Gemeinsam trainiert es sich besser

Seit August wird in Backnang Crossfit angeboten – Das hochintensive Gruppentraining erfreut sich großer Beliebtheit

Der Schweiß fließt, die Muskeln brennen – beim Crossfit durchlaufen die Teilnehmer diverse Übungen mit hoher Intensität. Das Prinzip ist einfach, ausgefallene Geräte sind dafür nicht nötig. Warum das Konzept trotzdem aufgeht, macht ein Besuch im Kurs schnell klar: Hier steht das Gemeinschaftsgefühl im Mittelpunkt.

Gemeinsam trainiert es sich besser

Zu den Crossfit-Übungen gehören beispielsweise Sprünge auf Holzkisten – ein einfaches Konzept, das durch die vielen Wiederholungen anspruchsvoll wird. Fotos: A. Becher

Von Lorena Greppo

BACKNANG. Einen Trainingsraum stellen sich die meisten wahrscheinlich anders vor als diese große Lagerhalle mit der hohen Decke und der geräumigen Freifläche. Eine Handvoll typischer Fitnessstudiogeräte gibt es, ansonsten nimmt ein Metallgerüst etwa ein Drittel des Raums ein. In regelmäßigen Abständen sind rundherum Holzkisten aufgestellt, zudem liegen große Bälle bereit. Damit ist schon alles bereit für den anstehenden Kurs, versichert Inhaber Adrian Zucker. Mit wenigen Hilfsmitteln wird in seinem Studio gleich mit hoher Intensität trainiert. Und tatsächlich, schon wenige Minuten nach Beginn des Kurses wird deutlich, wie anstrengend das Crossfit-Training ist. Die Gesichter der Teilnehmer röten sich, angestrengtes Schnaufen ist vernehmbar und manch einer hat Schweißperlen auf der Stirn.

Doch der Reihe nach, denn bevor es mit dem eigentlichen Training losgeht, werden erst einmal Pizzakartons verteilt. Wer sich aber auf einen Snack gefreut hat, wird enttäuscht, denn die Kartons sind leer und dienen den Kursteilnehmern vielmehr als Hilfsmittel für eine Aufwärmübung. Wem der Karton aus der Hand geschlagen wird, der muss drei Burpees machen – Liegestützen mit anschließendem Strecksprung. „Meine absolute Hassübung“, verrät Alexander Schopp. Seine Frau Bianca hingegen findet das Werfen der schweren Bälle schlimmer. Dennoch: Sie sagen es mit einem Lächeln. „Gerade an solchen Übungen merkt man den Erfolg besonders“, sagt Bianca Schopp. Schnell artet das Aufwärmprogramm in wildes Umhergerenne mit viel Gelächter aus. „Von außen betrachtet sieht unser Training wie absolutes Chaos aus“, sagt Adrian Zucker lachend. Ihm sei wichtig, dass die Teilnehmer ihren Spaß daran haben. Beim Crossfit gibt es – anders als bei vielen Sportkursen – keinen Trainer, der den Takt für die Übungen vorgibt. Jeder trainiert in seinem eigenen Tempo, mit dem Schwierigkeitsgrad, den er sich zutraut.

Nachdem sich die Teilnehmer warmgemacht haben, stellt Adrian Zucker das „Work-out of the day“ vor, das Trainingsprogramm. Dieses wird jedes Mal neu zusammengestellt, je nachdem, ob der Trainingsschwerpunkt auf Kraft, Herz-Kreislauf-Training oder Gymnastik gelegt wird. Die Trainer greifen dabei auf ein breites Repertoire an Übungen zurück, die teilweise recht simpel erscheinen, es aber in sich haben. An diesem Abend machen die Trainierenden etwa Sprünge auf eine Holzkiste, Sit-ups, Liegestützen oder werfen einen schweren Ball in die Luft. Jede Übung wird 50-mal wiederholt. Zucker nimmt sich Zeit dafür, die Übungen genaustens zu erklären, vorzumachen und auf mögliche Fehlerquellen hinzuweisen. Er zeigt auch Möglichkeiten auf, wie man eine Übung abwandeln kann, um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen oder zu verringern.

Die Übungen werden an das Leistungsvermögen angepasst

„Bei uns muss niemand sagen, dass er das nicht kann“, erklärt der Trainer. „Jede Übung kann man skalieren.“ So trainiere jeder mit der gleichen Intensität, gemäß seines Leistungsvermögens. Wer nicht aus dem Stand auf die etwa 50 Zentimeter hohe Kiste springen kann, der steigt darauf. Dass er mit dem Angebot einen Nerv getroffen hat, merkt Adrian Zucker am Zulauf. Im August hat er die Box eröffnet, jetzt zählt er schon mehr als 140 Mitglieder. Crossfit sei besonders bei Frauen beliebt, sagt er mit Stolz, denn beim Trainingsprogramm gibt es keine Geschlechterunterschiede – alle machen das gleiche Training. Für körperlich eingeschränkte Menschen werden die Übungen angepasst. In der Backnanger Crossfit-Box trainieren Senioren bis ins Alter von 80 Jahren, erzählt der Inhaber, und auch für übergewichtige Teilnehmer sei das machbar. Adrian Zucker muss es wissen, er war früher selbst übergewichtig. „Bei mir war es ein ständiges Auf und Ab“, erklärt er. Sein Problem sei gewesen, dass ihn kein Sport richtig habe fesseln können. Beim Training habe so irgendwann immer der innere Schweinehund gesiegt. Beim Crossfit sei das schwieriger, da für gewöhnlich in der Gruppe trainiert wird – auch wenn das nicht auf Anhieb ersichtlich ist. Dadurch, dass jeder Teilnehmer in seinem eigenen Tempo die Übungen absolviert, springen manche noch auf ihre Boxen, während andere schon Klimmzüge machen. Da soll ein Gemeinschaftsgefühl entstehen? Ja, das geht.

„Es ist mehr als nur ein paar Leute, die zusammen Sport machen. Crossfit ist brutal emotional“, sagt Zucker. Besonders zeigt sich das, als sich das Training dem Ende nähert. Wer sein Work-out absolviert hat, feuert die anderen an. Diese Unterstützung, die familiäre Atmosphäre sei das Beste am Crossfit – da sind sich die Teilnehmer einig. Die meisten machen zwei oder drei Kurse pro Woche. Karina Feist schnappt sich sogar noch einmal das Hüpfseil und leistet Alexander Schopp in den letzten Zügen seines Trainings Gesellschaft. Sie bemerkt auch im Alltag die Vorzüge des Trainings, sagt sie. „Man hat mehr Ausdauer. Aber auch vom Gemüt her bin ich deutlich entspannter. Ich weiß schließlich, was ich leisten kann.“ Für Alexander Schopp ist das Training sogar ein Energieschub. „Wenn ich morgens um 6 Uhr schon trainiere, komme ich so fit zur Arbeit wie sonst nie. Da bin ich voller Adrenalin.“

Mehr Infos: https://www.ze3-cross.fit/

Gemeinsam trainiert es sich besser

Bevor das Training richtig losgeht, erklärt Trainer Adrian Zucker den Teilnehmern jede Übung genau, zeigt Variationen auf und beantwortet Fragen.