Geflügelpest: Amtsärztin kontrolliert Geflügelhaltungen

Derzeit besteht eine hohe Ansteckungsgefahr durch Wildvögel mit der Geflügelpest. Mitarbeiter des Veterinäramtes besuchen deshalb kleine Geflügelhaltungen im Landkreis, um dort zu sensibilisieren und gemeinsam mit den Tierhaltern die Vorbeugemaßnahmen zu optimieren.

Geflügelpest: Amtsärztin kontrolliert Geflügelhaltungen

Erik Pfizenmaier (von links) zeigt Veterinärhygienekontrolleurin Julia Schilling und Amtstierärztin Eva-Maria Löken den Auslauf. Foto: Alexander Becher

Von Florian Muhl

Backnang. Äußerste Vorsicht ist angesagt, Hygienevorschriften sind einzuhalten. Deswegen heißt es: rein in die durchsichtigen Schuhüberzieher. Und auch der blaue Ganzkörperschutzanzug, in dem man am gestrigen Aschermittwoch aussieht wie ein stehen gelassenes Marsmännchen vom Faschingsdienstag, ist Pflicht. Ausgestattet mit dieser Schutzmontur geht’s nun in Richtung Federvieh. „Wir sind heute da, um die Geflügelhaltung zu überprüfen“, erklärt Eva-Maria Löken. Die Amtstierärztin vom Veterinäramt des Rems-Murr-Kreises ist mit der Veterinärhygienekontrolleurin Julia Schilling nach Backnang-Strümpfelbach gekommen. Dort haben die Nebenerwerbslandwirte Stefan und Angela Pfizenmaier auch etliche Hühner.

Nachdem mehr als zwei Dutzend bestätigte Fälle von Vogelgrippe im Land aufgetreten sind, sorgen sich Geflügelhalter zunehmend, dass die Vogelgrippe auf weitere Regionen und Bestände in Baden-Württemberg übergreift (siehe Infotext). Aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr durch Wildvögel mit der Vogelgrippe oder landläufig auch Geflügelpest hat das baden-württembergische Landwirtschaftsministerium Mitte Januar eine Allgemeinverfügung für die Biosicherheit in kleinen Geflügelhaltungen unter 1000 Tieren erlassen. „Unsere Prämisse ist vor allem, stichprobenartig zu kontrollieren, aber auch zu beraten und zu sehen, was ist wirklich für den Betrieb machbar und wie kann man’s einfach umsetzen, kostengünstig, aber so, dass auch die Biosicherheit gewährleistet ist“, erklärt die Amtstierärztin.

Erik Pfizenmaier hat 46 Hennen und zwei Hähne von seinem Opa geerbt

Jetzt geht es mit Erik Pfizenmaier zum Stall. Der 15-Jährige hat die Hühner von seinem Opa Gerhard Pfizenmaier geerbt, der im vergangenen Jahr verstorben ist. „Es sind genau 48, davon zwei Hähne“, sagt der älteste Sohn der Hofbesitzer. „Er hängt sich da voll rein, das ist allein sein Geschäft und es macht ihm großen Spaß“, sagt seine Mutter Angela nebenbei. Nachdem sich Eva-Maria Löken und Julia Schilling davon überzeugt haben, dass es Möglichkeiten gibt, sich die Hände zu waschen und zu desinfizieren, schauen sich die beiden zunächst den Auslauf näher an. „Ich sehe, Sie haben hier schon relativ viel zu gemacht, aber es gibt immer noch Lücken da oben und zum Teil auch an den Seiten“, sagt Löken und deutet auf die betreffenden Stellen hin.

„Wir sind aktuell noch dabei, hier den Auslauf vogeldicht zu machen, dass eben keine Wildvögel mehr hineinkommen können. Sie sehen, das Baumaterial ist auch schon vorhanden.“ Die Veterinärhygienekontrolleurin blickt zufrieden auf den Drahtzaun und meint: „Dann können Sie auch die Tiere hier im Stall halten, falls die Stallpflicht kommen würde.“ Schilling fügt hinzu: „Wichtig ist halt, dass Sie eine Maschenweite von maximal 25 Millimetern einhalten, damit da auch keine Spatzen hineinkommen.“ Und der Auslauf muss auch von oben geschützt sein. Aber der Stall für sich allein erfüllt bereits die gewünschten Voraussetzungen. Bevor die beiden Kontrolleurinnen den Auslauf betreten, erkundigen sie sich beim Hühnerhalter, ob die Tiere aufgeregt sind. „Nein“, meint der, „die sind Menschen gewöhnt, aber sehr neugierig.“ In der Tat scheint sie der Rummel, der wegen ihnen veranstaltet wird, wenig zu stören. Sie gackern vor sich hin und spazieren zwischen den Beinen der Besucherinnen umher. Doch der Futternapf, der im Auslauf steht, sollte in den Stall wandern, meint Schilling, „damit durch das Futter keine Vögel angelockt werden“.

„Wenn drei Tiere innerhalb von 24 Stunden versterben, dem Veterinäramt Bescheid sagen“

Auch im Stall ist alles in Ordnung. Die Frage nach Auffälligkeiten bei den Hühnern verneint der Nachwuchslandwirt, der derzeit die Max-Eyth-Realschule besucht, danach aufs TG wechseln will und bereits den Traktorführerschein in der Tasche hat. Entweder will er mal Mechatroniker werden oder später auch den Hof übernehmen. Oder beides. Zu den Kontrolleurinnen sagt er: „Sie sehen ja, die Tiere sind wohlauf, denen geht’s gut.“ – „Falls Sie da was bemerken sollten, dass die ein bisschen apathisch werden, unaufmerksam, sich aufplustern, wenn die Kämme arg rot und blau gefärbt werden, müssen Sie das beobachten“, erklärt Löken. „Wenn drei Tiere oder mehr innerhalb von 24 Stunden versterben, auf jeden Fall dem Veterinäramt Bescheid sagen.“ Sollte man niemanden im Amt erreichen, könne man sich auch an die Polizei wenden, die die Infos weitergibt.

Noch steht zwischen Rems und Murr die Ampel auf Grün. „Bei uns im Landkreis haben wir noch keine Aufteilungspflicht, in Umkreisen schon – Ludwigsburg, Stuttgart, Böblingen, die haben alle schon positive Wildvögelfunde, bei uns noch nicht“, sagt Löken. „Wir müssen aber direkt im Anschluss nach Korb fahren und Wildvögel beproben. Da hat eine Frau angerufen, die zwei tote Vögel gefunden hat. Wir schicken heute noch Proben ins Labor. Es kann also sein, dass wir auch ab morgen positiv sind“, meint die Amtstierärztin. „Dann müssen wir überlegen, ob wir im gesamten Landkreis eine Aufstallungspflicht verfügen oder nur für bestimmte Orte, wo sich bestimmte Wasservögel im Umkreis aufhalten“, so Löken. „Das ist Ermessensspielraum nach Risikobewertung von der Behörde.“

Daten und Fakten rund um die Geflügelpest

Hühnerhaltung Im Rems-Murr-Kreis sind insgesamt 1681 Geflügelhalter registriert, davon 1576 Hühnerhalter. Davon wiederum haben 1464 weniger als 50 Tiere. „Die Hobbyhaltung ist der Großteil bei uns im Landkreis“, sagt Amtsärztin Eva-Maria Löken. Nur 19 Betriebe im Kreis haben mehr als 1000 Hühner.

Sicherheitsmaßnahmen Wer Hühner oder anderes Geflügel hält, sollte folgende Sicherheitsmaßnahmen befolgen: „Eine Extrakleidung, beispielsweise eine Jacke und eine Jeans sowie auch Schuhe nur für den Stall“, sagt Löken. Zudem sollte Füttern und Tränken nur im Stall erfolgen und darf kein Oberflächenwasser geben. Schadnager müssen bekämpft werden.

Symptome Was sind typische Anzeichen dafür, dass ein Huhn erkrankt ist? Ödeme (Beulen) am Kopf, Kamm und Beine färben sich bläulich, der Kot ist grün wässerig. Die Hühner wirken apathisch und unaufmerksam, die Legeleistung nimmt ab, die Eier sind häufig deformiert, die Futter- und Wasseraufnahme sinkt.

Schutzmaßnahmen „Ganz wichtig, wenn man Symptome im Stall sieht: Die Tiere nicht anfassen oder danach gründlich Hände waschen und desinfizieren und möglichst FFP2- oder FFP3-Masken tragen“, so Löken. Auch wenn die Tiere dann getötet werden, ist der entsprechende Schutz ganz wichtig.

Kontrollen Kleinere Haltungen werden stichprobenartig kontrolliert. Bislang haben 16 Hobbyhalter Besuch vom Veterinäramt bekommen, in der Regel unangemeldet. Insgesamt soll es 20 bis 40 Kontrollen geben. Es werden natürlich auch Haltungen von Gänsen und Puten sowie Tauben und Wachteln und auch von Fasanen und Rebhühnern, Enten und Straußen untersucht, auch bei Vereinen.

Ausbruch Zuletzt ist die Geflügelpest 2021 im Kreis ausgebrochen. In einem Betrieb in Oberbrüden mussten alle Tiere getötet werden (wir berichteten).

Übertragbarkeit Auch Menschen können sich anstecken. 3000 Fälle sind laut Löken seit 2003 bekannt, die meisten im asiatisch-pazifischen Raum. 1400 Menschen seien gestorben. In Deutschland ist noch kein Fall bekannt.

Infos Weitere Informationen erhält man beim Tierseucheninformationssystem tsis.fli.de oder auf der Webseite des Friedrich-Loeffler-Instituts www.fli.de.