Georgines Mutter: Kannte Mordverdächtigen vom Sehen

dpa Berlin. Vor fast 13 Jahren verschwand ihre 14 Jahre alte Tochter spurlos. Nun sagte die Mutter gegen den mutmaßlichen Mörder von Georgine aus.

Georgines Mutter: Kannte Mordverdächtigen vom Sehen

Ein Justizbeamter geht in den Verhandlungssaal im Kriminalgericht Moabit. Dort muss sich Ali K. wegen des Mordes an der Schülerin Georgine verantworten. Foto: Paul Zinken

Die Mutter der verschwundenen Berliner Schülerin Georgine hat im Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder ihrer Tochter ausgesagt. Das Verschwinden von Georgine vor fast 13 Jahren sei ein Schicksalsschlag, der die ganze Familie verändert habe, so die 55-Jährige.

Sie selbst sei durch den Schock erkrankt und leide bis heute unter massiven psychischen Problemen. Auch ihr Sohn sei „seelisch kaputt“. Sie habe in all den Jahren kontinuierlich Kontakt zur Polizei gehalten und nie die Hoffnung aufgegeben, dass ihre Tochter noch am Leben sei.

Vor dem Berliner Landgericht muss sich ein 44-Jähriger verantworten. Ihm wird zur Last gelegt, im September 2006 das damals 14-jährige Mädchen in einen Keller seiner Moabiter Wohnung gelockt, vergewaltigt und erwürgt zu haben. Die Leiche wurde bis heute nicht gefunden.

Das rätselhafte Wegbleiben von Georgine war über Jahre einer der bekanntesten Vermisstenfälle in Deutschland. Erst 2017 waren Kriminalisten durch Funkzellenauswertungen und verdeckte Ermittlungen auf den angeklagten Deutschen mit türkischen Wurzeln gekommen. Ihm wird Mord zur Verdeckung einer anderen Straftat und schwere Vergewaltigung zur Last gelegt. Der seit Dezember 2018 inhaftierte Mann soll gegenüber einem verdeckten Ermittler Täterwissen offenbart haben. Im Prozess verweigerte er die Aussage.

Ihr letzter gemeinsamer Tag mit Georgine sei ein Sonntag gewesen, so die Mutter. „Sie war guter Stimmung.“ Damals war ihre Tochter ein Berliner Teenager von 14 Jahren. Ein Mädchen, das „mal fröhlich und mal bedrückt war“.

Die in schwarz gekleidete Mutter sieht kurz zu dem mutmaßlichen Mörder ihres Kindes auf der gegenüberliegenden Seite des Gerichtssaales. „Ich kannte ihn vom Sehen“, sagt sie. Die 55-Jährige wirkt angespannt und auch müde. Ihre Antworten fallen kurz aus. „Ich habe Georgine gesucht.“ Ob sie noch immer hoffe, dass ihre Tochter lebt? „Ja“, haucht die Mutter. Auch wenn es nichts Reales gebe, das die Hoffnung bestätige.

Was war Georgine für ein Mädchen? „Ganz normal, sie war mitten in der Pubertät“, erinnert sich die Mutter, die damals im Drei-Schicht-System arbeitete. „Natürlich gab es Reibereien zu Hause.“ Georgine habe Model oder Schauspielerin werden wollen. Eine Casting-Agentur habe sich gemeldet. „Darüber war sie glücklich.“ Ihr habe die Art, wie sich ihre Tochter kleidete, nicht immer gefallen. Das Mädchen sei aber nie ohne Absprache weggeblieben. „Sie war zuverlässig.“ Im Haushalt hätten zudem ihre jüngere Tochter und die Großmutter der Kinder gelebt.

Am 4. Dezember 2018 erfuhr die Familie vom mutmaßlichen Täter und dessen Verhaftung. Ein Polizeipsychologe war dabei, als die Nachricht überbracht wurde. „Dass sie tot ist ... es war ein Schock“, sagt die Mutter. Ihren Anwalt Roland Weber ließ sie im Vorfeld der Verhandlung mitteilen, sie hoffe auf Klarheit und werde die Beweisaufnahme beobachten. Der Prozess wird am 14. August fortgesetzt.