profiteure der aktuellen Entwicklung. Der Konzern will laut einem Sprecher allein dieses Jahr 4000 neue Stellen schaffen. Bis 2028 soll die Zahl der Beschäftigten weltweit von aktuell 31 000 auf 40 000 steigen. Seit dem Überfall der Ukraine durch Russland habe der Konzern „rund 8 Milliarden Euro in die Erweiterung seiner Kapazitäten investiert“. Weltweit entstünden aktuell zehn neue Rheinmetall-Werke, drei davon in Deutschland – dort sollen Artilleriemunition, Raketenmotoren und Rumpfmittelteilen für den F-35-Kampjet entstehen.
Die Firma Hensoldt, die Sensorik- und Radarsysteme herstellt, gibt sich dagegen zugeknöpft: „Zum Spekulieren neigen wir nicht“, sagt ein Sprecher. Die bayerische Firma hat Niederlassungen in Ulm, Pforzheim, Oberkochen und Immenstaad.
Umsätze dürften weiter steigen
Zahlreiche Rüstungsfirmen gehen ebenso wie Investoren von weiter steigenden Umsätzen aus, weil der Bedarf nach Rüstungsgütern ebenso steigt wie die Verteidigungsbudgets. Wie schnell das Geld bei der Industrie ankommt, ist aber offen: Beispielsweise entschied das Verteidigungsministerium 2017, das Sturmgewehr G 36 zu ersetzen. Der Vertragsabschluss mit Heckler & Koch erfolgte erst im Januar 2023. Viele der Waffensysteme, die mit dem Sondervermögen bezahlt werden, sind technisch weitaus komplexer.
Im Rüstungsbereich ändert sich derzeit freilich so einiges. Die Verträge für die 100 Milliarden aus dem Sondervermögen wurden deutlich schneller abgeschlossen als in der Zeit vor dem Ukrainekrieg und den Reformen beim Beschaffungswesen. Über Fachkräftemangel kann sich die Branche offenbar auch nicht beklagen. Nach Angaben von Thales bewerben sich jeden Monat rund 3 000 Menschen auf einen Job im Unternehmen. Das sei gut ein Drittel mehr als in den Jahren vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.