Gasinfrastruktur spielt im Raum Backnang weiter eine wichtige Rolle

Wie sieht es mit der Zukunft des Erdgases aus? Taugen die Leitungen auch für klimaneutrale Gase? Dies fragen sich Anwohner, wenn heute noch wie in Allmersbach im Tal die gelben Leitungen verlegt werden. Stadtwerkegeschäftsführer Thomas Steffen lässt hinter die Kulissen blicken.

Gasinfrastruktur spielt im Raum Backnang weiter eine wichtige Rolle

In Neubaugebieten ist Gas out, allerdings spielt es weiterhin als Energieträger eine große Rolle. Symbolfoto: Adobe Stock/fefufoto

Von Ingrid Knack

Rems-Murr. In Allmersbach im Tal plant die Aspa Bauträger GmbH aus Backnang in der Straße Im Reutle drei Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 19 Eigentumswohnungen. In diesem Zusammenhang ist ein mit Gas betriebenes Blockheizkraftwerk vorgesehen. Die Gasleitungen wurden mittlerweile verlegt. Nicht nur die Straße Im Reutle, sondern auch der Lichtensteinweg und die Straße Hornrain waren in das Projekt eingebunden. Auch in anderen Kommunen sind Erweiterungen des Gasnetzes geplant. Zum Beispiel in Großaspach von der Spengelgasse 44 bis zur Kernerstraße 11, wie im Dezember im Aspacher Gemeinderat thematisiert wurde.

Doch wie sieht es in Zeiten der Energiekrise mit dem Gas aus? Eine Anwohnerin in der Straße Im Reutle in Allmersbach im Tal beispielsweise kritisierte unter anderem, dass man bei dem Neubauprojekt auf diesen Energieträger setzt.

In Neubaugebieten werden immer weniger Gasanschlüsse gebaut

Was sagen die Fachleute dazu? Thomas Steffen, Geschäftsführer der Backnanger Stadtwerke (SwBK), erklärt, dass in Neubaugebieten bereits seit mehreren Jahren immer weniger Gasnetzanschlüsse gebaut würden. Dies sei durch die Entwicklungen in den letzten zwölf Monaten nochmals verstärkt worden. „Überwiegend entscheidet man sich im Neubaugebiet für eine Wärmepumpe in Kombination mit einer Fotovoltaikanlage. Wir planen aktuell und auch zukünftig grundsätzlich nicht mit dem Anschluss von Neubaugebieten an unser bestehendes Gasnetz.“

Obwohl die Anzahl der Gasneuanschlüsse im Jahr 2022 rückläufig gewesen sei, seien immer noch viele Häuser ans Gasnetz angeschlossen worden.

Thomas Steffen: „Für 2023 rechnen wir mit einem weiteren Rückgang an neuen Gasnetzanschlüssen. In bestehenden Wohngebieten aus den 1960er- bis 1980er-Jahren, in denen überwiegend Ölheizungen vorhanden sind, werden sich weiterhin Kunden für einen Gasanschluss entscheiden.“ Dort sei die Wärmepumpe aus technischen Gründen oft nicht so effektiv wie in Neubauten oder erfordere größere Umbauten am gesamten Wärmeverteilsystem im Gebäude. Die Wärmepumpe arbeite mit niedrigeren Vorlauftemperaturen und benötige deshalb größere Heizflächen. Eine Pellet- oder Holzheizung sei aufwendiger im Betrieb beziehungsweise erfordere einen hohen Platzbedarf.

Ohne unterschriebene Verträge kein Ausbau mehr

Zur derzeitigen Strategie der Backnanger Stadtwerke führt Steffen aus: „Wir haben unsere Strategie dahingehend angepasst, dass wir nur noch Erweiterungen des Gasnetzes vornehmen, wenn unterschriebene Aufträge für einen Gasanschluss von Kunden vorliegen. Sanierungen beziehungsweise Erneuerungen von alten und erneuerungsbedürftigen Gasleitungen führen wir natürlich auch weiterhin durch. Diese werden aus Synergiegründen möglichst im Rahmen von anderen erforderlichen Tiefbauarbeiten eingeplant, um Kosten zu sparen und die Belastungen für die Bürger so gering wie möglich zu halten.“

Bei Straßen- und Leitungssanierungen in bestehenden Wohngebieten, in denen noch kein Gas liegt, hätten die Stadtwerke in der Vergangenheit die Gelegenheit genutzt, das Gasnetz zu erweitern und in diesem Zug neue Gasanschlüsse zu realisieren. Auch in diesem Fall gilt: Heute verlegen die Stadtwerke nur noch Gasleitungen, wenn konkrete Aufträge von Kunden für einen Gasanschluss vorliegen.

Die Anzahl der neu gebauten Gasnetzanschlüsse ist im Netzgebiet der Stadtwerke Backnang nach den Worten Steffens von 120 im Jahr 2020 auf 89 im Jahr 2021 zurückgegangen. 2022 waren es noch 59 neue Gasnetzanschlüsse. „Für 2023 ist die Prognose schwierig, wir rechnen jedoch mit einem weiteren deutlichen Rückgang der neuen Gasnetzanschlüsse.“

Baubeginn verschob sich in den Herbst

Bezüglich der Gasnetzerweiterung in Allmersbach im Tal im Jahr 2022 lässt der Stadtwerkegeschäftsführer wissen: „Im bestehenden Wohngebiet aus den 1970er-Jahren wurde seit 2020 in enger Abstimmung mit der Bürgerschaft und der Gemeinde Allmersbach im Tal geplant. Der erste Bauabschnitt wurde im Frühjahr 2021 fertiggestellt. Der zweite Bauabschnitt wurde im Herbst 2021 ausgeschrieben und zum Jahresbeginn 2022, noch deutlich vor der Invasion Russlands in der Ukraine, vergeben. Der Baubeginn war direkt im Anschluss an die Vergabe geplant, verschob sich jedoch in den Herbst. Rechtlich sind wir losgelöst von geopolitischen Entwicklungen an diese Vergabe ebenso gebunden wie an die von Kunden eingegangenen Anträge zur Herstellung von Gasnetzanschlüssen an die neu zu bauende Gasleitung.“

Dass Gas und vor allem die bestehende Gasinfrastruktur in Form der bestehenden Gasnetze heute und auch zukünftig eine wichtige Rolle in der Energieversorgung spielen, davon ist man bei den Stadtwerken Backnang überzeugt. Erdgas werde hierbei nach und nach durch klimaneutrale Gase wie Biogas und Wasserstoff ersetzt, so Steffen. „Unsere Netze werden auch zukünftig benötigt. Wir setzen alles daran, unsere Netze dort, wo es notwendig ist, für den Betrieb mit Wasserstoff zu ertüchtigen.“

Zum Stand des drei Mehrfamilienhäuser umfassenden Bauprojekts Im Reutle in Allmersbach im Tal sagt Aspa-Geschäftsführer Andreas Benignus auf Anfrage unserer Zeitung: „Wir haben das Baugesuch beim Baurechtsamt der Stadt Backnang eingereicht. Wir erwarten die Baugenehmigung. Davon gehen wir fest aus.“ Benignus geht auch auf das Blockheizkraftwerk ein, das Wärme und Strom erzeugt und mit Gas betrieben wird. „Das ist derzeit das Konzept, das uns vorschwebt. Stand heute verfolgen wir das auch weiter.“ Zum Thema Gas meint Andreas Benignus: „Wir werden über kurz oder lang von den fossilen Brennstoffen wegkommen müssen. Aber über kurz oder lang heißt halt nicht, dass es uns innerhalb kürzester Zeit gelingt.“ Der Aspa-Geschäftsführer spricht diesbezüglich von einer Übergangstechnologie. Den Klimaschutz findet er „exorbitant wichtig“. Und er sagt: „Die Wirtschaftlichkeit zusammen mit der ökologischen Seite muss man in Einklang bringen. Das ist die Aufgabe.“