Für Datenweiterleitung verurteilt

52-jährige Althütterin muss 1500 Euro wegen Verbreitung kinderpornografischer Dateien zahlen.

Für Datenweiterleitung verurteilt

Eine Mutter verschickte ein Video, auf dem ein Säugling vergewaltigt wird. Dafür erhielt sie nun eine Geldstrafe. Symbolfoto: Bilderbox/E. Wodicka

Von Bernd S. Winckler

ALTHÜTTE/STUTTGART. Der sexuelle Missbrauch von Kleinkindern gehört zu den schlimmsten Straftaten überhaupt. Nicht umsonst diskutiert die Bundesregierung derzeit darüber, Kindesmissbrauch als Verbrechenstatbestand einzustufen. Davon jedoch ist die 52-jährige Mutter zweier Kleinkinder aus Althütte noch nicht betroffen. Sie hatte im Mai 2018 ein Video, auf dem ein erst wenige Monate alter Säugling von einem Mann vergewaltigt wird, über das Netz an Freunde verschickt.

Nun wurde die Frau zuerst am Amtsgericht Backnang und jetzt am Stuttgarter Landgericht angeklagt. Der Vorwurf: Verbreitung kinderpornografischer Dateien. Vorweg sei allerdings klargestellt: Bei dem Säugling handelt es sich nicht um eines der Kinder der Angeklagten, mit denen im Arm sie jetzt vor der 42. Strafkammer erschien. Ihr Sohn ist zwei Jahre, die Tochter gerade mal einige Monate alt.

Am 17. Mai 2018 habe sie von einem Unbekannten über ihr Handy eine Videodatei bekommen, auf der deutlich die Vergewaltigung eines gerade erst wenige Monate alten Mädchens dargestellt wurde. Anstatt das Video zu löschen oder der Polizei zu übergeben, hatte die Beschuldigte noch am selben Tag die Datei über die sozialen Medien an zahlreiche ihrer Freunde und Bekannten weitergeleitet. Zwei solche Weiterleitungen sind aktenkundig. Wer die letzte Sendung erhielt, konnte die Staatsanwaltschaft nicht mehr ermitteln. Es sollen mindestes 26 Kontakte gewesen sein.

Durch die Rückverfolgung kam die Polizei der Urheberin schnell auf die Schliche.

Bereits das Amtsgericht Backnang hatte in der ersten Instanz hier ganz deutlich den Tatbestand der Verbreitung kinderpornografischer Dateien gesehen und die bisher unbescholtene Frau zu der Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt.

Allein das Versenden des Videos begründe diese Tat, die derzeit noch als Vergehen eingestuft ist. Durch die Rückverfolgung kam die Polizei der Absenderin schnell auf die Schliche. Gegen dieses Urteil hatte die 52-Jährige allerdings Berufung eingelegt mit der Begründung, sie habe nicht gewusst, dass das Weiterleiten der Datei strafbar sei. Vielmehr habe sie all denen, denen sie den Film schickte, damit sagen wollen, dass man auf die eigenen Kinder aufpassen müsse, damit so etwa nicht geschehe. Aber diese Beteuerung nahmen die Richter der Stuttgarter Strafkammer als Unschuldsvermutung nicht an. Als aufgeklärter Mensch hätte sie wissen müssen, um welches Verbrechen an einem Kind es hier geht. Auch wenn sie selbst das Video nicht produziert, sondern nur weitergeleitet habe, greife das Gesetz ohne Wenn und Aber zu, sagte ihr der Vorsitzende Richter – und gab der Frau den dringenden Rat, ihre Berufung zurückzunehmen. Immerhin handle es sich bei der Darstellung auf dem Video um einen ganz schlimmen Fall von Kindesmissbrauch.

Auch eine Einstellung wegen Nichtwissens um die Strafbarkeit einer Handlung, wie es der Verteidiger angeregt hatte, fiel bei dem Richter und dem Staatsanwalt nicht auf fruchtbaren Boden. Die Angeklagte muss nun die 1500 Euro Strafe bezahlen und auf die Rückgabe ihrer drei von der Polizei sichergestellten Smartphones endgültig verzichten, mit denen sie die Dateien weitergeleitet hatte.