Gerst wird Ehrendoktor, erzählt vom All und träumt vom Mond

dpa/lsw Karlsruhe. Einmal zum Weltraum und zurück: Alexander Gerst studierte in Karlsruhe Geophysik - hier ist er nun Ehrendoktor. Seine frühere Hochschule feiert ihn. Und „Astro-Alex“ gibt Einblicke von oben.

Gerst wird Ehrendoktor, erzählt vom All und träumt vom Mond

Der Astronaut Alexander Gerst erhält am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) die Ehrendoktorwürde. Foto: Uli Deck

Schmelzende Gletscher, verdorrte Felder oder Riesen-Taifune - aus dem Weltall lässt sich beobachten, wie zerbrechlich die Erde ist, weiß Astronaut Alexander Gerst (43). Er wünscht sich, dass jeder Mensch einmal in den Weltraum reisen und so einen Blick von außen auf die Erde werfen könnte. „Man macht sich anders Gedanken über das Alltagsleben, wenn man das mal von oben gesehen hat“, sagte Gerst am Freitag bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und demonstrierte dies mit Bildern seiner Missionen aus dem All.

Der gebürtige Künzelsauer war der erste deutsche Kommandant der Internationalen Raumstation ISS. Seit seiner Rückkehr im vergangenen Dezember ist er der Deutsche mit der längsten Weltraumpraxis: 166 Tage verbrachte er 2014 im All und 197 weitere im vergangenen Jahr. Der große und durchtrainierte Esa-Astronaut - genannt „Astro-Alex“ - ist eine Art Superstar der europäischen Raumfahrt. Wie wohl kein ISS-Mitglied zuvor ließ er die Welt an seinen Weltraum-Abenteuern über Social-Media-Botschaften und Fotos teilhaben.

Nah heran führte „Astro-Alex“ auch die rund 700 Zuhörer im Audimax des KIT: In einem launigen, von viel Beifall begleiteten Vortrag mit beeindruckenden Bildern aus Weltraum und Raumstation warb er im blauen Trainingsanzug der Astronauten auch um Nachwuchs bei den Studenten. „Astro-Alex“ Superstar? Ach was. Was er schaffte, können auch andere, betonte er immer wieder. Auch Frauen. Sie müssten sich nur trauen.

Gerst wollte schon als Kind Astronaut werden. 2009 machte die europäische Raumfahrtagentur Esa seinen Traum wahr und wählte ihn nach einer Reihe „sauschwerer“ Tests aus anfangs mehr als 8400 Bewerbern aus. Vier Jahre nach seinem Basis-Training flog er ins All.

Dass er am Ende wirklich Astronaut wurde, wundert seinen damaligen Diplom-Betreuer Friedemann Wenzel nicht: Sein früherer Student war schon immer neugierig auf alles „jenseits des unmittelbaren Horizonts“. So einer wäre vor 200 Jahren ein typischer Entdecker gewesen. „In moderner Form ist er das ja heute auch“, so Wenzel.

Der heutige Esa-Astronaut hatte 2003 sein Diplom in Geophysik an der Universität Karlsruhe gemacht, dem Vorläufer des KIT. Für KIT-Präsident Holger Hanselka ist er ein Vorbild für Studenten und Nachwuchswissenschaftler, aber auch für alle anderen, wenn es darum gehe, über Grenzen hinweg zu denken und Lösungen für drängende Zukunftsfragen zu entwickeln.

An seine Zeit in Karlsruhe denkt Gerst gerne zurück. Dort sei seine wissenschaftliche Karriere gestartet. Er habe in Karlsruhe viel gelernt, von dem er noch heute als Wissenschaftler und Astronaut profitiere. Seiner früheren Hochschule machte er am Freitag ein besonderes Geschenk: Er überreichte eine Flagge mit dem Emblem des KIT, die mit dem Astronauten im All war.

Der Ehrendoktor ist übrigens schon der zweite Doktortitel für „Astro-Alex“: Den ersten hat er sich in Geophysik erarbeitet. Neben einer Reihe von wissenschaftlichen Auszeichnungen hat er auch das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse bekommen, er ist Ehrenbürger seiner Heimatstadt Künzelsau (Hohenlohekreis), und sogar ein Asteroid - „Alexandergerst“ - wurde nach ihm benannt. Alles erreicht also? Nicht ganz: Zum Mond würde er schon auch gerne fliegen, verriet er.