Fußbotschafter kämpft für den Backnanger Murrsteg

Volker Wieland vom Fachverband Fußverkehr fordert, die gesperrte Brücke an der Bleichwiese schnell zu ersetzen. Noch mehrere Jahre auf eine „große Lösung“ zu warten, ist in seinen Augen keine Option.

Fußbotschafter kämpft für den Backnanger Murrsteg

Der Weg durchs Wasser ist auch für Volker Wieland keine Alternative. Der überzeugte Barfußläufer fordert deshalb raschen Ersatz für den gesperrten Murrsteg. Foto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Dass Volker Wieland ein ganz besonderes Verhältnis zu seinen Füßen hat, sieht man schon auf den ersten Blick. Zum Ortstermin am Murrufer erscheint er an diesem recht frischen Märzmorgen nämlich barfuß. Schuhe trägt der 50-Jährige seit acht Jahren nur noch in Ausnahmefällen. Sogar den Backnanger Silvesterlauf hat er im vergangenen Jahr barfuß absolviert. Und auch sonst ist er viel zu Fuß unterwegs: Auf zehn bis 15 Kilometer schätzt Volker Wieland sein tägliches Pensum. „Geh zu Fuß, sooft es geht“, lautet sein Motto, das er auch auf einem Anstecker an der Brust trägt.

Doch der gebürtige Backnanger geht nicht nur selbst gerne zu Fuß, er kämpft auch dafür, dass Städte fußgängerfreundlicher werden. „Der Straßenraum wird immer von innen nach außen geplant, die Fußgänger werden an den Rand gedrängt“, beklagt Wieland. Er will, dass die Interessen der Fußgänger bei der Verkehrsplanung stärker berücksichtigt werden. Deshalb engagiert er sich ehrenamtlich im Fachverband Fußverkehr Deutschland (siehe Infotext) und darf sich „Fußbotschafter des Saarlandes“ nennen. Saarbrücken ist nämlich seit 30 Jahren seine Wahlheimat. Dort hat er Sport studiert und am Olympiastützpunkt mit Spitzenathleten wie dem ehemaligen Stabhochsprungweltmeister Raphael Holzdeppe gearbeitet. Mittlerweile hat Wieland sich aber vom bürgerlichen Leben verabschiedet: Er hat weder einen geregelten Job noch eine feste Wohnung. „Ich mache nur noch, was ich liebe“, sagt er. Das Engagement für den Fußverkehr gehört dazu.

Aktivist fordert direkte Verbindungen für Fußgänger

Dabei hat er auch seine Heimatstadt Backnang im Blick, die er nach wie vor regelmäßig besucht. So ist ihm auch nicht entgangen, dass der hölzerne Murrsteg an der Bleichwiese seit mittlerweile zweieinhalb Jahren gesperrt ist. Die Holzkonstruktion aus dem Jahr 1984 ist innerlich verfault und nicht mehr sicher. Wie kürzlich bekannt wurde, soll es vorerst auch keinen Ersatz für die alte Brücke geben.

Als direkte Verbindung von Ufer zu Ufer sei der Übergang verzichtbar, argumentiert die Stadtverwaltung. Stattdessen soll mittelfristig eine „große Lösung“ mit einer direkten Verbindung von der Bleichwiese zur Innenstadt realisiert werden. Das neue Brückenbauwerk soll dann auch den Treppenaufgang zur Postgasse ersetzen, der den Stadtplanern schon lange ein Dorn im Auge ist. Volker Wieland begrüßt diese Idee: „Natürlich wäre die große Lösung toll.“ Allerdings hat er die Sorge, dass es noch viele Jahre dauern wird, bis sie verwirklicht wird – wenn überhaupt.

Die Skepsis scheint begründet: Weil es für den Brückenschlag hinauf zur Postgasse die Mitwirkung privater Grundstückseigentümer braucht und mit Kosten im Millionenbereich zu rechnen ist, hatte Stadtplanungsamtsleiter Tobias Großmann von einer „mittel- bis langfristigen Perspektive“ gesprochen. Das ist Volker Wieland zu vage. „Wir sollten stattdessen konstruktiv über eine kleine Lösung diskutieren“, fordert der Fußgänger-Lobbyist. Denn im Gegensatz zu den Verantwortlichen im Rathaus hält er den Überweg keineswegs für verzichtbar. „Ich vermisse ihn ohne Ende“, sagt der 50-Jährige und ist sich sicher, dass er nicht der Einzige ist, dem das so geht.

Zwar gibt es mit der Sulzbacher Brücke und dem Ernst-Riecker-Steg beim Annonaygarten andere Möglichkeiten, die Murr zu queren, doch die sind für Passanten, die von der Bleichwiese in die Stadt wollen, mit Umwegen verbunden. Zu einer fußgängerfreundlichen Stadt gehört aus Wielands Sicht aber, dass sie schnelle und direkte Verbindungen ermöglicht. „Ein Fußgänger wählt immer den kürzesten Weg“, betont Wieland. Das sei auch der Grund, warum sich oft Trampelpfade bilden, wenn der offizielle Weg zu umständlich ist.

Ein Provisorium ist für die Stadt keine Lösung

Diese Option gibt es bei der Murrquerung natürlich nicht, aber Volker Wieland glaubt, dass die Stadt die Verbindung mit überschaubaren Mitteln wiederherstellen könnte. Bevor man die Versorgungsleitungen, die bisher über den alten Steg verlaufen, wie geplant für teures Geld unter den Fluss verlege, solle man lieber einen neuen Steg bauen. Dieser könne durchaus provisorischen Charakter haben. „Vielleicht gibt es da ja eine schöne Lösung“, hofft Wieland und fordert von der Stadt, die Kosten für einen Ersatzsteg zumindest zu prüfen.

Der für den Baubereich zuständige Erste Bürgermeister Stefan Setzer macht dem Aktivisten allerdings wenig Hoffnungen. Ein Provisorium kommt aus seiner Sicht schon deshalb nicht infrage, weil die Brücke im Überschwemmungsgebiet liegt. „Sie muss deshalb so sicher konstruiert sein, dass sie bei einem Hochwasser nicht weggerissen wird“, erklärt Setzer. Eine neue Brücke in der Qualität des Riecker-Stegs würde nach seiner Einschätzung heute aber mindestens 450000 Euro kosten. „Wir wollen deshalb lieber noch etwas warten und dann eine große Lösung realisieren, die dauerhaft funktioniert.“ Wie teuer es wird, die Versorgungsleitungen unter die Erde zu verlegen, steht im Moment noch nicht fest. Setzer rechnet allerdings auch hier mit Kosten von mindestens 250000 Euro.

Fachverband Fußverkehr

Verband Der Fachverband Fußverkehr (FUSS e.V.) vertritt als eingetragener Verein seit 1985 die Interessen der Fußgängerinnen und Fußgänger in Deutschland. Er sieht sich als Ansprechpartner für Verwaltung, Politik und Öffentlichkeit bei allen Fragen zum Fußverkehr und nimmt auch Stellung zu geplanten Gesetzen und Richtlinien.

Forderungen Der Verband setzt sich unter anderem für eine Gehwegmindestbreite von 2,50 Meter ein und fordert härtere Strafen für Falschparker auf Fußwegen.