Laut Hamas-Kreisen soll Edan Alexander, der auch US-Bürger ist, am Abend freikommen. Die Terrororganisation hofft derweil auf eine Wiederaufnahme der Gespräche über ein Abkommen.
Angehörige und Unterstützer der Geiseln versammelten sich in Israel vor der Freilassung einer Geisel.
Von dpa
Tel Aviv/Gaza - Während viele in Israel und den USA der Freilassung einer israelisch-amerikanischen Geisel entgegenfiebern, wächst Berichten zufolge der Druck aus Washington auf Israel, Verhandlungen über einen Gaza-Deal wiederaufzunehmen. Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu kündigte am Nachmittag an, am Dienstag Unterhändler zu Verhandlungen nach Katar zu schicken.
Die Gespräche würden "unter Feuer stattfinden", sagte Netanjahu demnach. Israel plant offiziellen Angaben zufolge auch nach der erwarteten Freilassung Edan Alexanders eine Verschärfung der Angriffe im Gazastreifen.
Netanjahu sprach nach Angaben seines Büros bei einem Treffen mit dem US-Gesandten Steve Witkoff über Bemühungen, einen von Witkoff bereits in der Vergangenheit vorgelegten Plan zur Freilassung der Geiseln umzusetzen. Der Vorschlag sieht die Freilassung aller im Gazastreifen verbliebenen Entführten und Leichen von Geiseln in zwei Etappen mit einer längeren Waffenruhe dazwischen vor.
Der Plan bedeutet allerdings kein vollständiges Ende des Kriegs, das die Hamas für die Freilassung weiterer Geiseln in der Vergangenheit stets als Voraussetzung genannt hat. Israels rechtsreligiöse Regierung strebt dagegen die komplette Zerstörung der Hamas an und will, dass diese nicht weiter im Gazastreifen herrscht.
Die Hamas erhofft sich im Gegenzug für die laut Hamas-Kreisen für den Abend geplante Freilassung Alexanders eine Wiederaufnahme der Gespräche über ein Abkommen, das zu einem dauerhaften Waffenstillstand führen soll.
Geisel könnte nach Freilassung zu Trump nach Katar reisen
Alexander soll im Rahmen einer Vereinbarung der Hamas mit den USA ohne israelische Beteiligung freikommen. US-Präsident Donald Trump sprach von einer "monumentalen Neuigkeit" und Geste des Entgegenkommens gegenüber den USA und den anderen beiden Vermittlern Katar und Ägypten. Trump will diese Woche eine mehrtägige Nahost-Reise antreten – ohne Stopp in Israel, den traditionell wichtigsten Verbündeten der USA im Nahen Osten.
Nach seiner Freilassung könnte der US-Israeli zu einem Treffen mit Trump nach Katar reisen. Dies berichteten mehrere israelische Medien unter Berufung auf Alexanders Familie. Dies gilt aber offenbar nur, sofern sein Gesundheitszustand dies erlaubt.
Berichte über Spannungen zwischen Israel und USA
Berichten zufolge soll sich das Verhältnis zwischen Israel und den USA in den vergangenen Wochen auch wegen Uneinigkeiten über den Gaza-Krieg verschlechtert haben. Netanjahus Büro wies die Berichte jüngst zurück. Der US-Sender NBC meldete kürzlich unter Berufung auf US-Beamte, Trump dränge auf eine Waffenruhe, um seinen Plan zum Wiederaufbau des Gazastreifens umzusetzen. Trump hatte Anfang Februar gesagt, die USA wollten den Gazastreifen übernehmen, das weitgehend kriegszerstörte Gebiet wieder aufbauen und zu einer "Riviera des Nahen Ostens" machen.
Netanjahus Büro teilte mit, Alexanders Freilassung sei möglich geworden "durch die energische Politik, die wir mit Unterstützung von Präsident Trump angeführt haben, und dank des militärischen Drucks der israelischen Soldaten im Gazastreifen".
Geisel-Angehörige bitten Trump um Hilfe
Edan Alexander ist der erste männliche Soldat, der lebend aus der Geiselhaft der Hamas entlassen werden soll. Terroristen hatten ihn am 7. Oktober 2023 an einem israelischen Wachposten in der Nähe des Gazastreifens entführt. Alexander sei in der Geiselhaft unter grausamen Umständen festgehalten worden, meldeten israelische Medien unter Berufung auf Berichte zuvor freigelassener Geiseln.
Laut israelischen Medien versammelten sich auch Einwohner aus Alexanders Heimatort Tenafly in den USA, um seine Freilassung live zu verfolgen. Auch in Israels Küstenmetropole Tel Aviv kamen Menschen zusammen. Viele Familien und Unterstützer zogen dort am Nachmittag zur US-Botschaft. "Wir vertrauen auf Trump", war auf einem großen Plakat der Demonstranten zu lesen.
Viele Israelis sind überzeugt, dass nur der US-Präsident Druck auf Netanjahu ausüben kann, um einem weiteren Deal zuzustimmen. Angehörige anderer Geiseln ohne ausländische Staatsbürgerschaft äußerten Erbitterung darüber, dass ihre Liebsten nicht freikommen und warfen der Regierung Netanjahus Gleichgültigkeit vor.
Israelischen Angaben zufolge sind mit Alexander noch 21 lebende Geiseln in Gewalt von islamistischen Terroristen im Gazastreifen, bei drei weiteren Verschleppten sei der Status unklar. Zudem werden die Leichen von 35 aus Israel Entführten in dem Gebiet festgehalten.
Die Hamas und andere islamistische Terroristen töteten bei ihrem Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 rund 1.200 Menschen und verschleppten mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen. Das Massaker war Auslöser des Gaza-Kriegs. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bislang mehr als 52.800 Palästinenser getötet.
Die Hamas will die Freilassung der Geisel als Geste des guten Willens verstanden wissen. (Archivbild)
Edan Alexanders Eltern werden am Dienstag in Israel erwartet. (Archivbild)