Gefängnisstrafe für falsche Verdächtigung

Altenpflegehelferin bezichtigt Ex-Liebhaber der Vergewaltigung und ist wegen Diebstahl und Fahrens ohne Führerschein angeklagt

Gefängnisstrafe für falsche Verdächtigung

Von Hans-Christoph Werner

BACKNANG. Vor dem Amtsgericht Backnang muss sich eine 49-jährige Altenpflegehelferin wegen Diebstahl, falscher Verdächtigung und Fahrens ohne Führerschein verantworten. Die über fünfstündige Verhandlung endet mit einer Verurteilung zu 14 Monaten Gefängnis.

Eigentlich ist sie auf der Suche nach einer Unterstellmöglichkeit für ihre beiden Pferde. So spricht die Angeklagte zusammen mit einem Bekannten in einem einsam gelegenen Hof im Murrhardter Wald vor. Die Hofleute sind höflich und bitten die Fragenden herein, bieten auch etwas zu trinken an. Man erörtert dies und jenes. Der Begleiter der Pflegehelferin ist handwerklich geschickt. Er erklärt sich bereit, ein defektes Auto zu reparieren. Als das Paar wieder gegangen ist, entdecken die Hofleute, dass in einer Geldbörse 80 Euro fehlen. Der Geldbeutel lag auf dem Tisch, um den man saß. Zuvor soll auch das Handy der Hausfrau verschwunden gewesen und dann wieder aufgetaucht sein. Die Hofleute haben die Pflegehelferin im Verdacht. Aber die Zeugen zu diesem Vorfall machen unterschiedliche Angaben. So wird die Sache schließlich per Beschluss eingestellt.

Schwerer wiegt ein anderer Punkt. Mit einem 48-jährigen Haustechniker hat sie eine kurze Affäre. Angeblich hat er ihr den Arm umgedreht. Die Angeklagte gibt die Sache gegenüber einem Polizisten an. Und rückt dann mit dem Vorwurf heraus, dass der Haustechniker sie am Vortag in einem Treppenhaus zu vergewaltigen versucht habe. Nur ihr Hund, der dazukam, ließ es nicht dazu kommen.

Der Polizeibeamte kennt die Pflegehelferin von anderen Angelegenheiten. Und ist überrascht über diese Mitteilung so nebenbei. Auch die Tränen, die die Gepeinigte vergießt, scheinen ihm nicht echt. Ferner kann der Polizist noch WhatsApp-Nachrichten einsehen, die die Betroffene später an den Haustechniker schickte. Keine Spur von irgendwelchem Entsetzen über die Tat. Im Gegenteil.

Wiederum ein anderes Mal hat die Angeklagte ihre Hunde ausgeführt. In unmittelbarer Nähe zu ihrer Wohnung ist ein Pferdehof. Dort sind auch Hunde. Die Angeklagte schildert nun die Sache so, dass die Hunde aus dem Pferdehof sie angefallen hätten. Dadurch sei sie zu Fall gekommen und habe sich Schürfwunden und eine Gehirnerschütterung zugezogen. Ein Zeuge zu diesem Vorkommnis weiß allerdings davon, dass die eigenen Hunde die Pflegehelferin davongezogen hätten, sodass sie gegen eine Hauswand prallte. Und in dem ärztlichen Attest, das die Angeklagte dem Gericht einreichte, steht nur etwas von Schürfwunden. Auch in diesem Fall hatte die Angeklagte die Besitzer des Pferdehofes wegen Körperverletzung angezeigt.

Schließlich sei sie insgesamt 14 Mal bei Autofahrten beobachtet worden, obwohl sie doch keinen Führerschein besitzt. Die Nachbarn riefen immer dann, wenn sie die Pflegehelferin fahrend sahen, die Polizei an. Die Fahrten ohne Führerschein seien zu dünn ermittelt, stellt der Richter fest. Die Angeklagte sei in dieser Sache freizusprechen.

Der Staatsanwalt sieht in seinem Plädoyer die Anklageschrift bestätigt. Er fordert 18 Monate Gefängnis. Zur Frage der Bewährung sagt er nur: „da fällt mir nichts ein.“ Der Verteidiger der Angeklagten hat Zweifel an den Zeugenaussagen. Die gegen seine Mandantin erhobenen Vorwürfe reichten nicht für eine Verurteilung. Das Verfahren sei einzustellen. Sähe es das Gericht aber anders, so möchte er unbedingt auf eine Bewährungsstrafe plädieren.

Die Angeklagte selbst, zum letzten Wort gefordert, bedauert, dass sie auch zuvor schon fälschlicherweise verurteilt worden sei. Eben darauf nimmt der Richter in seinem Urteilspruch Bezug. Bereits zweimal hatte die Angeklagte gegen Männer, mit denen sie in Beziehung stand, nach Ende derselben Vergewaltigungen angezeigt. Sie stellten sich später als unrichtig heraus.

Ferner stand die Angeklagte wegen vorausgegangener Verurteilungen unter Bewährung. Schon allein Letzteres verbiete, erneut Bewährung zu gewähren. Auch vermisse er bei der Pflegehelferin, so der Richter, irgendeine Delikteinsicht. Weder die Sorge um die jüngste Tochter, die noch bei ihr lebe, noch der feste Arbeitsplatz, noch die Bewährungszeit habe sie von neuen Straftaten abgehalten.