Gegen Viren ohne Frieren

Im Kampf gegen das Coronavirus raten Experten, Räume häufig zu lüften. Im Winter kann das allerdings ungemütlich werden. Die Kirchberger Firma Kroll Energy bietet ein Luftreinigungsgerät als technische Alternative an.

Gegen Viren ohne Frieren

Kroll-Geschäftsführer Alexander Ramm zeigt den neuen H-14-Filter, in dem 99,995 Prozent aller Schwebstoffe hängen bleiben sollen, darunter auch die berüchtigten Aerosole. Foto: J. Fiedler

Von Kornelius Fritz

KIRCHBERG AN DER MURR. Seinen letzten Restaurantbesuch hat Alexander Ramm in schlechter Erinnerung. Der Kellner hatte ihm einen Platz in der Nähe der Tür zugewiesen, die zum Schutz vor Corona die ganze Zeit offen stand. „Das war nicht gerade angenehm“, erzählt der Geschäftsführer der Firma Kroll Energy in Kirchberg an der Murr. So wie ihm geht es zurzeit vielen Leuten: Um die berüchtigten Aerosole aus den Räumen zu bekommen, die mit Coronaviren belastet sein können, stehen vielerorts Fenster und Türen offen. In den Sommermonaten war das kein Problem, doch mit sinkenden Temperaturen wird es immer ungemütlicher – und der Winter kommt erst noch. Bei Kroll gingen deshalb zuletzt etliche Anfragen ein, ob es nicht auch eine technische Lösung für das Problem gebe. Schließlich gehören Luftreinigungsgeräte schon seit Jahren zum Portfolio der Firma mit rund 120 Mitarbeitern.

Bisher erfüllten die aber einen anderen Zweck: „Die Geräte werden vor allem auf Baustellen eingesetzt, um Staub aus der Luft zu filtern“, erklärt Ramm. Bei staubigen Arbeiten, etwa wenn bei einer Badsanierung die Fliesen von der Wand geschlagen werden, sei ein Luftreiniger zum Schutz der Arbeiter sogar von der Berufsgenossenschaft vorgeschrieben. Aber warum soll so ein Gerät nicht auch vor Coronaviren schützen? Schließlich sind die Filter laut Ramm so fein, dass auch Aerosole darin hängen bleiben.

Backnanger Fachgeschäft als Vertriebspartner im Boot.

Bis zu 3000 Kubikmeter Luft können Krolls Luftreiniger in der Stunde filtern. Bei einem Raum mit 40 Quadratmetern würde die Luft also 30-mal pro Stunde gereinigt. „Das ist effizienter und zielgerichteter als lüften“, sagt der Geschäftsführer. Auch beim Energieverbrauch sieht er sein Gerät im Vorteil: Bei voller Leistung verbrauche der Luftreiniger 480 Watt; wenn man in einem beheizten Raum alle 20 Minuten die Fenster aufreiße, gehe mehr Energie verloren. Ein paar Änderungen waren allerdings noch nötig, um das Gerät von der Baustelle im Kampf gegen Viren einzusetzen. So hat man bei Kroll einen leistungsfähigeren Filter eingebaut, der nun 99,995 Prozent aller Schwebstoffe herausfiltert, zuvor waren es „nur“ 99,95 Prozent. Außerdem lässt sich der Ventilator, der die Luft ansaugt, nun stufenlos regeln. Das hat den Vorteil, dass das Gerät mit niedriger Drehzahl auch in Büros oder Klassenzimmern laufen kann, ohne dass Arbeit oder Unterricht durch laute Geräusche gestört werden.

Unter dem Namen Clairmobil ist das fahrbare Reinigungsgerät seit Kurzem auf dem Markt. Weil damit eine andere Zielgruppe angesprochen wird als die bisherigen Kroll-Kunden, hat sich das Kirchberger Unternehmen als Vertriebspartner die Firma Lochmann Berufskleidung aus Backnang ins Boot geholt. „Arbeitsschutz gehört zu unseren Themen, deshalb passt das bei uns gut dazu“, sagt Geschäftsführer Michél Lochmann. Und obwohl die Vermarktung gerade erst beginnt, gebe es schon reichlich Anfragen, unter anderem von Schulen, Arztpraxen und Banken. Eine Kommune habe ein Angebot für 400 Geräte angefordert.

Wissenschaftlicher Beleg für Wirksamkeit fehlt noch.

Obwohl der Luftreiniger mit einem Anschaffungspreis von rund 3500 Euro kein Schnäppchen ist, glauben Alexander Ramm und Michél Lochmann, dass sie in nächster Zeit viele Clairmobil-Geräte verkaufen werden. Lochmann rechnet mit bis zu 400 Stück im Monat. Vor Corona hat Kroll von den Luftreinigern nicht einmal 100 im Jahr produziert, doch eine Ausweitung der Produktion sei auch kurzfristig kein Problem, erklärt Firmenchef Ramm: „Wir haben uns vorbereitet, um auf die steigende Nachfrage reagieren zu können.“

Wie wirkungsvoll die Luftreiniger vor einer Coronaansteckung schützen, können die Entwickler allerdings nicht mit Gewissheit sagen, weil wissenschaftliche Studien dazu bislang fehlen. Mit Versprechungen halten sich Ramm und Lochmann deshalb auch zurück: „Das Gerät hilft auf jeden Fall, aber es bietet sicher keinen 100-prozentigen Schutz“, sagt Michél Lochmann und fügt hinzu: „Aber den gibt es sowieso nie.“ Alexander Ramm spricht von einer „unterstützenden Maßnahme im Hygienekonzept“. Sie sei aber kein Ersatz für andere Schutzmaßnahmen wie Abstand zu halten oder eine Maske zu tragen.