Geldstrafe wegen Nacktvideos von Mädchen

38-Jähriger filmt nicht nur seine minderjährigen Schwestern auf dem WC, sondern auch eine Vier- und eine Sechsjährige in einem fremden Garten.

Geldstrafe wegen Nacktvideos von Mädchen

Angeklagetr macht vor dem Backnanger Amtsgericht unglaubwürdige Angaben. Symbolfoto: Fotogestoeber/Stock-Adobe

Von Florian Muhl

Backnang. Der Vorwurf der Staatsanwältin lässt nur erahnen, welche Taten dem Angeklagten vorgeworfen werden. „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen und Herstellen von Bildaufnahmen mit pornografischem Inhalt.“ Der heute 38-Jährige räumt die ihm vorgeworfenen Taten, die sich in den Jahren 2020 und 2021 ereignet haben, vor dem Backnanger Amtsgericht letztlich ein. Jugendrichter Florian Bollacher erklärt bei der Urteilsverkündung, dass auch eine Haftstrafe infrage gekommen wäre. Doch wegen der schweren Erkrankung des Angeklagten gibt es eine reine Geldstrafe. Weil der 38-Jährige die vergangenen Jahre von HartzIV gelebt hat und aktuell Bürgergeld bezieht, fällt die Strafe relativ mild aus. 150 Tagessätze á zehn Euro, macht zusammen 1500 Euro.

Einer resoluten Großmutter aus einer Umlandgemeinde ist es am Ende zu verdanken, dass alle Taten auffliegen und der Mann, der mittlerweile in einem Pflegeheim außerhalb des Rems-Murr-Kreises lebt, zur Tatzeit aber noch mobiler war, geschnappt wird. Die Seniorin hatte vor knapp zwei Jahren ihre beiden damals vier und sechs Jahre alten Enkelinnen zu Besuch. „Es war ein sehr heißer Tag“, erinnert sich die 73-Jährige im Zeugenstand. Von einem öffentlichen Spielplatz geht’s deshalb in den heimischen Garten. Dieser liegt in einem ruhigen Wohngebiet in einer Sackgasse und ist wegen der Höhenunterschiede kaum einsehbar. Für die kleinen Mädchen stellt der Großvater eine alte Badewanne in den Garten und holt warmes Wasser. Während die Oma Kaffee kocht, haben sich die Geschwister bereits ihrer Kleidung entledigt, planschen quietschvergnügt in der Wanne und rennen vergnügt durch den Garten.

Als die Großmutter mit Kaffee und Kuchen auf die Terrasse kommt, stehen die beiden Mädchen am Gartenzaun. „Ich habe gesehen, dass die beiden mit jemandem sprechen, aber nicht mit wem.“ Mehr als misstrauisch läuft sie hin und entdeckt auf der anderen Seite der Hecke einen fremden Mann, der sein Handy hochhält. „Ich hab einen Schock gekriegt“, sagt sie. Auch der Mann habe sich erschrocken und habe sofort die Flucht ergriffen.

An der wilden Verfolgungsjagd sind auch Radfahrer mit eingebunden

Den Mann, der von ihren Enkelinnen Nacktfotos macht, will die Seniorin nicht einfach laufen lassen. Eine wilde Verfolgungsjagd beginnt. Die Großmutter spurtet aus dem Garten und dem Mann hinterher, sieht einen Nachbarn, schreit: „Halten Sie den Mann.“ Doch der ist schon vorbei. Eine Frau mit Hund nimmt die Verfolgung auf. „Die hat aber nur fünf Meter geschafft“, erinnert sich die Rentnerin, die langsam außer Puste ist.,

Wie gerufen trifft sie auf ein Ehepaar auf Rädern. Während der Mann die Verfolgung aufnimmt, ruft die Frau die Polizei. Mittlerweile geht’s über Felder. Als die Oma im Nachbarort ankommt, stehen da schon zwei Polizeistreifen und mehrere Leute. Der Täter ist gefasst. Doch vom Handy keine Spur. Das finden die Polizeibeamten zusammen mit der Großmutter, als sie den Weg zurücklaufen. Der Täter hatte das Smartphone in ein Gebüsch geworfen.

Das Apple-iPhone wird schließlich von der Kriminalpolizei in Waiblingen ausgewertet. Was auf den gesicherten Daten zu sehen ist, listet ein Kripobeamter vor Gericht auf. Einerseits sind da vier Videos, zwischen 40 Sekunden und zweieinhalb Minuten lang, von den beiden nackten Mädchen, teilweise gezielt auf die untere Körperhälfte gerichtet. Aber da sind noch fünf weitere Videos, die im Dezember 2020 entstanden sind, eines eine Stunde lang. Darauf zu sehen sind die beiden 17 und 9 Jahre alten Schwestern des Angeklagten sowie sein 9 Jahre alter Neffe, jeweils beim Toilettengang. Die 17-Jährige ist auch nackt beim Duschen zu sehen. Der Angeklagte hatte nämlich sein Handy auch im Bad der gemeinsamen Wohnung versteckt.

Angeklagter versteckt Handy im Badezimmer unter Handtüchern

Zu Beginn der Verhandlung sagt der 38-Jährige, dass er die Absicht hatte, nur sich selbst zu filmen. In der Annahme, dass seine Schwestern nicht im Haus seien, habe er die Aufnahmen wegen seiner Krankheit für die Uniklinik erstellen wollen. Diese These widerlegt der Kripobeamte. Bei den Aufnahmen sei der Angeklagte zu erkennen, wie er das Handy im Bad positioniert und mit Handtüchern verdeckt, die Aufnahme laufen lässt und dann den Raum verlässt. Etliche Minuten später sei dann das Licht im Bad wieder angegangen und eine Mädchen auf dem WC sei zu sehen.

„Wie haben die Schwestern reagiert?“, will der Richter vom Kripobeamten wissen, der die Geschädigten vernommen hatte. „Die waren sehr erschrocken und sehr bestürzt“, schildert der Kriminaloberkommissar. Die Schwestern hätten Strafantrag gestellt und die ältere hätte den Wunsch geäußert, auszuziehen, weil sie nicht mehr mit ihm unter einem Dach wohnen wollte. „Das war ein sehr starker Vertrauensbruch.“

In seinem letzten Wort entschuldigt sich der Angeklagte, es tue im sehr leid, was passiert sei, er habe daraus gelernt und werde so etwas nie wieder machen. Zu seinen Schwestern haben er mittlerweile wieder ein besseres Verhältnis. Er sei sich bewusst, dass Strafe wehtun müsse, bitte aber darum, ihn so gering wie möglich zu bestrafen.

Richter und Staatsanwältin sagen, dass vorsätzlich gehandelt wurde

„Komplett unglaubwürdig“ wertet die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer die Aussage des Angeklagten, er habe die Aufnahmen unbewusst gemacht. Für den 38-Jährigen spreche, dass die letzte Tat schon fast zwei Jahre zurückliege und seither nichts vorgefallen sei und es keine Voreinträge gebe. Allerdings seien mehrere Personen an verschiedenen Orten Opfer geworden und bei kleinen Kindern könnte so ein Vorfall zu Traumata führen. Die Staatsanwältin fordert letztlich eine Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen á zehn Euro.

Diese Forderung nimmt der Vorsitzende Richter auf und verweist in seiner Urteilsbegründung auf die Ausführungen seiner Vorrednerin. Der Richter schließt die Verhandlung mit den Worten, die er an den Verurteilten richtet: „Ich erwarte von Ihnen, dass wir uns hier nicht wiedersehen.“